In der vorliegenden Arbeit wurde die pränatale Entwicklung und Morphologie des bovinen Nabelstrangs untersucht. Hierfür wurde die Nabelschnur von Feten ab dem 2.
Graviditätsmonat (SSL 2,5 cm) bis zum geburtsreifen Kalb im 9. Monat (SSL 89 cm) verwendet. Neben lichtmikroskopischen (routinehistologischen, immun- und
glykohistochemischen) Färbungen wurden elektronenmikroskopische Techniken angewendet.
Dabei besitzt die Nabelschnur des Rindes zu jedem Gestationszeitpunkt zwei Nabelvenen, zwei Nabelarterien und einen Urachus, die allesamt in der Wharton Sulze (WS) eingebettet sind. Bis zu einer SSL von 26 cm können in der Nabelschnur des Rindes das extraembryonale Nabelzölom und die Reste des Dottersackganges beobachtet werden. Die Nabelschnur wird außen ausschließlich vom Amnionepithel umgeben.
Das Amnionepithel besteht aus ein- und mehrschichtigen Bereichen. Bei den mehrschichtigen
Arealen handelt es sich meist um lokal begrenzte, glykogenreiche Amnionepithelwarzen
(Plaques), die der Oberfläche einen zottenartigen Charakter verleihen. Ihre Anzahl steigt im
Laufe der Entwicklung an. Ab einer SSL von 42 cm (6. Monat) scheinen die nun dicht
stehenden Warzen zu fusionieren, so dass nun auch über größere Strecken mehrschichtige
Amnionepithelbereiche auftreten. Im 7. Trächtigkeitsmonat (SSL 53 cm) beginnt das
Amnionepithel stellenweise zu verhornen. Zahlreiche desmosomale Zellverbindungen und
Interdigitationen der Plasmamembranen der Amnionepithelzellen sprechen für eine hohe
mechanische Festigkeit des Amnionepithels. Die zum Teil erheblich erweiterten
Interzellularräume zwischen den Epithelzellen sowie der hohe Mikrovillibesatz der apikalen
Zellschichten deuten auf Sekretions- und Resorptionsprozesse hin.
Im Gegensatz zu anderen Gefäßen besitzt die Nabelvene des Rindes eine gut ausgebildete
Lamina elastica interna, wohingegen sie in der Nabelarterie fehlt. Die Muskelzellen der
Nabelvene sind weit voneinander durch Bindegewebe getrennt, wodurch die Diffusion und
der Transport von Nährstoffen erleichtert werden. Beide Gefäße besitzen Vasa vasorum und
bestehen während der ganzen fetalen Entwicklung aus α-smooth-muscle-Aktin (αSMA)
exprimierenden Muskelzellen. Die bovinen Nabelgefäße sind nicht innerviert. Dies wurde
auch durch das Ergebnis der immunhistologischen Untersuchung des S100 Proteins bestätigt.
Die Ultrastruktur der Endothel- und glatten Gefäßmuskelzellen der Nabelgefäße gibt
Hinweise auf eine hohe Proteinsyntheseleistung sowie auf einen regen Stofftransport dieser
Zellen.
Die bovine WS wird von zahlreichen feinen Blutgefäßen durchzogen. Sie wird im Laufe der
fetalen Entwicklung zell- und grundsubstanzärmer, jedoch faserreicher. Im Gegensatz zu der
makroskopisch einheitlich erscheinenden WS, stellt sie sich bei mikroskopischer Betrachtung
heterogen dar. Dabei lassen sich der Bereich um den Urachus, die schwach ausgebildete
Adventitia sowie unter dem Amnionepithel befindliche WS-Bereiche von der restlichen
zentralen WS abgrenzen. Der Eindruck der Heterogenität entsteht durch den unterschiedlichen
Zellgehalt, durch die Ultrastruktur der Zellen, durch das Verteilungsmuster der
Intermediärfilamente und des αSMA sowie durch das Lektinbindungsmuster und durch die
Reaktionen in der Alcianblau-Färbung. Besonders auffällig ist die Entstehung einer breiten
Schicht αSMA-exprimierender Muskelzellen in der WS subepithelial unter dem
Amnionepithel, wobei ein sphinkterähnlicher Muskelring gebildet wird.
Der Urachus weist zunächst ein einschichtiges Epithel auf, das im Laufe der Entwicklung
jedoch mehrschichtig wird. Ab einer SSL von 26 cm (4. Trächtigkeitsmonat) wird er von
zirkulär angeordneten Muskelzellen umgeben.
Um das Vorkommen und die Verteilung bestimmter Zuckergruppen in der bovinen
Nabelschnur zu bestimmen, wurde das Bindungsmuster verschiedener Lektine untersucht.
Dabei konnte mit Con A, WGA, ECA, GSA I, PNA und VVA eine deutliche, mit SBA, UEA
I und LTA jedoch nur eine schwache Reaktion hervorgerufen werden.
Weiterhin ließ sich