Ein Kommentar von Christian Kreiß.
Der Verfall moralischer Standards verlangt nach immer mehr hoch bezahlten Experten, deren Arbeit keinen produktiven Nutzen bringt, die uns alle aber ärmer machen.
Am 13. November 2023 entschied das Finanzgericht Hamburg, dass die in den Cum-Ex-Skandal verwickelte Privatbank M. M. Warburg nicht 155 Millionen Euro Steuerrückforderungen bekommen wird (1). Im Cum-Ex-Steuerskandal wurde der deutsche Staat um etwa 36 Milliarden Euro betrogen (2). Das ist damit wohl der mit Abstand größte Steuerbetrug der deutschen Geschichte. Bei diesem Betrug waren eine Fülle von Rechtsexperten, Steueranwälten, Rechtsanwälten und hoch bezahlten Finanzspezialisten beteiligt. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, welche gesellschaftlichen Auswirkungen die Zunahme dieser und ähnlicher Berufsgruppen hat (3).
Steuerberater
Die Anzahl der Steuerberater in der deutschen Bundessteuerberaterkammer betrug 1962 knapp 24.000. 1980 waren es 37.400, im Jahr 2000 61.800, und 2022 gab es 89.800 (4). Gegenüber 1962 hat sich die Zahl der Steuerberater in Deutschland also um 274 Prozent erhöht beziehungsweise ist auf das 3,7-Fache gestiegen. Da viele Steuerberater Angestellte haben, ist die Gesamtzahl der Menschen, die sich um Steuerfragen kümmern, deutlich höher als 89.900.
Die Aufgabe der Steuerberater: Steuerlast von den Reichen auf die Armen verschieben
Was tun Steuerberater? Sie versuchen, die Steuerlast ihrer Mandanten, seien es Unternehmen oder vermögende Privatpersonen, zu minimieren. Wer zahlt dann die Steuern? Diejenigen, die sich keinen Steuerberater leisten können oder keinen brauchen, weil ihr Einkommen zu niedrig ist. Die ökonomische Aufgabe von Steuerberatern ist also, die Steuerlast von den Wohlhabenden zu den weniger Wohlhabenden zu verschieben, die Reichen reicher zu machen und die Armen ärmer.
Steuerberater erbringen — rein volkswirtschaftlich betrachtet — keine gesamtwirtschaftliche Nutzenerhöhung, sondern bewirken lediglich eine Umverteilung bereits produzierter Güter und Dienstleistungen zugunsten der Wohlhabenden.
Je mehr Steuerberater wir haben, desto geringer wird daher der reale gesamtwirtschaftliche Nutzen, da ihr Fleiß von anderen, produktiven, wertschöpfenden, Tätigkeiten abgezogen wird.
Volkswirtschaftlicher Schaden durch Steuerberater
Eine britische Studie aus dem Jahr 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit von Steuerberatern gesamtgesellschaftlich betrachtet nicht nur keinerlei Nutzen bringt, sondern einen großen Schaden anrichtet, weil sie dafür sorgt, dass die Regierung hohe Summen an Steuereinnahmen gerade durch die reichsten Menschen im Land, die am ehesten Geld für Steuern entbehren könnten, verliert. Laut dieser Studie wird der gesamtgesellschaftliche Schaden pro britischem Pfund Einkommen eines hoch bezahlten Steuerberaters auf satte 47 Pfund geschätzt (5). Der gesamtgesellschaftliche Schaden der Steuerberaterzunft ist demnach gigantisch groß. Der Cum-Ex-Skandal zeigt beeindruckend, dass diese Analyse nicht aus der Luft gegriffen ist.
Manche Steuerberater spüren dies auch intuitiv. David Graeber zitiert in seinem sehr lesenswerten Buch „Bullshit Jobs“ einen Unternehmens-Steueranwalt aus Canberra:
„Ich trage nichts zu dieser Welt bei und fühle mich die ganze Zeit über völlig unglückli...