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Verarmen für die Geopolitik | Von Karsten Montag


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Ein Standpunkt von Karsten Montag.
Während sich bei der Energieversorgung eine Katastrophe anbahnt, hält die Bundesregierung an den Sanktionen gegen Russland fest. Zukünftig will sie die Lücken mit dem Import von Fracking-Gas aus den USA kompensieren, einem Land, das für die schwersten Völkerrechtsbrüche der letzten Jahrzehnte verantwortlich ist. Die Abhängigkeit der deutschen Regierung von den geopolitischen Zielen der USA ist deutlicher denn je – die Reaktion der Bürger auf die anstehende Massenverarmung noch offen.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ermittelt monatlich im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die Einfuhren von Erdgas nach Deutschland sowie die jeweiligen Grenzübergangspreise. Gemäß den Angaben der Behörde liegt der Preis für das erste Halbjahr 2022 im Schnitt um das Dreifache höher im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2021.

Abbildung 1: (für größere Darstellung Bild anklicken) Importierte Gasmengen in Megawattstunden (MWh) (linke Y-Achse) und Grenzübergangspreise in Euro je MWh (rechte Y-Achse) für Deutschland, Datenquelle: BAFA
Allein durch diese Preissteigerung sind Deutschland von Januar bis Juni 2022 im Verhältnis zum Vergleichszeitraum im Vorjahr Mehrkosten von knapp 19 Milliarden Euro entstanden – und das für eine Gasmenge, die um ein Viertel geringer ist als diejenige im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Angenommen, Deutschland importiert im zweiten Halbjahr 2022 die noch fehlenden Gasmengen zum Vergleichszeitraum Januar bis Dezember 2021 zum Preis vom Juni 2022, würden Bürgern und Unternehmen 2022 im Vergleich zu 2021 Mehrkosten in Höhe von 48 Milliarden Euro entstehen.
Gasversorger können auf zweierlei Weise für ihre Kunden Gas beschaffen. Über langfristige Terminverträge mit Gasimporteuren sichern sie sich einen konstanten Preis ab. Verträge mit dem halbstaatlichen russischen Gaserzeuger Gazprom und dem Großimporteur Uniper laufen zum Teil noch bis Mitte der 2030er Jahre. Kurzfristig können jedoch auch am Spotmarkt Gasmengen hinzugekauft werden. Der Handel kann über Börsen wie die Leipziger Energiebörse EEX oder als OTC-Handel (OTC: over the counter) mit den Lieferanten stattfinden.
Obwohl Gazprom bisher seine langfristigen Lieferverträge eingehalten hat, hat das russische Unternehmen bereits Ende 2021 damit angefangen, weniger Gasmengen für den Spotmarkt bereitzustellen, ohne dabei bestehende Verträge zu brechen. Der deutsche Industriefachverlag Hürthig vermutete in einem Beitrag seines Magazins Chemietechnik im Januar 2022, dass sowohl der Konflikt um die fertige, aber noch nicht genehmigte Gas-Pipeline Nord Stream 2 als auch der bevorstehende bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine eine Rolle bei der Minderung der Gasmengen spielten. Wartungsarbeiten an der Pipeline von Nord Stream 1 verursachen aktuell weitere Minderungen der Gaslieferungen.

Abbildung 2: (für größere Darstellung Bild anklicken) Gaslieferungen aus Russland in Gigawattstunden, Datenquelle: entsog transp...
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