Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Am gestrigen Donnerstag, dem 20. Juli, kam ein innovativer Lösungsvorschlag zur Ukraine-Krise aus Moskau, der auf verblüffende Weise die US/NATO-Regierungseliten aus der Sackgasse führt, in die sie sich selbst hineinmanövriert haben. Zugleich erfüllt der Vorschlag alle russischen Bedingungen bezüglich einer NATO-freien Ukraine. Der Lösungsentwurf, der von der deutschen Staatsbürgerin Frau Dagmar Henn stammt, wurde prompt auf „Russia Today Deutsch (RT-D)“ veröffentlicht.
Frau Henn lebt seit einiger Zeit in Moskau im Exil. Zuvor hatte sie bereits in Deutschland bei RT-D veröffentlicht und mit ihren viel beachteten, bestechend klaren Analysen die Aufmerksamkeit der bezahlten politischen Tugendwächter erregt, die gegen sie mobilisiert haben. Da die Bundesregierung inzwischen im besten und freiheitlichsten Deutschland, das es je gab, die Verbreitung unbeliebter Meinungen und politisch nicht konformer Wahrheiten unter Strafe gestellt hat, hat sich Frau Henn noch rechtzeitig ins russische Exil gerettet.
Spätestens seit dem NATO-Gipfel ist unübersehbar, dass der Westen in einer Sackgasse steckt, leitet Henn ihren Artikel ein. Da gibt es nach wie vor den Konflikt zwischen den Russland- und den Chinakriegern in Washington, aber nachdem die ukrainische Offensive ein Rohrkrepierer war und nicht nur die westlichen Wunderwaffen, sondern auch gewöhnliche Munition allmählich ausgehen, ist klar, dass irgendein Ausweg aus der Nummer den meisten im kollektiven Westen recht wäre. Selbst wenn die westlichen Medien es immer noch nicht lassen können, einen Sieg der Ukraine herbeizuträumen, realistisch ist das nicht; nicht einmal, wenn Polen und Litauen einsteigen würden (was momentan selbst den Russlandkriegern in Washington zu riskant ist).
Allerdings ist das nicht ganz so einfach. Ein Einfrieren des Konflikts wird sich Russland nicht bieten lassen, warum auch. Kiew hat inzwischen so viele Soldaten verheizt, dass die ukrainische Armee in die Kreisklasse abgestiegen ist und sich die Frage stellt, wann sie kollabiert. Für die Russen gibt es schlicht keinen Grund, auf die Erfüllung der Ziele der militärischen Sonderoperation zu verzichten.
Die RAND Corporation, die renommierte Denkfabrik des US-Militärs, hatte ja bereits vor Monaten darüber spekuliert und sogar Überlegungen getätigt, die inzwischen in die Russische Föderation integrierten Gebiete im Rahmen eines Friedensschlusses als solche zu akzeptieren. Ganz jenseits des Mantras, die Ukraine werde entscheiden, ist ohnehin jedem klar, dass genau dies nicht der Fall ist und eine Entscheidung über das Schicksal dieser US-Kolonie einzig in Washington gefällt wird.
Aber mit dem RAND-Vorschlag gibt es nicht nur das Problem, dass Russland nicht mitspielen wird, bzw. gar nicht mitspielen kann, sofern die Bedrohung für das eigene Land nicht dauerhaft beseitigt ist.
Und dann gibt es als zusätzliches Problem noch die anstehenden US-Wahlen, die dafür sorgen, dass die Biden-Regierung auf keinen Fall eine weitere derart sichtbare Niederlage wie in Afghanistan einstecken will. Zugleich hat die maximalistische Rhetorik der letzten Monate, wie die ständige Ankündigung, die Krim zurückzuerobern, dafür gesorgt, dass jedes Nachgeben einer Niederlage gleichkommt.
Eine Fortsetzung der Kampfhandlungen bis zum Zeitpunkt der US-Wahlen ist aber ebenfalls kaum vorstellbar, weil im Grunde ohne Zuführung zusätzlicher (NATO-)Truppen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die ukrainische Armee überhaupt bis November kommenden Jahres besteht. Gleichzeitig ist nicht nur die Erschöpfung der Lagerbestände bei Ausrüstung und Munition ein erschwerender Faktor, sondern auch der zunehmende Unmut europäischer Bevölkerungen über die Folgen der Sanktionen gegen Russland und der Finanzhilfen für die Ukraine, wenn zu Hause überall das Geld fehlt. Auch hier ist kaum vorherzusehen, wie sich die Lage bis November 2024 entwickelt.