Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
Am Montag, dem 28. März 2022, hat das Pentagon einen Haushaltsantrag in Höhe von 773 Mrd. Dollar für das Haushaltsjahr 2023 gestellt und den Kongress um eine deutliche Erhöhung der Ausgaben für den Bau neuer Waffen gebeten, „um das aufstrebende chinesische Militär im Zaum zu halten, Russlands Aggression in Europa einzudämmen und die Bezahlung der Truppen zu erhöhen.“(1)
"Ich fordere eine der größten Investitionen in unsere nationale Sicherheit in der Geschichte“, sagte US-Präsident Biden zu diesem Haushaltsantrag, „mit den notwendigen Mitteln, um sicherzustellen, dass unser Militär das am besten vorbereitete, am besten ausgebildete und am besten ausgerüstete Militär der Welt bleibt“; er wies darauf hin, dass die Geldmittel beantragt würden, um "energisch auf die Aggression [des russischen Präsidenten Wladimir] Putin gegen die Ukraine zu reagieren"(2). Der Antrag wurde jedoch weitgehend fertiggestellt, bevor Putin am 24. Februar seine Truppen in die Ukraine beorderte.
Für den Vorsitzenden des US-Senatsausschusses für Streitkräfte, Senator Jack Reed, D-(Rhode Island), ist dieser Haushaltsplan nur ein "Ausgangspunkt". Er würde zwar „China und Russland als die wichtigsten strategischen Konkurrenten unseres Militärs“ anerkennen, müsse aber noch die weiteren Bedürfnisse des US-Militärs berücksichtigen. Reed forderte den Kongress auf, „durchdachte Entscheidungen darüber zu treffen, wie wir unsere nationalen Machtinstrumente ausstatten und umgestalten. Jetzt, da Präsident Biden seinen Haushaltsantrag gestellt hat, kann der Ausschuss mit der Ausarbeitung eines [National Defense Authorization Act] beginnen, der Amerikas Bedürfnissen jetzt und in Zukunft gerecht wird."(3)
Zu den vordringlichsten Bedürfnissen der USA gehörte seit Ende des Zweiten Weltkriegs die Zerschlagung der Sowjetunion. Dazu trat am 19. Dezember 1949, wenige Monate nach Gründung der NATO, der Kriegsplan DROPSHOT in Kraft. Er sollte nach dem wirtschaftlichen Wiederaufbau Westeuropas (Marshallplan) und der Aufstellung der Bundeswehr 1957 ausgelöst werden.
Auf den Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 reagierten die USA mit einer dynamischen imperialen Geopolitik, die das entstandene Machtvakuum rasch füllte - einer Politik, die virtuos die Zusammenhänge zwischen Geografie und Raum für ihre strategischen Visionen außenpolitisch nutzt.
Es geht aktuell nicht um Putin, Biden oder gar Selenskij, es geht um ein gigantisches Machtspiel, welches spätestens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Gang gesetzt wurde: Fünf Tage vor Beginn der Bombardierung Jugoslawiens hatte das US-Repräsentantenhaus das „Seidenstraßenstrategiegesetz“ verabschiedet. Darin heißt es:
„Die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken, aus denen Zentralasien besteht – Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan - sind begierig darauf, Beziehungen zu den USA aufzubauen. Kasachstan und Turkmenistan besitzen große Öl- und Gasreserven rund um das Kaspische Meer, die sie dringend ausbeuten wollen.“(4)
Vorlage für dieses Gesetz war das 1997 erschienene Buch des polnisch-amerikanischen Politikwissenschaftlers und Geostrategen Zbigniew Brzeziński Buch „Die einzige Weltmacht“(5). Es bildet die Blaupause für die Weltpolitik der USA in den letzten Jahrzehnten, deren Ziel es ist, sowohl China als auch Russland unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Pentagonplaner sehen sowohl ein starkes Russland wie auch ein mächtiges China als Bedrohung.(6) Und die Ukraine ist für die US-Langzeitstrategen im Ringen um die Weltmacht ein Dreh- und Angelpunkt von zentraler Bedeutung. Nach Brzeziński trägt die Ukraine allein durch Ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands bei: „Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr“.(7)
Seine Prognose lautete schon 1997: „Irgendwann zwischen 2005 und 2010 sollte die Ukraine für ernsthafte Verhandlungen sowohl mit der EU als auch mit der NATO ...