Foreign-Affairs blickt in die “Glaskugel”.
Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
In der Januar/Februar-Ausgabe 2023 von “Foreign Affairs”, der Hauspostille des Council on Foreign Relations (CFR), wagen die Europa-Expertin Liana Fix (36), Mitglied des CFR und der ehemalige Mitarbeiter am "Policy Planning Staff" im US-Außenministerium (2014-2016) Michael Kimmage (53), Senior Associate am "Zentrum für strategische und internationale Studien", im Artikel "Putin’s Last Stand" beachtliche Prognosen.
Dr. Liana Fix war Promotionsstipendiatin am "German Institute for International and Security Affairs" und Associate Fellow bei der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik". Sie verfasste Aufsätze, Grundsatzpapiere und Artikel für Fachzeitschriften wie Foreign Affairs, Foreign Policy und Washington Quarterly, wobei sie sich in ihrer Arbeit auf die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Europäische Union, die transatlantischen Beziehungen und die Beziehungen Europas zu Russland und China konzentrierte.
Am Anfang ihres Artikels stellen Fix und Kimmage die These auf, dass der Ukraine-Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin auch dessen „krönender politischer Abschluss“ sein sollte und ein Beweis dafür sei, wie weit Russland seit dem Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums 1991 gekommen ist: „Die Annexion der Ukraine sollte ein erster Schritt zum Wiederaufbau eines russischen Imperiums sein. Putin wollte die Vereinigten Staaten als Papiertiger außerhalb Westeuropas entlarven und zeigen, dass Russland zusammen mit China für eine Führungsrolle in einer neuen, multipolaren internationalen Ordnung bestimmt ist. Daraus ist nichts geworden.“1)
Ist das vorschnell aus der Hüfte geschossen oder einfach nur Wunschdenken? Nicht nur Moskau und Peking favorisieren eine multipolare Friedensordnung, auch die Länder des globalen Südens, die im 19., 20. und 21. Jahrhundert unter den ausbeuterischen Kolonial- und Unterdrückungskriegen vor allem der Angloamerikaner gelitten haben. Am 27. Januar 2021 ließ Wladimir Putin in seiner online-WEF-Rede in der 28. Minute ganz nebenbei einen bemerkenswerten Satz fallen: „Die Ära des Versuchs, eine unipolare Welt aufzubauen, ist vorbei“.2) Anfang 2021 sah Putin überall auf der Welt unterschiedliche Entwicklungszentren mit eigenen Modellen, politischen Systemen und sozialen Institutionen: er hält es für extrem wichtig, „Mechanismen für die Harmonisierung ihrer Interessen zu entwickeln.“3) Unter US-Präsident Biden hat die Dämonisierung von Russland und von Präsident Putin unmittelbar Fahrt aufgenommen. Die Biden-Administration setzte demonstrativ auf Eskalation! Und das im Interesse einer kleinen global agierende Wirtschafts- und Finanzelite, die aus Krieg und Zerstörung ihre Profite zieht und im dadurch erzeugten Chaos ihre Strukturen ausbaut.
Unter Barack Obama (2009 - 2017) hatte Vizepräsident Biden die Fäden für den Umsturz in der Ukraine gezogen. Sechs Mal hat er das Land besucht und damit der proamerikanischen Regierung unter Staatschef Petro Poroschenko, die nach dem Maidan-Putsch im Februar 2014 installiert wurde, den Rücken gestärkt.
Mit Wissen und Unterstützung der USA begann das Regime Poroschenko sofort mit Angriffen auf die russische Bevölkerung im Donbass, wo zwischen 2014 und 2022 Tausende Russen von Neonazi-Milizen und ukrainischen Streitkräften ermordet wurden, während Präsident Putin vergeblich versuchte, bei den westlichen Staatschefs die Einhaltung des Minsker Abkommens anzumahnen.
Der ehemalige US-Vizefinanzminister unter Reagan, Paul Craig Robert weist in seinem aktuellen Artikel „Washington hat die Bedrohung durch ein nukleares Armageddon wieder aufleben lassen“4), auf die Perfidie führender Politiker Frankreichs und Deutschlands im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg hin. Merkel und Hollande, die das Minsker Abkommen unterzeichnet hatten, gaben Anfang Dezember 2022 zu, dass dieses Abkommen ein Trick war, um Putin zu täuschen,