Ein Standpunkt von Peter Frey.
Offenbar taugt der Ukraine-Konflikt auch zu einer Flurbereinigung in der russischen Oligarchie.
Hunderte Milliarden Dollar wurden im Zuge der Sanktionen gegen Russland seitens der Europäischen Union, Großbritanniens und der USA „beschlagnahmt“ — korrekter ausgedrückt: geraubt. Das russische Finanz- und Wirtschaftssystem ließ sich damit jedoch nicht aushebeln. Den Schaden haben dafür offenbar Leute, die seit Jahrzehnten hoffen, eine Neuauflage der goldenen Zeiten unter Boris Jelzin erleben zu dürfen. Werden wir hier Zeugen einer versuchten Dressur?
Man kann dieser Konstellation etwas Kurioses abgewinnen. Im Erzählraum des Westens gelten die russischen Oligarchen als Verbündete, als Diener des Kreml und so erscheint es schlüssig, dass westliche Sanktionen nun auch diese Leute treffen. Das entspricht allerdings nicht der Realität. Das, was hier verschwiegen wird, begründet sich in der Tatsache, dass Russlands Oligarchen — übrigens gleich ihren ukrainischen Kollegen — natürliche Verbündete der westlichen Mächte darstellen. Manche Oligarchen aus russischen Gefilden werden im öffentlichen Erzählraum hierzulande inzwischen auch als russische Opposition aufgeführt.
Westlicher Einsatz für die Freiheit — der Oligarchen
Und natürlich: Die Geschichte hat bewiesen, dass es eine Methode westlicher Eliten schon immer war, bestimmte Personen zur Not Jahrzehnte in den eigenen Gefilden zu parken. So lange, bis eine revolutionäre Situation im Opferland die Gelegenheit böte, die Marionette neu zu positionieren. Die dafür geeigneten Leute sind oft von Hybris geplagt und was die Szene der Oligarchen betrifft, glauben sie, dass es die eigene Genialität sei, die sie so unendlich reich gemacht habe. Nach ihrem Selbstverständnis haben sie sich ihre Milliarden ehrlich verdient, was sie dazu verleitet, sich für Größeres berufen zu fühlen. Zum Beispiel politisch aktiv zu werden.
An dieser Stelle ihrer Hybris, unterscheiden sich russische Oligarchen in keiner Weise von ihren Namensvettern in den westlichen Staaten. Wenn wir also von russischen Oligarchen wie (früher) Michail Chodorkowski sowie Pjotr Aven und Michail Fridman reden, finden wir deren wesensgleiche Kollegen in George Soros und Bill Gates, um nur zwei namhafte Beispiele zu nennen.
Ein weiterer russischer Oligarch, Ewgeni Lebedew hat die britische Staatsbürgerschaft erworben und sitzt im britischen Oberhaus. Wie kommt man als russischer Oligarch ins britische Oberhaus? Wessen politische Interessen wird Ewgeni Lebedew wohl vertreten — die Russlands? Sicher nicht. Er ist seit 2009 im Besitz der britischen Zeitung London Evening Standard und seit 2010 auch des, ebenfalls britischen, Independent. Erst wurde er als Investment-Banker reich, und dann suchte er den Weg in die Politik.
Zwei „Journalisten“ der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) frönten der Idiotie, als sie zu den russischen Oligarchen unter der Überschrift „Das ist Putins Bande“ schrieben:
„Wladimir Putin hat die Oligarchen entmachtet. Er lässt ihnen aber ihren Reichtum, solange sie loyal sind. […] Wer sie kritisiert oder in ein unschönes Licht rückt, hat gleich einen ruinös teuren Prozess am Hals. Wer ihnen die Tür öffnet, wird dagegen belohnt.“ (1)
So ist das, wenn ideologische Engstirnigkeit den eigenen Horizont auf ein Minimum reduziert hat. Dann heiratet er die Idiotie.
Was wollen uns die beiden „Journalisten“ (Markus Bernath und Bettina Schulz) nun denn erklären? War es falsch, dass man die Oligarchen der Möglichkeit enthoben hat, mit ihrer finanziellen Macht politische Macht auszuüben? Sagt uns denn der vor Moral nur so triefende „Wertewesten“ nicht fortwährend, dass in einer Demokratie die Macht vom Wahlvolk ausgehen muss und ebe...