Ein Kommentar von Thomas Röper.
Litauen hat eine teilweise Blockade der russischen Exklave Kaliningrad verkündet. Was bedeutet das und welche Reaktionen sind aus Russland zu erwarten?
Die Provokation Litauens gegenüber Russland ist kaum hoch genug zu bewerten. Litauen hat die russische Exklave Kaliningrad unter eine teilweise Blockade gestellt und den Schienentransport von etwa der Hälfte aller Waren zwischen Russland und seiner Exklave verboten.
Als Litauen der EU beigetreten ist, wurde 2002 ein Vertrag zwischen Russland, Litauen und der EU geschlossen, der den Transit von Waren und Passagieren durch Litauen per Bahn garantiert hat. Dieser Vertrag war eine der Grundlagen für den litauischen EU-Beitritt. Diesen Vertrag hat Litauen mit Rückendeckung der EU nun gebrochen.
Litauen beruft sich dabei auf die EU-Sanktionen, die den Export bestimmter russischer Waren betreffen. Allerdings ist hier ja nicht von einem Export der Waren aus Russland die Rede, sondern von einem Transport der Waren aus dem russischen Mutterland in seine Exklave Kaliningrad und umgekehrt.
In Moskau spricht man von „offen feindseligen Handlungen“ und droht harte Konsequenzen an, wobei Hinterbänkler des russischen Parlaments sogar die militärische Durchsetzung des freien Warentransits ins Spiel bringen. Das ist zwar eher unwahrscheinlich, weil die Blockade Kaliningrads anscheinend relativ unproblematisch auf dem Seeweg umgangen werden kann und daher keine existenzielle Gefahr für die russische Exklave darstellt, aber dass Russland darauf sehr hart reagieren wird, gilt als sicher.
In jedem Fall dürfte diese Maßnahme und die Tatsache, dass die EU sie unterstützt, in Russland als weitere Bestätigung dafür angesehen werden, dass es sinnlos ist, mit der EU noch über irgendetwas zu reden oder zu verhandeln, wenn die EU bestehende Verträge nach Lust und Laune bricht. Wenn die EU einseitig Sanktionen verhängt, was laut Völkerrecht ohnehin nur der UNO-Sicherheitsrat tun darf, und diese Sanktionen dann als Rechtfertigung dafür genommen werden, jeden bestehenden internationalen Vertrag einfach zu brechen – wozu dann noch mit der EU reden oder gar Verträge mit ihr schließen?
Da es bisher nicht klar ist, wie Russland reagieren wird, aber dieser Fall sicher spätestens dann die Schlagzeilen beherrschen wird, wenn Russland auf die litauische Provokation reagiert, habe ich einen Artikel des ausgesprochen sachlichen russischen Wirtschaftsportals RBC übersetzt, der die aktuelle Situation und ihre möglichen Folgen zusammenfasst. Die Links habe ich aus dem Original übernommen.
Beginn der Übersetzung:
Wozu das Verbot der Durchfuhr sanktionierter Waren nach Kaliningrad führt
Litauen hat unter Berufung auf die EU-Sanktionen den russischen Eisenbahnverkehr in das Kaliningrader Gebiet eingeschränkt, indem es den Transport von Gütern, die unter die Sanktionen fallen, verboten hat. Moskau bezeichnete die Maßnahme als beispiellos und beabsichtigt, darauf zu reagieren.
Welche Fracht von Litauen verboten wurde
Litauen, Mitglied der Europäischen Union und der NATO, hat den Bahntransit von russischen Gütern, die unter die EU-Sanktionen fallen und aus den russischen Regionen nach Kaliningrad gehen, verboten. Das wurde am 18. Juni durch eine Erklärung des Gouverneurs der Region Kaliningrad, Anton Alichanow, bekannt (die Region ist eine russische Enklave, d.h. sie hat keine gemeinsame Landgrenze mit dem Hauptgebiet des Landes, aber Zugang zum Meer).
Die Liste der Waren, deren Transit aus dem Hoheitsgebiet Russlands in das Hoheitsgebiet seiner Exklave verboten ist, ist in der letzten Ausgabe der Verordnung des Rates der Europäischen Union (Nr. 833/2014 „Über restriktive Maßnahmen im Zusammenhang mit den Handlungen Russlands zur Destabilisierung der Ukraine“) festgelegt. Sie enthält ein Verbot der Einfuhr, des Transfers oder der Beförderung von Erzeugnissen aus Eisen,