Das Wort zum Schabbat

Schabbat Mischpatim || Gebote ordnen Gemeinschaft


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Rabbiner Dr. Daniel Katz geht auf einige der Gebote im Wochenabschnitt „Mischpatim“ („Rechtsvorschriften“) in 2. Mose 21–24 ein. Darüber hinaus zeigt er den größeren Rahmen der vorliegenden Gesetzessammlung der Tora.

Bei ahavta - Begegnungen kannst du den Tora-Abschnitt in der Übersetzung durch Rabbiner Simon Bernfeld lesen oder sogar als Podcast anhören:

https://plus.ahavta.com/p/mischpatim

Zu Beginnn frage ich Daniel, weshalb die Tora in den Zehn Geboten mit ganz allgemeinen Leitlinien beginnt und nun im nächsten Wochenabschnitt so spezifisch wird. Daniel erklärt: Jedes Rechtssystem startet mit Prinzipien, wie eine Verfassung, und füllt diese dann mit konkreten Gesetzen. Die zehn Gebote sind wie eine Präambel, unter der alles steht. Im Judentum schaut man nicht nur auf den Wortlaut, sondern interpretiert die Details – anders als in manchen christlichen Ansätzen, die bei der Präambel stehenbleiben. Die Gesetze über den stößigen Ochsen seien nicht veraltet: Sie betreffen Verantwortung. Heute haben wir Hunde, die beißen, oder Autos, die Schaden anrichten können. Es geht um allgemeine Prinzipien der Sorgfalt und Rücksicht in der Gemeinschaft.

Ein bekanntes Gebot aus Mischpatim ist „Auge um Auge“. Daniel betont: Das ist kein wörtlicher Racheakt, sondern eine Schadensbemessung – Entschädigung, nicht Verstümmelung. Der Talmud klärt, dass es um den Wert der Schädigung geht, etwa für Heilung oder Arbeitsausfall. Dieses Missverständnis prägte Jahrhunderte lang falsche Bilder von Judentum und Tora, bis heute in Medien, wenn sie „Auge um Auge“ mit Israels Politik verknüpfen. Doch hier geht’s um innere Gesellschaftsregeln, nicht Außenpolitik.

Auch Selbstverteidigung wird behandelt: Ein Dieb, der beim Einbruch stirbt, löst keine Blutrache aus. Solche Gesetze sind aktuell – sie balancieren Rechte und Pflichten. Die Tora ist kein reines Gesetzbuch, sondern hat eine heilige Dimension: Gebote sind Gottesdienst, nicht nur Regeln aus Strafangst. Sie gelten für Israel, doch Fremde werden einbezogen: „Einen Fremdling sollst du nicht kränken, denn ihr wart Fremde in Ägypten.“

Wie passt das in fremden Ländern? Der Talmud sagt: Das Gesetz des Landes gilt. Konflikte, wie in Ägypten, löst die Tora durch Befreiung und Geschichte – ein Volk wird in der Wüste frei, um sich als Gemeinschaft zu formen. Daniel hebt hervor: Mischpatim zeigt, wie Gesetze eine Balance schaffen, damit die Gesellschaft funktioniert. Für heute rät er, die Fülle der Gebote nicht zu übersehen, sondern ihre Relevanz für Verantwortung und Heiligkeit zu erkennen – auch wenn unsere Grundlagen schwinden, weil der Bezug zu etwas Übergeordnetem fehlt.

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Viele weitere Informationen zum christlich-jüdischen Verhältnis, zu Israel und zum jüdischen Leben mit der Tora findest du auf meiner Website https://plus.ahavta.com



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Das Wort zum SchabbatBy Ricklef Münnich || ahavta - Begegnungen