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Gleich im ersten Satz seiner Geschichte „Poetenleben“, die wir heute vorstellen, klingt Robert Walsers meist konsequent ironische Erzählhaltung an: „Aufgrund der Ermittlungen, die wir veranstalten zu sollen geglaubt haben, können wir sagen, dass dieser Poet eine verhältnismäßig mangelhafte, d.h. dürftige Erziehung genoss“. Oftmals ist es in Walsers Texten so, dass ein Satz eine banale Aussage enthält, aber in einer derart ungewöhnlichen Sprache verfasst ist, dass sie an Relevanz zu gewinnen scheint. Leser/Hörer haben dann den Eindruck, dass hier doch etwas Wesentliches erzählt wird. „Einem uns zu Ohren gekommenen Gerücht, das uns sagte, dass unser Gegenstand hier eine Zeit lang Straßen gefegt und gereinigt haben soll, schenken wir (...) entweder nur äußerst geringen oder lieber überhaupt keinen Glauben, weil wir zu wissen meinen, dass ...“
Es geht in der Erzählung also um einen Dichter, der auch einmal als Straßenfeger tätig war und dann so etwas wie ein „Hilfsbuchhalter“ wurde. Beziehungsweise um jemanden, der leichte Büroarbeiten zu erledigen hatte, sich dann aber doch als Dichter am falschen Ort herausstellte – porträtiert, eigentlich begutachtet, von einem Schreiber einer nicht näher bezeichneten, anonym bleibenden Beobachtungsgruppe. Das Ganze ähnelt einem ausführlichen Zeugnis für Bürotätigkeiten des „Gegenstandes“ – in einem Text, dessen Verfasser offensichtlich selbst literarische Ansprüche an sich stellt. Stammt es von ihm selbst? Der Begutachtete war jedenfalls – so ist zu lesen – eine „im kaufmännischen Zentralstellenvermittlungsbüro (…) nachgerade sattsam bekannte Bewerberfigur. Seine Erscheinung und seine womöglich etwas befremdliche Persönlichkeit lockten daselbst regelmäßig eine Art ironisches Lächeln hervor.“ Halt ein Dichter, kein Angestellter.
Künstlergeschichten sind seit der Renaissance beliebt unter Schriftstellern. Und wir haben in diesem Podcast bereits einige veröffentlicht, etwa von Goethe, Büchner, Hoffmann, Joyce und Kafka. Letzterer, ein Zeitgenosse Robert Walsers, mochte dessen außergewöhnlich komische Texte sehr, und das will was heißen bei Kafkas Ansprüchen. Wir mögen Robert Walsers Werke auch sehr. – „Poetenleben“ erschien erstmals im Jahr 1917. Es liest die stets bewundernswert vortragende Eva Schröer.
Gleich im ersten Satz seiner Geschichte „Poetenleben“, die wir heute vorstellen, klingt Robert Walsers meist konsequent ironische Erzählhaltung an: „Aufgrund der Ermittlungen, die wir veranstalten zu sollen geglaubt haben, können wir sagen, dass dieser Poet eine verhältnismäßig mangelhafte, d.h. dürftige Erziehung genoss“. Oftmals ist es in Walsers Texten so, dass ein Satz eine banale Aussage enthält, aber in einer derart ungewöhnlichen Sprache verfasst ist, dass sie an Relevanz zu gewinnen scheint. Leser/Hörer haben dann den Eindruck, dass hier doch etwas Wesentliches erzählt wird. „Einem uns zu Ohren gekommenen Gerücht, das uns sagte, dass unser Gegenstand hier eine Zeit lang Straßen gefegt und gereinigt haben soll, schenken wir (...) entweder nur äußerst geringen oder lieber überhaupt keinen Glauben, weil wir zu wissen meinen, dass ...“
Es geht in der Erzählung also um einen Dichter, der auch einmal als Straßenfeger tätig war und dann so etwas wie ein „Hilfsbuchhalter“ wurde. Beziehungsweise um jemanden, der leichte Büroarbeiten zu erledigen hatte, sich dann aber doch als Dichter am falschen Ort herausstellte – porträtiert, eigentlich begutachtet, von einem Schreiber einer nicht näher bezeichneten, anonym bleibenden Beobachtungsgruppe. Das Ganze ähnelt einem ausführlichen Zeugnis für Bürotätigkeiten des „Gegenstandes“ – in einem Text, dessen Verfasser offensichtlich selbst literarische Ansprüche an sich stellt. Stammt es von ihm selbst? Der Begutachtete war jedenfalls – so ist zu lesen – eine „im kaufmännischen Zentralstellenvermittlungsbüro (…) nachgerade sattsam bekannte Bewerberfigur. Seine Erscheinung und seine womöglich etwas befremdliche Persönlichkeit lockten daselbst regelmäßig eine Art ironisches Lächeln hervor.“ Halt ein Dichter, kein Angestellter.
Künstlergeschichten sind seit der Renaissance beliebt unter Schriftstellern. Und wir haben in diesem Podcast bereits einige veröffentlicht, etwa von Goethe, Büchner, Hoffmann, Joyce und Kafka. Letzterer, ein Zeitgenosse Robert Walsers, mochte dessen außergewöhnlich komische Texte sehr, und das will was heißen bei Kafkas Ansprüchen. Wir mögen Robert Walsers Werke auch sehr. – „Poetenleben“ erschien erstmals im Jahr 1917. Es liest die stets bewundernswert vortragende Eva Schröer.