Ein Kommentar von Hermann Ploppa.
Die Sahel-Länder haben nichts zu verlieren außer ihren Ketten.
Die westliche Wertegemeinschaft ist gerade ein bisschen irritiert. Bislang hat man ja immer munter Bodenschätze aus dem Wüstenboden der Sahara gescharrt, geschürft und gewälzt. Zudem haben diese armen Länder dort unten immer klaglos die Zeche für die feuchten Weltmacht-Träume des französischen Imperiums bezahlt. Man musste sich gar nicht weiter um diese Gegend und die Menschen dort kümmern. Dort wechselten sich immer schon Militärputsche mit Phasen pseudodemokratischen Klamauks ab. Gelegentlich musste man mal militärische Strafexpeditionen veranstalten. Oder irgendwelche Terroristen von der Leine lassen, um dann die Begründung für „humanitäre Interventionen“ geliefert zu bekommen. Um die bestellten bösen Buben von der Terroristenfront auch von unseren Jungs der Bundeswehr begutachten zu lassen. Seltsamerweise hatte die Anwesenheit von französischen, amerikanischen oder deutschen Soldaten dann nicht zu einer schnellen Beendigung der terroristischen Angriffe geführt. Im Gegenteil. Der Terrorismus erstarkte stattdessen. Die Anzahl der Dschihadisten hat sich in der Zeit der französischen Militärpräsenz vergrößert <1>. Handelt es sich hier um absolute Unfähigkeit, oder sind die Terroristen vielleicht in dem geopolitischen Kalkül gar nicht so unwillkommen?
Wir wissen es nicht. Aber die Militärs in den absoluten Habenichts-Ländern Burkina Faso, Mali und Niger sind der Meinung, dass das Spiel einfach nicht mehr so weitergehen kann. Es geht immer weiter abwärts mit den drei Ländern. Die Angst greift um sich und immer mehr unbeteiligte Zivilisten werden Opfer von Gewalt. Die Armut der Menschen ist nicht mehr zu übertreffen. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt in Niger bei etwas über einem Dollar pro Tag <2>. In Burkina Faso und Mali liegt das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen immerhin bei zwei Dollar. Man merke: „durchschnittlich“. Das heißt ganz klar: einige wenige haben deutlich mehr, und andere dafür gar nichts! In einem letzten Verzweiflungsakt haben die Militärs in dieser Situation in allen drei Ländern die im pseudodemokratischen Klamauk von Oligarchen gefütterten Präsidenten in die Wüste gejagt und selber die Verantwortung übernommen. Dann verweisen sie schrittweise die westlichen Besatzungstruppen des Landes. Und holen dafür die in Russland ansässigen Wagner-Söldnertruppen. Diese Musiker mit den seltsamen Geigenkästen trainieren die einheimischen Soldaten und machen dann mit den Terroristen kurzen Prozess. Das macht Eindruck. Das funktioniert in Mali und in Burkina Faso. Und deswegen ist jetzt auch im allerärmsten Land Afrikas, im Niger, der pseudodemokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum ausgerechnet von seiner eigenen Leibgarde entmachtet und zum Hausarrest verdonnert worden. Die Präsidenten-Leibgarde umfasst siebenhundert Mann und ihr Kommandeur Abdourahamane Tiani <3> hat sich jetzt selber zum Präsidenten von Niger erklärt. Angeblich ist er mit dem Putsch seiner eigenen Entlassung durch Präsident Bazoum zuvorgekommen.
Als nun der westafrikanische Staatenbund ECOWAS drohte, im Niger militärisch zugunsten von Präsident Bazoum einzugreifen, ließ das bekanntlich die Putschisten dort selbst gänzlich unbeeindruckt. Sie ließen das Ultimatum der ECOWAS verstreichen. Und sie waren klug genug, den Rückhalt der Bevölkerung zu mobilisieren. Im größten Stadion der nigrischen Hauptstadt Niamey nahmen die Obristen ein Bad in der begeisterten Menge. Zugleich kam es auch in Niamey zu Ausschreitungen gegen französische Einrichtungen, einschließlich der französischen Botschaft. Demonstranten,