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[Rezensiert] Wie der Westen den Krieg in die Ukraine Brachte (Benjamin Abelow) Zusammengefasst.


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Wie der Westen den Krieg in die Ukraine Brachte (Benjamin Abelow)

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#UkraineKonflikt #NATOErweiterung #Sicherheitsdilemma #Geopolitik #BenjaminAbelow #WiederWestendenKriegindieUkraineBrachte

Dies sind die Erkenntnisse aus diesem Buch.

Erstens, NATO-Erweiterung und das Sicherheitsdilemma, Abelow stellt die NATO-Osterweiterung in den Mittelpunkt seiner Kausalkette und rahmt sie mit dem Konzept des Sicherheitsdilemmas: Maßnahmen, die ein Staat oder Bündnis zur Erhöhung der eigenen Sicherheit ergreift, können aus Sicht eines Gegners als Bedrohung erscheinen, worauf dieser mit Gegenmaßnahmen reagiert. So entsteht eine Eskalationsspirale, obwohl keiner der Akteure objektiv einen Krieg will. Seit den 1990er-Jahren rückte die NATO schrittweise an die Grenzen Russlands heran. In diesem Prozess sieht der Autor eine kontinuierliche Erosion russischer Sicherheitsperzeptionen, die durch politische Signale und militärische Infrastruktur verstärkt wurde.
Ein Schlüsselereignis in Abelows Darstellung ist der NATO-Gipfel in Bukarest 2008, auf dem der Ukraine und Georgien prinzipiell eine zukünftige Mitgliedschaft in Aussicht gestellt wurde. Aus westlicher Sicht war dies eine politische Geste ohne unmittelbare operative Konsequenz. Aus Moskauer Perspektive markierte sie jedoch eine potenzielle Veränderung des militärstrategischen Gleichgewichts vor der Haustür. Der Autor betont, dass zahlreiche westliche Diplomaten, Strategen und sogar ehemalige US-Entscheidungsträger vor genau dieser Wahrnehmung warnten und prognostizierten, Russland werde harte Gegenreaktionen zeigen, wenn rote Linien bei der Ukraine überschritten würden.
Abelow argumentiert, dass die NATO-Erweiterung keine rein normative Frage von Souveränität und freier Bündniswahl ist, sondern immer auch die objektive Geografie, Reichweiten moderner Waffen, Vorwarnzeiten und die politische Symbolik berührt. Selbst wenn die NATO defensiv sei, verändere die Nähe ihrer Infrastruktur die Kalküle. Je näher Bündniskräfte und -sensoren an Russland operieren, desto stärker schrumpft das Zeitfenster für Krisenkommunikation und deeskalierende Entscheidungen im Ernstfall. Daraus erwächst nach seiner Analyse ein erhöhtes Risiko unbeabsichtigter Eskalation.
Der Autor blendet dabei normative Ansprüche nicht aus, sondern zeigt die Friktion zwischen Prinzipien und Stabilitätslogik. Für kleine und mittelgroße Staaten ist Bündniswahl ein Sicherheitsanker; für Großmächte am Rand dieses Bündnisses aber ein potenzieller Trigger. Abelow plädiert deshalb rückblickend für Lösungsformeln, die Sicherheit für die Ukraine erhöhen, ohne Russland eine unmittelbare Feinderweiterung zu signalisieren, etwa über Neutralitätsmodelle oder Sicherheitsgarantien außerhalb der NATO. Sein Punkt ist nicht, dass die Erweiterung zwangsläufig Krieg bedeutet, sondern dass sie in Kombination mit symbolpolitischen Zusagen, militärischen Übungen, Raketenabwehr und innenpolitischer Dynamik ein Risikenbündel erzeugte, das von politischen Entscheidungsträgern unterschätzt wurde. Wer die Eskalationslogik begreifen will, findet hier eine stringente, wenn auch kontroverse Erklärungslinie.

Zweitens, Maidan 2014, Regimewechsel-Narrativ und die innere Spaltung der Ukraine, Ein zweiter Schwerpunkt des Buches ist die Interpretation der Ereignisse von 2013 und 2014 in Kiew und im Südosten der Ukraine. Abelow rekapituliert, wie die Proteste gegen die Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens in eine Revolution übergingen, die zum Sturz von Präsident Janukowytsch führte. Er argumentiert, dass westliche Akteure, darunter Regierungsvertreter, Stiftungen und NGOs, in diesem Prozess nicht neutral waren. Als Indizien führt er bekannte diplomatische Interventionen, politische Unterstützung und die Rolle westlicher Förderung der Zivilgesellschaft an. Aus Moskauer Sicht und in Teilen des Ostens der Ukraine wurden die Ereignisse als Regimewechsel interpretiert, was das Vertrauen in die Legitimität der neuen Führung untergrub.
Abelow weist darauf hin, dass diese Interpretationsdifferenz nicht nur Propaganda ist, sondern reale politische Folgen hatte. Die rasche Neuformierung der Macht, Debatten um Sprachpolitik und die Umstrukturierung von Sicherheitsorganen trugen zu Polarisierung und zur Abspaltungstendenz auf der Krim und in Teilen des Donbas bei. Moskaus anschließende Annexion der Krim und die Eskalation im Osten seien in diesem Lesart-Schema Folge einer bereits dynamisierten Krise, nicht deren Anfang. Der Autor macht deutlich, dass die westliche Erzählung einer rein demokratischen Emanzipation die sicherheitspolitische Logik der Gegenakteure unterschätzt und damit Risiken weiter verschärft habe.
Gleichzeitig räumt Abelow ein, dass die Maidan-Bewegung reale Ursachen besaß: Korruption, oligarchische Strukturen, der Wunsch nach europäischer Annäherung. Er nutzt diese Ambivalenz, um zu zeigen, wie legitime gesellschaftliche Ansprüche mit geopolitischen Interessen verschränkt wurden. In seiner Analyse resultierte daraus ein Umfeld, in dem symbolische Entscheidungen überdimensionale sicherheitspolitische Bedeutung erhielten. Sprachgesetze oder Personalentscheidungen, so die These, wurden in Moskau nicht als innenpolitische Detailfragen, sondern als Marker einer strategischen Neuausrichtung gelesen.
Der Autor betont, dass alternierende Lesarten existieren und viele Details der Ereignisse umstritten sind. Dennoch sei für die Prävention von Kriegen entscheidend, wie Handlungen beim Gegenüber ankommen. Aus dieser Perspektive sind 2014 und die Folgejahre keine legitimatorischen Fußnoten, sondern ein Knotenpunkt, an dem deeskalierende Optionen verpasst wurden. Abelow fordert deshalb retrospektiv eine Politik, die innere Diversität der Ukraine respektiert, Minderheitenschutz ernst nimmt und internationale Vermittlung nicht als Nullsummenspiel begreift. Ob man der Gewichtung zustimmt oder nicht, das Kapitel zwingt zur Auseinandersetzung mit kausaler Verantwortung jenseits einer eindimensionalen Täter-Opfer-Logik.

Drittens, Militarisierung, Aufrüstung und Signalpolitik 2014–2022, Im Zeitraum zwischen 2014 und dem offenen Kriegseintritt 2022 sieht Abelow eine schleichende Militarisierung, die durch Ausbildung, Waffenlieferungen und Manöver vorangetrieben wurde. Die USA und mehrere NATO-Staaten begannen, ukrainische Kräfte zu trainieren, Führungsstrukturen zu beraten und defensive wie offensive Waffensysteme zu liefern. Dazu zählten unter anderem Panzerabwehrwaffen, Aufklärungstechnologie, Kommunikationsmittel und später auch Drohnensysteme. Aus westlicher Sicht diente dies der Stärkung ukrainischer Abschreckung und der Erhöhung der Kosten einer möglichen russischen Aggression. Aus Sicht des Autors, der die russische Bedrohungsperzeption ernst nimmt, verstärkte es den Eindruck, dass die Ukraine de facto in den westlichen Sicherheitsraum integriert werde, selbst ohne formale NATO-Mitgliedschaft.
Abelow verknüpft diese Entwicklung mit größeren technologischen und geostrategischen Trends. Er verweist auf die Stationierung von Raketenabwehrsystemen in Europa, die aus russischer Sicht die nukleare Zweitschlagsfähigkeit tangieren könnten, sowie auf die Verkürzung von Vorwarnzeiten durch moderne Sensorik und flugkörpergestützte Systeme. Gemeinsame Manöver in der Schwarzmeerregion, militärische Übungen nahe russischer Grenzen und die Verdichtung von Nachrichtengewinnung hätten, so die These, die Alarmbereitschaft erhöht und Fehlkalkulation wahrscheinlicher gemacht. Signalpolitik, die in westlichen Hauptstädten als notwendige Stützung eines Partners galt, sei in Moskau als Eskalationsleiter gelesen worden.
Ein zentraler Punkt der Analyse ist die Dynamik von roten Linien. Jede zusätzliche Fähigkeit, jede neue Trainingsmission, jeder symbolische Schritt schien eine Schwelle zu überschreiten, ohne den Konflikt zu lösen. Für Abelow ist das ein klassisches Muster unklarer Eskalationskontrolle: Beide Seiten senden Signale der Entschlossenheit, doch der semantische Gehalt dieser Signale ist asymmetrisch. Die Folge ist ein semantisches Rauschen, aus dem im Ernstfall Eskalation statt Kompromiss resultiert. Der Autor illustriert, wie selbst begrenzt gedachte Maßnahmen kumulativ eine neue strategische Realität erzeugten.
Abelow bestreitet nicht, dass Staaten das Recht haben, Partner zu unterstützen. Er argumentiert jedoch, dass Unterstützung ohne integrale Deeskalationsstrategie strategische Risiken erhöht. Dazu zählt aus seiner Sicht das Fehlen klarer diplomatischer Off-Ramps parallel zur Aufrüstung. Auch wirtschaftliche Aspekte spielen hinein: Sanktionen und Gegensanktionen verfestigen Feindbilder und senken die politische Fallhöhe für Verhandlungen. In Summe zeichnet das Kapitel ein Bild gradueller, teils nicht intendierter Verhärtung, die den Weg in den großen Krieg ebnete. Wer verstehen will, wie aus vielen kleinen Schritten eine große strategische Verschiebung wurde, findet hier den analytischen Kern des Buches.

Viertens, Verpasste Diplomatie: Minsk, gescheiterte Offerten und alternative Pfade, Abelow widmet einen erheblichen Teil seiner Argumentation der Frage, warum diplomatische Gelegenheiten ungenutzt blieben. Er analysiert die Minsk-Abkommen von 2014 und 2015, die unter anderem Waffenstillstand, Abzug schwerer Waffen, Verfassungsreformen und Sonderstatus-Regelungen für die umkämpften Gebiete vorsahen. In seiner Lesart fehlte es dem Westen an konsequentem Druck auf alle beteiligten Seiten, die Abkommen vollständig umzusetzen. Politische Kalender, innenpolitische Widerstände in Kiew und Misstrauen gegenüber Moskaus Intentionen machten aus einem ohnehin komplizierten Fahrplan eine Abfolge von Verzögerungen und selektiver Implementierung.
Der Autor argumentiert weiter, dass die Jahre 2021 und frühes 2022 zusätzliche Chancen boten. Er verweist auf russische Vertragsentwürfe zu Sicherheitsgarantien und die Diskussion über Neutralitätsoptionen der Ukraine. Auch die in Berichten erwähnten Gesprächsfäden in Istanbul im Frühjahr 2022 werden als potenzieller Off-Ramp diskutiert, der jedoch durch fortgesetzte Kampfhandlungen, maximale politische Ziele und externe Einflussnahmen unerreichbar blieb. Abelow betont, dass einige dieser Punkte kontrovers sind und von anderen Analysten anders bewertet werden. Sein Anliegen ist es, die Existenz von Alternativen sichtbar zu machen, die in der öffentlichen Debatte zu selten erörtert wurden.
Wesentlich ist seine Diagnose, dass Diplomatie von symbolischer Politik überlagert wurde. Die Forderung nach vollständigen Siegen, öffentliche rote Linien und die moralische Aufladung erschwerten Kompromisse. In komplexen Territorialkonflikten seien jedoch oft unvollkommene Arrangements, Sequenzierungslogiken und Sicherheitsgarantien nötig, die politisch unpopulär sind. Abelow plädiert daher für pragmatische Sicherheiten statt maximaler Zielsetzungen. Er verweist auf historische Präzedenzfälle, in denen eingefrorene Konflikte oder neutrale Statuslösungen Stabilität schufen, auch wenn sie normative Wünsche nicht vollständig erfüllten.
Das Kapitel liefert keine einfache Blaupause, zeigt aber grundlegende Elemente einer Deeskalationsstrategie: parallele militärische Deeskalation und verifizierbare Zusagen, international abgesicherte Minderheitenrechte, eine Neuauflage von Rüstungskontrolle und Vertrauensbildungsmaßnahmen sowie eine ernsthafte Debatte über europäische Sicherheitsarchitektur jenseits bloßer Erweiterungslogiken. Dadurch wird Diplomatie nicht als Zeichen der Schwäche, sondern als Instrument strategischer Risikoreduktion verstanden. Abelows Fazit in diesem Bereich ist nüchtern: Solange Auswege politisch tabuisiert werden, wachsen die Kosten, und die Verhandlungsmacht der Vernunft schrumpft.

Schließlich, Narrative, Moral und Eskalationsrisiken: Warum Perspektivwechsel Sicherheit schafft, Zum Abschluss richtet Abelow den Blick auf die Rolle von Narrativen und moralischer Gewissheit in modernen Kriegen. Er argumentiert, dass mediale Vereinfachungen, moralische Dualismen und die Dämonisierung des Gegners zwar kurzfristig innenpolitische Unterstützung mobilisieren, langfristig aber die Konfliktlösung behindern. Indem komplexe Sicherheitsinteressen auf ein Gut-Böse-Schema reduziert werden, schwinden die Anreize, die Sicherheitsinteressen des Gegenübers zu erkennen und in die eigene Kalkulation einzubeziehen. Gerade in einer nuklear bewaffneten Umwelt ist diese Blindstelle gefährlich, weil sie Kompromisse delegitimiert und Eskalationsdynamiken normalisiert.
Abelow setzt dem die Idee des strategischen Perspektivwechsels entgegen. Wer Kausalitäten breit denkt, erkennt Eigenanteile, Fehlentscheidungen und strukturelle Zwänge. Dies ist keine Relativierung von Aggression, sondern eine Vorbedingung für Prävention. Der Autor zeigt, wie moralische Empörung politische Symbolakte befeuert, die militärisch geringe, strategisch aber hohe Bedeutung besitzen. Dazu gehören maximale Kriegsziele, die Ankündigung von Maßnahmen ohne Exit-Strategie und die Kommunikation, die innenpolitisch belohnt, aber außenpolitisch vergiftet. In seiner Sicht wäre eine nüchterne Kosten-Nutzen-Logik dem Frieden zuträglicher als ein Rigorismus, der Verhandlungsräume schließt.
Neben der moralischen Dimension beleuchtet Abelow die materiellen Risiken. Jede weitere Sanktionsrunde, jeder Waffentyp, jede Grenzüberschreitung erzeugt Pfadabhängigkeiten. Eskalationsleitern sind leicht zu erklimmen, schwer zu verlassen. In einem Umfeld verkürzter Vorwarnzeiten und dichter Militärpräsenz steigt das Risiko von Fehleinschätzungen, Unfällen und ungewollten Zusammenstößen. Hier plädiert der Autor für die Wiederbelebung von Rüstungskontrolle, Krisenkommunikationskanälen und vertrauensbildenden Maßnahmen, die seit Jahren erodieren. Nur so lasse sich der Graubereich zwischen Frieden und Krieg entschärfen.
Schließlich adressiert das Buch die europäische Dimension: Wirtschaftliche Verwerfungen, Energieabhängigkeiten und die Frage europäischer strategischer Autonomie. Abelow argumentiert, dass Europa ein Eigeninteresse an einer Sicherheitsarchitektur hat, die nicht allein von Erweiterung und Abschreckung lebt, sondern Ausgleichsmechanismen institutionalisiert. Medienkompetenz, Pluralität von Expertisen und eine offene Diskussionskultur seien dafür unverzichtbar. Indem er die dominanten Narrative hinterfragt, fordert der Autor die Leserschaft auf, intellektuelle Komfortzonen zu verlassen. Der Gewinn besteht in einer robusteren, risikobewussteren Außen- und Sicherheitspolitik, die nicht auf moralische Rhetorik, sondern auf belastbare Stabilität zielt.

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