Im Schatten des zunehmend stärker werdenden globalen Südens agiert der illiberale Westen immer totalitärer und realitätsferner.
Ein Kommentar von Pepe Escobar.
Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!
Bisher erschien die Welt noch sehr geordnet: Der Nordwesten reich und mächtig, Osten und Süden arm und ohnmächtig. Der Nordwesten liberal, der Rest illiberal und daher umerziehungsbedürftig. Doch so einfach kann man sich die Welt von heute nicht mehr zurechterklären. Der globale Süden agiert inzwischen weitaus selbstbewusster, seine Länder schließen sich zu größeren Gemeinschaften zusammen. Als natürliche Partner sehen die aufstrebenden Nationen eher Moskau und Peking als den Westen. Ein Grund dafür könnte sein, dass die „freie Welt“ durch einen Moralismus nervt, den sie selbst in keiner Weise mehr mit Sinn und Inhalt zu füllen vermag. Der Liberalismus selbst ist illiberal geworden und versucht sich den ganzen Globus totalitär zu unterwerfen. Immer weniger Länder spielen dabei mit.
Schnell, aber nicht rasend: der Globale Süden kommt in Fahrt. Die wichtigste Erkenntnis des BRICS+-Gipfels in Peking, der in scharfem Kontrast zum G7-Gipfel in den bayerischen Alpen stattfand, ist, dass sowohl der Iran aus Westasien als auch Argentinien aus Südamerika offiziell die BRICS-Mitgliedschaft beantragt haben.
„Entweder sind Sie bei uns oder sie sind eine ‚systemische Herausforderung‘. Schließlich befinden wir uns tief im Spektrum des Metaversums, wo die Dinge das Gegenteil von dem sind, was sie zu sein scheinen.“
Das iranische Außenministerium hob hervor, dass die BRICS „einen sehr kreativen Mechanismus mit umfassenden Aspekten“ haben. Teheran — ein enger Partner sowohl Pekings als auch Moskaus — hat bereits „eine Reihe von Konsultationen“ über den Antrag geführt: Die Iraner sind sicher, dass dies einen „Mehrwert“ für die erweiterten BRICS darstellen wird.
Apropos China, Russland und Iran sind sooooo isoliert. Nun, wir befinden uns schließlich tief im metaversen Spektrum, wo die Dinge das Gegenteil von dem sind, was sie zu sein scheinen.
Moskaus Hartnäckigkeit, Washingtons Plan A, einen paneuropäischen Krieg zu beginnen, nicht zu folgen, rüttelt an den Nerven der Atlantiker bis ins Mark. Gleich nach dem G7-Gipfel, der bezeichnenderweise in einem ehemaligen Nazi-Sanatorium stattfand, tritt die NATO in voller Kriegsmontur auf.
Willkommen zu einer Schau der Grausamkeiten mit der totalen Dämonisierung Russlands, das als die ultimative „direkte Bedrohung“ bezeichnet wird, der Aufwertung Osteuropas zu einer „Festung“, dem Vergießen von Tränen über die strategische Partnerschaft zwischen Russland und China und — als zusätzlicher Bonus — dem Brandmarken Chinas als „systemische Herausforderung“.
Da haben Sie es: Für die NATO/G7-Kombo sind die Führer der aufstrebenden multipolaren Welt sowie die großen Teile des globalen Südens, die sich anschließen wollen, eine „systemische Herausforderung“.
Die Türkei unter dem Sultan von Swing — globaler Süden im Geiste, Seiltänzer in der Praxis — hat buchstäblich alles bekommen, was sie wollte, um Schweden und Finnland großmütig den Weg zur Aufnahme in die NATO freizumachen.
Man kann Wetten darauf abschließen, welchen Blödsinn sich die NATO-Flotten im Baltikum gegen die russische Baltische Flotte einfallen lassen werden, um anschließend verschiedene Visitenkarten von Herrn Khinzal, Herrn Zircon, Herrn Onyx und Herrn Kalibr zu verteilen, die natürlich in der Lage sind, jede NATO-Permutation,