Die deutsche Marine soll wieder nach Libyen, um die dortigen „War Lords“ zu kontrollieren. Die wahren Kriegsprofiteure kommen jedoch nicht aus Libyen und werden von Deutschland unterstützt.
Ein Kommentar von Christiane Borowy.
Libyen ist Deutschlands drittgrößter Lieferant für Erdöl (1). Während in Deutschland selbst von politischer und massenmedialer Seite her jeden Tag die Aufmerksamkeit darauf gelenkt wird, ob und dass die Kinder ab Mai wieder in die Schule dürfen, beachtet kaum jemand, dass trotz der Corona-Pandemie das militärische Geschäft weltweit weitergeht.
Zwar heißt es vor wenigen Tagen am 27.April 2020 auf RP online: „Auch die Pandemie kann die Konfliktparteien nicht stoppen“, doch damit ist nicht das große transatlantische kriegerische Geschäft gemeint. Vielmehr seien es libysche „War Lords“, die für Unruhe sorgen und das Land destabilisieren. Die Leitmedien inklusive der Tagesschau berichten also gerade täglich dasselbe und entwerfen ein düsteres Bild von Libyen.
Die USA haben jedoch, auch mit der Unterstützung Deutschlands, das Land durch die Bombardierung im Jahr 2011 zuerst destabilisiert, um an dem Handel mit Erdöl zu verdienen. Historiker streiten sich sogar darum, ob es im Vorfeld bereits verdeckte Operationen gab, um die Region zu schwächen. Doch in den deutschen Medien wird der Spieß umgedreht und behauptet, dass von Libyen Terror ausgeht und deshalb über das Mittelmehr eine gigantische Flüchtlingswelle Europa überschwemmt.
Völlig unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit, die mit Corona beschäftigt wird, soll aktuell im Bundestag über die Einzelheiten eines Einsatzes der Bundeswehr, innerhalb einer von der EU beschlossenen so genannten Marine-Mission, in Libyen beraten werden.
Vor kurzem, als das noch ganz unkompliziert möglich war, saß ich in einem Café, um bei einem guten Buch und Kaffee meinen Nachmittag zu genießen. Die Sonne schien und es herrschte lebendiges Treiben in der Stadt. Die Menschen hatten gute Laune und über eine kleine Bemerkung zu diesem herrlichen Wetter kam ich mit meinem Tischnachbarn ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er aus Libyen stammt. „Oh, da haben Sie sicher viel Kriegsleid erlebt“, sagte ich. Er bestätigte das und erzählte mir, dass er allerdings schon 15 Jahre in Deutschland sei und dass es seiner Familie jetzt gut ginge. Sein Sohn würde gerade seine Ausbildung bei der Bundeswehr machen! Mir fiel fast die Kaffeetasse aus der Hand.
Wie der Zufall das so will, las ich gerade ein Buch über Friedensgespräche. Dies hielt ich hoch und sagte: „Gucken Sie mal, was ich gerade lese“. Wir haben gelacht. Da hatten sich ja die Richtigen getroffen. Es entwickelte sich ein spannendes Gespräch, in dem ich ihn natürlich gleich zu Beginn fragte, warum er als kriegsleidgeprüfter Mensch seinen Sohn anstatt mit Bauchschmerzen mit Stolz zur Bundeswehr schickt. Das fand ich interessant. „Ach, wissen Sie, im Krieg geht es doch immer nur um Geld. Die, die kein Geld haben, sind die größten Verlierer im Krieg. Ich bin jetzt hier in Deutschland, und mir geht es jetzt sehr gut. Dafür bin ich dankbar und ich möchte diesem Land, das mir geholfen hat, etwas zurückgeben und die Bundeswehr ist ein guter Arbeitgeber. Mein Sohn wird gut bezahlt und kann dort Karriere machen“. „Ja schon, aber die Bundeswehr ist ja ein Arbeitgeber, bei dem es ja schon durchaus sein kann, dass Ihr Sohn zu einem Auslandseinsatz muss, denn die Bundeswehr ist an mehreren Kriegen beteiligt“. Er lächelte mich an und holte ein Foto seines Sohnes aus seinem Portemonnaie „Sehen Sie, das ist er. Er ist glücklich. Er wird bestimmt nicht ins Ausland geschickt, da sind erstmal andere dran“. Es war ein interessantes Gespräch, er war ein sehr gebildeter Mann und wir haben uns auch noch über die reiche Kultur in Nordafrika und Libyen und über Musik und Bücher unterhalten. In diesem Gespräch wurde zwar klar, dass wir völlig verschiedene Weltanschauungen haben,