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Tagesdosis 17.12.2019 – Pipeline to Hell (Podcast)


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Ein Kommentar von Dirk Pohlmann.
Das US Parlament hat beschlossen, Sanktionen gegen die Firmen zu verhängen, die am Bau der Pipeline Nordstream 2 beteiligt sind. Was jetzt noch fehlt, ist die Zustimmung von Präsident Trump. Wie seine Entscheidung ausfallen wird, ist klar. Washington masst sich an, darüber entscheiden zu können, von wem Deutschland seine Energie beziehen soll. Es mache sich durch die Pipeline von Russland abhängig, was die übergriffig fürsorgliche USA verhindern wolle. Dass sie nebenbei auch ein Geschäftsinteresse an dieser Entscheidung hat, schließlich will sie sicherstellen, dass die Deutschen teures Fracking-Gas aus den USA beziehen, wird in der Entscheidung nicht erwähnt.
Die USA benehmen sich erneut wie ein Schulhofschläger, der Jacke und Handy von einem Opfer einfordert. Das ist nicht neu. Neu ist: Es regt sich Widerstand in der deutschen Politik, in der Wirtschaft und in den Medien gegen diese Entscheidung. Es wird sogar über Gegenmaßnahmen nachgedacht. So etwas dürfe man sich nicht bieten lassen, heißt es. So weit, so gut. Erstaunlich ist, dass der Eindruck entsteht, es sei das erste mal, dass die USA sich so verhalten. Der Geschichts-Alzheimer der deutschen Medien setzt auch bei diesem Thema ein. Er verhindert zuverlässig eine Mustererkennung beim Publikum. Nämlich, die Realitätswahrnehmung, dass es sich bei den Beziehungen der USA zu Europa, mit Ausnahme Großbritanniens, das bald auch formal nicht mehr dazugehört, nicht etwa um Beziehungen unter Freunden handelt, sondern um eine Beziehung Herr und Diener, Hegemon und Vasallen.
Beim Öl hört die Freundschaft auf.
Der italienische Industriemanager Enrico Mattei starb 1962 sozusagen an Ölvergiftung. Mattei stürzte mit seinem Privatjet beim Landeanflug auf Mailand ab. Dass es sich um einen Flugunfall in schlechtem Wetter gehandelt habe, so die offizielle Version, glaubten nur Italiener, die sich das aus politischen Gründen unbedingt einreden mussten. Man könnte es die „Deutsche Krankheit“ nennen, von der aber auch Angehörige anderer Nationen befallen werden können. Erst Jahrzehnte später sickerte die Wahrheit durch. Anfang dieses Jahrhunderts wurde auch offiziell festgestellt, dass Mattei und 2 weitere Menschen an Bord seines kleinen Jets einem Bombenanschlag zum Opfer gefallen waren. In den exhumierten Leichen fanden sich Metallsplitter in den Knochen. 
Mattei hatte es gewagt, die ungeschriebenen Spielregeln des Ölhandels zu missachten. Und die lauten: Die USA bestimmen das Öl-Geschäft. Mattei hatte nach dem 2. Weltkrieg die Aufgabe, die von den Faschisten gegründete Ölfirma AGIP abzuwickeln – und tat das Gegenteil. Er machte aus AGIP ENI, einen Konzern. Mattei war der Hauptverantwortliche für den Aufstieg Italiens zu einer Industrienation nach dem 2. Weltkrieg. Er baute eine eigene Tankerflotte, um den Preisschwankungen des Erdöls nicht ausgeliefert zu sein, er entwickelte die Bohrinseln, wie wir sie heute kennen. Und vor allem: er beteiligte die Länder, in denen das Erdöl gefödert wurde, mit 75 Prozent statt 25 Prozent an den Einnahmen aus dem Erdöl. Einfach, indem er die Amerikaner aus dem Geschäft ausschloss, die als Paten überall dabei zu sein forderten. Was bei den Anrainerstaaten des Mittelmeers Mattei zum bevorzugten Geschäftspartner machte, nicht die US Firmen. Mattei war brilliant, geschäfstüchtig und aufsässig. 
Er kaufte Erdöl von Mossadegh, den iranischen Präsidenten, der es gewagt hatte, das eigene Erdöl für den Aufbau seines Landes verwenden zu wollen, statt für den Profit Angloamerikas bereit zu stellen und deswegen von den USA und Großbritannien in einer gemeinsamen CIA Operation weggeputscht wurde, so wie jetzt Evo Morales wegen der Nutzung von 70% des weltweit vorhandenen Lithiums in seinem Land für den Aufbau seines Landes weggeputscht wurde. 
Noch viel schlimmer: Mattei schloss das größte Erdölgeschäft, dass es jemals in Italien gegeben hat, mit der Sowjetunion ab.
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