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Olymp der Kunstfreiheit | Von Nicolas Riedl


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Ein Kommentar von Nicolas Riedl.


Beim Roger-Waters-Konzert in München wurden die Fans von einer Gegendemonstration empfangen, die vor allem eines demonstrierte ― die Antreiber der Cancel Culture sind eine kleine, extremistische Minderheit.


Jeden „Brick in the wall“ der Cancel Culture stößt Roger Waters weg. Die Stadt Frankfurt scheiterte bereits mit ihrem Vorhaben, Waters Konzert zu canceln, und so stand auch seinem Auftritt in München nichts mehr im Wege. Nun, fast nichts. Der Verein „München ist bunt!“ mobilisierte im Verbund mit weiteren Organisationen und Parteien gegen das Konzert, nachdem auch die Stadt München damit scheiterte, den erfolgreichen Systemkritiker zu canceln. Der genannte Verein tendierte in der Vergangenheit schon öfter entgegen seiner bunten Firmierung in Richtung eines Schwarz-Weiß-Freund-Feind-Denkens. Dieses Mal billigten die Demoveranstalter den Konzertbesuchern gnädigerweise zu, nicht allesamt Antisemiten zu sein. So wurde versucht, die Besucher abzupassen, ihnen Flyer in die Hand zu drücken, die sie darüber aufklären sollten, welch gemeingefährlichem Menschen sie bei dem Konzert nun lauschen würden. Beachtenswert war das Zahlenverhältnis zwischen Konzertbesuchern und Gegendemonstranten. Ein Vor-Ort-Bericht.




„Das wird man ja wohl noch hören dürfen?“, werden sich einige Besucher des Roger-Waters-Konzerts am 21. Mai 2023 in der Münchner Olympiahalle gedacht haben, als sie an den Einlasspforten ankamen. Direkt im Eingangsbereich veranstaltete der Verein „München ist bunt!“ eineinhalb Stunden vor Konzertbeginn eine Gegendemonstration. Bei den etwa hundert Teilnehmern waren unter anderem Vertreter der Grünen, der SPD, der Volt-Partei, Teile der Antifa und von den Münchner Coronademos einschlägig bekannte Gegendemonstranten- und Fotografen mit von der Partie. Zudem war das Gelände analog zum Fahnenmeer der Demo beflaggt mit den Farben der Ukraine, Israels und des Regenbogenkults.


Ukrainischen, israelischen und regenbogenfarbenen Flaggen wurden im Olympiapark gehisst. Foto: Nicolas Riedl
Die Besucher mussten zwangsläufig an diesen „Hütern der politischen Korrektheit“ vorbeilaufen, die das Ihrige versuchten, um jedem der vorbeikommenden Besucher einen Aufklärungsflyer in die Hand zu drücken, um den einen oder die andere vielleicht noch kurz vor der Ticketentwertung zu bekehren.

Fans von Roger Waters blicken verständnislos auf die Gegendemonstranten. Foto: Nicolas Riedl
Der Erfolg dürfte mäßig ausgefallen sein. Im Gegenteil: So mancher Waters-Fan stand mit einem „Ich brauche ein Ticket“-Schild im Eingangsbereich, um doch noch Zugang zu dem Event zu erlangen.

Fans zeigen stolz ihr Dabei-Sein beim Roger-Waters-Konzert. Foto: Nicolas Riedl
Doch was genau hatte eigentlich die Gegendemo argumentativ aufzubieten?


Schwammige Melange aus „antisemitische Codes“ und „Verschwörungsideologie“

„Schau sie dir an“, raunte der eine Gegendemonstrant zum anderen. „Alle haben Bierbäuche, trinken Bier.“ Ältere Besucher, die ihren Unmut über die Gegendemo äußerten, wurden allein aufgrund ihres Alters und Aussehens disqualifiziert. Alles verlief nach dem aus Memes bekannten Schema „Diese verdammten Nazis und ihre … ‚zieht eine Karte‘ ... beliebiges Substantiv.“ Hätte man unter diesen Kriterien die Gegendemonstranten beäugt, hätte man durchaus den einen oder die andere finden können, die genau in dieses missliebige Schema passt.
Die Gegendemonstration entbehrte bereits bei der Verkündung der Auflagen nicht einer unfreiwilligen Komik.

Micky Wenngatz (SPD) ― die Vorsitzende von „München ist bunt!“ ― wies die anwesenden Demonstranten darauf hin, dass das Vermummungsverbot gelte. Mund und Nase dürften nicht bedeckt werden. Außerdem, so führte sie weiter aus, sei es dafür eh zu warm.
Wie bitte?
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