Mit unserem Reisewörterbuch jetten wir Folge für Folge durch die Länder und sammeln ein paar deutsche Wortsouvenirs aus anderen Sprachen. Dritte Etappe: die slawischen Sprachen.
Wenn wir die
Grenzen aus den deutschsprachigen Gefilden nach Osten hin überqueren, kommen wir? Genau, nach Polen. Denn daher stammt auch das Wort
Grenze. Vom polnischen
granica. Von Österreich aus wird man über die
granicaallerdings zuerst nach Tschechien gelangen. Und zwar über eine
hranice.
In Tschechien kann man praktisch ohne Dolmetscher auf
Lepschi gehen, wie man hier im germanischen Süden so schön sagt. Tschechische Namen sind an Wiener Türklingeln keine Seltenheit. Auch der Nachname
Lepschi ist nicht ungewöhnlich. Zieht man um die Häuser, an denen diese Türklingeln angebracht sind, geht man sprichwörtlich auf Lepschi.
Lepší bedeutet auf Tschechisch nichts anderes als
besser. Auf Lepschi gehen tun wir also dann, wenn ein mühsamer Tag nur dann besser wird, wenn wir uns abends trinkend und tanzend vergnügen.Vergnügt man sich trinkend in einem fremden Land, hilft wohl auch ein
Dolmetscher nicht gegen das betrunkene Gelalle. Dem
Dolmetscher liegt vermutlich das türkische
tilmaç zugrunde, die Bezeichnung für einen Vermittler zwischen zwei Parteien, die unterschiedliche Sprachen sprechen. Wie passend, dass das Wort erst durch slawische Vermittlung in Deutsche gelangt ist.
Apropos, slawisch. Das ist auch der
Schlawiner. Der klingt zwar im ersten Moment eher harmlos, hat aber einen äußerst rassistischen Nachgeschmack. Der Name kommt von einer Bezeichnung für slowenische
Hausierer, die damals als besonders gerissen galten. Da hilft es auch nicht, dass wir in Wien daraus verniedlichend einen
Schlawuzi machen.
Redet einer also von Schlawinern heißt es
Dalli, dalli! Der Zuruf, der sich im Deutschen mit der Bedeutung schnelleingebürgert hat, geht auf das polnische
dalej zurück. Die erste Steigerungsform von
weit, also
weiter!Bei einem gemütlichen Picknick ist das Vernügen nach einem anstrengenden Tag vermutlich ungefährlicher. Und was gehört so alles zu einer gelungene
Jause? Ein bisschen Quark und Obst mit Sahne?
Quark zur Jause? Aber klar doch, das vergorene Milchprodukt hat in so ziemlich jeder westslawischen Sprache eine äußerst ähnliche Entsprechung. Bringt man das ursprüngliche altslawische Wort mit dem kirchenslawischen Wort
творъ (
tvorŭ) in Verbindung, weiß man auch worin der Frischkäse zubereitet wurde.
творъ (
tvorŭ) bedeutet nämlich Form. Und diese liegt auch dem italienischen
formaggio oder den französischen
fromage zugrunde. Aber dort waren wir diesen Sommer ja schon.
So ein
Topfen aber auch! Den würden wir nämlich in Österreich zur Jause essen. Und müssten mit dem Namen auch nicht einmal so weit reisen. Denn der
Topfen kommt vermutlich nur vom althochdeutschen
topho, aus dem sich auch unser modernes Wort Tupfen herleitet. Käse aus geronnen
Milchtupfen quasi.
Wie süß, fast so süß, wie der
Schmetterling, der sich auf unserer Sahne niederlässt. Den nennen wir übrigens so, weil
smetana auf Tschechisch Sahne bedeutet und es doch tatsächlich Menschen gibt, die an Hexen glauben, die in Schmetterlingsgestalt fliegen, um Milch und Sahne zu stehlen, die wir eigentlich zur Herstellung von Butter benötigen. Wer’s nicht glaubt, übersetzt das Tier einfach mal ins Englische. Auch dort nennt man es gemeinhin
butterfly.
Die
Jause selbst haben wir natürlich auch entlehnt. Und zwar aus dem Slowenischen. Die slowenische
Mittagsmahlzeit, die
júzina, geht auf das urslawische Wort für Süden zurück,
*jugъ (
jugu). Das deutsche au in der slowenischen
júzina sagt uns, dass das Wort bereits im 12. oder 13. Jahrhundert nach Österreich gewandert sein muss. Na
brack.
Das
Brack ist aber germanischen Ursprungs. Und steht für
Ausschussware. Etwas, was man natürlich auf keinen Fall in seiner Jause haben möchte.
— — —
Wenn ihr gern Dinge über Sprache hört, könnt ihr dieses Projekt ganz einfach unterstützen, indem ihr den Podcast bewertet oder ihn anderen weiterempfehlt. Auch Feedback zu den Themen der einzelnen Folgen sammle ich fleißig auf Instagram und Twitter oder per E-Mail unter
[email protected].
Auf der Website vom Lehrwerk gibt es alle Folgen von
[vɪsn̩ʃaftʃpʁɑːχə] zum Nachhören und Nachlesen.