Das Werk Niccolò Machiavellis dient heutigen Politikern als Blaupause für die skrupellose Unterwerfung der Welt. Exklusivauszug aus „Das 1x1 des Staatsterrors“.
Ein Standpunkt von Ullrich Mies.
Es geschieht vor unseren Augen, doch viele sehen es nicht. Die Demokratie ist weitestgehend abgeschafft, aber die meisten Menschen scheinen blind dafür zu sein: Hausdurchsuchungen, Kontensperrungen, Überwachungskameras überall, Zensur, politische Justiz. Das Ganze entstammt keinem dystopischen Film, sondern ist unsere Realität. Ullrich Mies taucht tief in die schleichenden Veränderungen ein, die in den westlichen Gesellschaften stattfinden. Viele glauben, der Faschismus sei eine Angelegenheit der Geschichte. Völlig klar ist jedoch, dass er nie wieder im alten Gewand auftreten würde. Tatsächlich ist er nicht verschwunden — er hat sich lediglich modernisiert und tritt als globales Projekt in die Welt, als transnationaler Stakeholder-Kapitalismus, Global Governance und biopolitischer Sicherheitsstaat. „Der Neue Faschismus, der keiner sein will“, bedient sich massiver Propaganda, moderner Technologien und raffinierter psychologischer Operationen. Die ökonomisch Mächtigen, die politische Kaste, korrupte Wissenschaftler und manipulative Medien ziehen alle am selben Strang. In diesem dritten Auszug aus Ullrich Mies' neuem Buch zeigt dieser, dass jene zynische Machtstrategie, die als „Machiavellismus“ bezeichnet wurde, zur üblichen Vorgehensweise heutiger Staatenlenker geworden ist.
Niccolò Machiavelli — Lehrmeister des Staatsterrors
„Die Macht ist ein Gift. Sie lähmt das Gute und tötet das Menschliche“
Wer sich mit Fragen des Staates und des Staatsterrors befasst, kommt an Niccolò Machiavelli (1469–1527) nicht vorbei. Der italienische Diplomat, Schriftsteller, Philosoph und Historiker wird häufig als Vater der modernen politischen Philosophie und der politischen Wissenschaft bezeichnet. Im Mittelpunkt seines schriftstellerischen Schaffens stand die Sicherung des Staates. Im Falle eines Staatsnotstandes wollte er den Herrscher von dem Zwang befreien, sich ethischen Normen zu unterwerfen und so gilt Machiavelli als Begründer der Staatsräson. Dieser Begriff stammt jedoch von dem Florentiner und Historiker Francesco Guicciardini (1483-1540). In seinem wohl bekanntesten Buch „Der Fürst“ aus dem Jahre 1513, veröffentlicht 1532, knüpft Machiavelli an die Erziehungsbücher für Monarchen an, die sogenannten Fürstenspiegel. Diese betrachteten
„… den Herrscher als Menschen mit moralischen Verpflichtungen gegenüber dem Staat und den Individuen. In den Fürstenspiegeln setzte sich der Gedanke durch, dass jeder Bürger als Person gewordene Republik Pflichten gegenüber dem Staat habe, dass aber auch das individuelle Glück, sofern es auf Tugend und Tüchtigkeit beruht, der Gemeinschaft und dem ganzen Staat zugute kommen sollte.“
Machiavelli stellte sich diesen Gedanken radikal entgegen. Das Funktionieren des Staates hatte für ihn absolute Priorität, das heißt Machterhalt und Machterweiterung sind für ihn die zentralen Merkmale eines funktionsfähigen Staates.
„Staatsräson ist also der Grundsatz, nach dem die Sicherung der Existenzbedingungen des Staates, seine Erhaltung und die Erweiterung seiner Macht die primäre Aufgabe der politischen Führung und der sie tragenden Kräfte sei.“
Daher seien „Lüge, Betrug, Intrige, Erpressung, Mord und Krieg […] legitime Mittel im Kampf um politische Macht“. Schaut man sich die Welt von heute an beziehungsweise wirft einen Blick zurück in die Jahrhunderte, so bedienten sich die Mächtigen stets dieser Prinzipien. Doch nicht nur sie, ebenso verhielten sich die Heere von Opportunisten, Bürokraten, Folterern, Totschlägern, Militärstrategen, Soldaten, Milizionären,