330 Tage dauert der Krieg in der Ukraine nun. Er bringt unermessliches Leid über Millionen von Menschen, verändert aber auch die politische, wirtschaftliche und psychologische Landkarte Europas fundamental. Barbara Bleisch im Gespräch mit dem renommierten Osteuropaexperten Ivan Krastev.
Bald ist es ein Jahr her, seit die russische Armee die Ukraine überfiel. Die Folgen sind verheerend: Ganze Städte sind zerstört, Felder und Häuser vermint, Millionen sind geflohen. Der Krieg verändere aber nicht nur die Ukraine selbst, sondern ganz Europa, vermutlich gar die ganze Welt, sagt Ivan Krastev. Entscheidend sei dabei nicht nur, was auf dem Schlachtfeld passiere, sondern auch, wer welcher Partei die Stimme gebe. Die Wahlen in den USA, in Russland, Polen und der Ukraine, aber auch in Taiwan werfen ihre langen Schatten voraus.
Der aus Bulgarien stammende Politologe Ivan Krastev, der in Wien und in Sofia wohnt und eine der meistbeachteten Stimmen ist, wenn es darum geht, die politischen Bruchlinien dieser Zeit zu analysieren, sieht eine weltumspannende Krise des Liberalismus aufziehen, die sich an den Wahlurnen entscheiden wird und nicht in der Ukraine. Wie bleiben die Menschen als Gesellschaft resilient in der Krise? Was nährt den Liberalismus und weshalb ist es von zentraler Bedeutung, den Osten Europas zu begreifen, um die Welt zu verstehen? Barbara Bleisch fragt nach.