Ein Standpunkt von Paul Schreyer.
Bill Gates veröffentlicht ein neues Buch zur Pandemiebekämpfung – er fordert mehr zentrale Kontrolle. Die G7-Gesundheitsminister unterstützen entsprechende Vorschläge der US-Regierung und trainieren parallel in einer Übung die einheitliche Reaktion auf eine neuartige Pocken-Pandemie. Gleichzeitig werden real Ausbrüche von Affenpocken in vielen Ländern gemeldet, was dringenden Handlungsbedarf suggeriert. All dies geschieht im Mai 2022, kurz bevor beim Jahrestreffen der WHO eine Verschärfung der „Internationalen Gesundheitsvorschriften“ beraten wird, bei der es ebenfalls um mehr zentrale Kontrolle geht.
Bill Gates hat seine Vorstellungen zur Pandemiebekämpfung in einem Buch veröffentlicht, das Anfang Mai erschienen ist. Er fordert darin ein internationales, 3.000 Personen umfassendes schnelles Eingreifteam, das neue gefährliche Erreger aufspüren und dann die Reaktionen der Regierungen auf die erkannte Gefahr anleiten soll. Der Milliardär rechnet mit Kosten für das Team in Höhe von 1 Milliarde Dollar pro Jahr. Bezahlen sollen das die Regierungen, die ansonsten aber wenig zu sagen haben, da das Team, laut Gates, von der WHO koordiniert werden soll – also der Organisation, die von Gates selbst maßgeblich mitgelenkt wird. Seine Stiftung war zuletzt zweitgrößter Geldgeber.
Gates hat bereits einen Namen für dieses Team: GERM (Global Epidemic Response and Mobilization Team). Ein Wortspiel, das englische Wort „germ“ bedeutet Keim. Der Milliardär stellt es sich so vor:
„Die Krankheitsüberwachungsexperten des Teams würden nach möglichen Ausbrüchen suchen. Sobald sie einen entdecken, sollte GERM in der Lage sein, einen Ausbruch zu erklären und mit den nationalen Regierungen und der Weltbank zusammenzuarbeiten, um sehr schnell Geld für die Reaktion zu sammeln. Experten für Produktentwicklung würden Regierungen und Unternehmen zu den Arzneimitteln und Impfstoffen mit der höchsten Priorität beraten. Menschen, die Computermodellierung verstehen, würden die Arbeit von Modellierern auf der ganzen Welt koordinieren. Und das Team würde helfen, Reaktionen zu entwickeln und zu koordinieren, zum Beispiel wie und wann Grenzschließungen umgesetzt und die Verwendung von Masken empfohlen werden.“
Eine internationale Organisation in indirekter Abhängigkeit von Gates soll also über Maßnahmen wie Lockdowns in einzelnen Ländern mitentscheiden dürfen. Die WELT merkt dazu an:
„Demokratische Institutionen kommen in Gates Plan nicht vor, das Wort 'Parlament' taucht im ganzen Buch genau ein Mal in einer Fußnote auf (…) Für Gates sind das alles nur organisatorische und technische Fragen, die von Experten administriert und umgesetzt werden können.“
Passendes Timing
Gates´ 300 Seiten starkes Buch erschien am 3. Mai zeitgleich auf Englisch, Deutsch, Französisch und Italienisch. Sachbücher dieser Art haben üblicherweise einen Vorlauf von mindestens einem Jahr, von der Idee und den Vertragsverhandlungen mit dem Verlag, über die Recherche, das Schreiben, das Lektorat und die Produktion bis hin zur Planung der Marketing-Kampagne. Das ist insofern von Bedeutung, als der Veröffentlichungstermin des Buches zeitlich zu der in diesen Tagen anstehenden Beratungen zur Verschärfung der „Internationalen Gesundheitsvorschriften“ passt. Diese Beratungen finden vom 22. bis 28. Mai beim Jahrestreffen der WHO in Genf statt und dort geht es im Wesentlichen um das Gleiche wie in Gates´ Buch: eine stärkere zentrale Kontrolle der Pandemie-Bekämpfung bei gleichzeitiger Schwächung nationaler Souveränitäten.
Silvia Behrendt, ehemalige Rechtsberaterin des Sekretariats für Internationale Gesundheitsvorschriften (IHR – International Health Regulations) bei der WHO, erklärt aktuell dazu:
„Die von den USA vorgeschlagenen Änderungen zu Artikel 12 der IHR werden zum einen die Exekutivbefugnisse des WHO-Generaldirektors zur Ausrufung globaler notstandsähnlicher Situation...