Seit 1995 gibt es Wölfe in der Schweiz. Zum ersten Mal ist im Sommer 2012 Nachwuchs eindeutig nachgewiesen worden. «NETZ NATUR» berichtet, wie man sich in der Schweiz auf die Rückkehr der Wölfe und Bären einstellt, welche Diskussionen sie auslösen und wie sie den Schafen Gutes tun.
Wohl noch nie gab es so viele Wölfe in der Schweiz wie 2012. Mindestens in einem Gebiet der Schweiz, im Calanda-Massiv bei Chur, haben sie auch nachweislich Nachwuchs. Damit ist eingetreten, was Wolfsgegner schon lange befürchtet und Wolfsfreunde gehofft hatten: Es sind mehrere Wölfe unterwegs, die eine soziale Gemeinschaft bilden und gemeinsam jagen. Was bedeutet dies für die Schafherden auf den Alpen? Und wie stellen sich Jäger darauf ein, dass nicht nur sie Anspruch aufs Wild geltend machen? Muss man sich bald vor Wolfsrudeln in Acht nehmen?
Bereits scheint vorgesorgt: Noch bevor sich Wölfe und Bären nach ihrer Ausrottung vor mehr als 100 Jahren tatsächlich in der Schweiz wieder etabliert haben, hat die Politik bereits beschlossen, dass die sogenannten Grossraubtiere dann «reguliert» werden können, wenn ein Kanton nach seiner Einschätzung zu hohe «Schäden» an jagdbaren Wildtieren oder an Haustieren erleidet. Dazu müsste die Schweiz zwar aus dem europäischen Artenschutz-Abkommen, der sogenannten Berner Konvention, austreten, denn beide Fleischfresser-Arten sind europaweit streng geschützt. Doch das Parlament hat dies grundsätzlich beschlossen.
Vor allem der Wolf weckt immer noch hauptsächlich im Berggebiet irrationale Ängste und dadurch Widerstand gegen seine Präsenz im Land. Dies wird politisch geschickt genutzt. Doch weil es immer mehr Wölfe gibt, schützen auch immer mehr verantwortungsbewusste Schafhalter ihre Tiere während der mehr als dreimonatigen Alpzeit mit Hirten und mit Herdenschutzhunden. «NETZ NATUR» zeigt, ob dieser Herdenschutz im Sommer 2012 erfolgreich war. Und das Team spürt den Jägern nach, die in denselben Gebieten wie die Wölfe jagen.
«NETZ NATUR» schaut auch über die Grenzen nach Italien, Frankreich und auch nach Osten, was sich dort bei den Wölfen tut. Von Nordosten, aus Deutschland, und aus Südosten, aus Slowenien, breitet sich nämlich eine zweite Wolfspopulation aus, die sich in absehbarer Zeit mit den italienischen Wölfen in der Schweiz treffen werden – auch in der Schweiz.
Eine Wolfsfamilie beansprucht ein Revier von 150 – 250 Quadratkilometern, in dem es keine anderen Wölfe duldet. So verteidigt eine Wolfs-familie etwa ein Gebiet von der Fläche des Kantons Zug. Die Vermehrung wird dadurch begrenzt, dass nur ein Weibchen, die Mutter der ganzen Familie, Junge hat. Erwachsene Jungtiere wandern nach ein bis drei Jahren ab und ziehen manchmal sehr weit, um neue Gebiete zu besiedeln. Wird allerdings diese soziale Selbstregulation und das Familiensystem durch den Abschuss wichtiger Tiere gestört, reagieren die Tiere mit erhöhter Reproduktion. So kann es sein, dass es mehr Wölfe in einem Gebiet gibt als vorher.
Mit «Wolf Schweiz: Wer braucht Schutz vor wem?» versucht NETZ NATUR aufzuzeigen, dass in der Natur nicht immer alles ist, wie wir uns denken, und warum der Wolf für die Schafe auch sein Gutes hat.