Hinweis der Redaktion: Der Text wurde am Morgen des 09.03. eingesprochen. Im Verlauf des Tages kam es zu den ersten Corona- Todesfällen in Deutschland
'Was interessiert die Wirklichkeit? Hauptsache, der Schein bleibt gewahrt.' Nach dieser Devise verfährt die Bundesrepublik auch im Falle Corona.
Ein Standpunkt von Dagmar Henn.
Wenn man auf die Weltkarte (1) der John-Hopkins-Universität blickt, die die aktuelle globale Verbreitung des Virus COVID-19 protokolliert, fällt einem eines auf. In allen Ländern, in denen es eine nennenswerte Zahl an Infektionen gibt, gibt es auch Todesfälle. In allen, außer in einem: in Deutschland. Dort soll es, obwohl die Zahl der bestätigten Infektionen bereits bei 937 (Stand 08.03. mittags) liegt, zu keinem Todesopfer gekommen sein.
Kann das sein? Nein. Nimmt man die entsprechenden Zahlen aus Nachbarländern zum Vergleich, läge das Ergebnis irgendwo zwischen zehn und 34, aber keinesfalls bei Null. Nachdem in Deutschland eher mehr Hochaltrige (2) leben als in Spanien oder Italien, müsste im Grunde auch die Zahl der ernsthaft bis tödlich verlaufenden Fälle von COVID-19 höher liegen.
Es hat bisher noch niemanden gestört. Das ist ein Zeichen einer ernsten Disfunktionalität der Medien – diese Abweichung ist so auffällig, man stolpert darüber, sobald man auf die besagte Webseite geht, und alle gehen sie auf diese Seite.
Die Frage müsste auf allen Lippen liegen: wohin verschwinden die deutschen Toten? Wurde da schon wieder mal die Losung ausgegeben, die Bevölkerung nicht mit unnötiger Information zu beunruhigen? Oder wurde – das ist die wahrscheinlichste Erklärung – vorsichtshalber schon mal gar nicht nachgesehen?
Dabei ist es schon eine besondere Leistung, in Deutschland nicht ausgiebig auf COVID-19 zu testen. Schließlich wird der Test in Berlin produziert (3) und von dort aus in alle Welt verschickt. Aber das Web (und in diesem Falle sogar die Mainstreampresse) ist voller Berichte vergeblicher Versuche, sich testen zu lassen; die Krankenkassen zahlen den Test nur, wenn sowohl eine Reise in ein Hochrisikogebiet als auch Symptome vorliegen, und ansonsten werden wohl gern mal zwei-, dreihundert Euro für einen Test verlangt, der laut Hersteller 'einschließlich Laborarbeiten höchstens zehn Euro' kosten dürfte. Dass da ein Geschäft gemacht wird, sollte nicht wundern. Es wäre allerdings der Job eines echten Bundesgesundheitsministers, dafür zu sorgen, dass die Tests ihre Funktion erfüllen können.
Ihre Funktion nämlich liegt in der Prävention – nur wenn möglichst flächendeckend getestet wird, können die momentanen Verbreiter erkannt und die weitere Verbreitung des Virus durch passende Maßnahmen erschwert werden. Je weniger Energie auf die Erkennung der Überträger in einem frühen Stadium verwandt wird, desto gravierender werden später die Maßnahmen, die überhaupt noch Wirkung zeigen können.
Und nein, das Böse bedarf keiner bösen Absicht. Klar, dass der Herr Spahn die Leistung liefert, die von ihm erwartet werden kann – warme Luft absondern und das Bestehende schön reden -, aber da greifen so viele Probleme ineinander, dass man hinterher, also in ein, zwei Jahren, wenn wenigstens die erste Welle durch ist, mit viel Aufräumerei beschäftigt sein dürfte, aber jetzt nur konstatieren kann, dass eine kaputte Maschine halt auf ein Fingerschnipsen hin nicht wieder läuft. Die wirkliche Entscheidungsgewalt liegt nämlich, das sagt der Herr Gesundheitsminister wohlweislich nicht, bei den Gesundheitsämtern.
Die sind kommunal finanziert, was sich in weiten Teilen des Landes schlicht in unterbesetzt und unterfinanziert übersetzt; da sitzt eine verzweifelte Amtsärztin auf einer von eigentlich zwei Stellen, weil sich für die zweite schon niemand findet, und versucht, irgendwie die Schulvoruntersuchungen, die Gesundheitsuntersuchungen für die Gastro und den ganzen restlichen amtsärztlichen Kram wie eventuelle TBC-Reihenuntersuchungen auf die Reihe zu bekommen u...