apolut Podcast Archive - apolut.net

Wenn die Touristen eines Tages wieder weg sind… | Von Paul Soldan


Listen Later

... gehen wir halt wieder fischen
Ein Standpunkt von Paul Soldan.
Sansibar – ein Name, der Sehnsucht nach Exotischem weckt: Kokospalmen, Mangobäume, wunderschöne weiße Sandstrände sowie zahlreiche edle Hotelanlagen, die sich die gesamte Ostküste entlang erstrecken. Ein kleines Korallenarchipel im Indischen Ozean an der Küste Afrikas. Menschen aus der ganzen Welt haben bislang mitunter tief in die Tasche gegriffen, um sich ihr Fernweh vom orientalischen Inselflair stillen und sich ihren Stress von der tropischen Sonne hinwegbräunen zu lassen. Der Tourismus hat die halbautonome, zum Staat Tansania gehörende Inselrepublik vor einiger Zeit geöffnet und sie mit dem modernen westlichen, dem libertären und technologisierten Lebensstil in Bekannschaft gebracht. In der aktuellen turbulenten Umbruchszeit stellt sich jedoch die Frage, wie beziehungsweise ob es mit dem weltweiten Massentourismus weitergeht. Schließlich wurde kürzlich das Ende des Zeitalters fossiler Energieträger eingeleitet, was fortan Flugreisen erheblich reduzieren dürfte. Zudem könnten sich die Menschen bald grundsätzlich mit dem Abbau der Flug- und Reisefreiheit konfrontiert sehen. Die wichtigste Frage jedoch ist, was „wir“ aus dem Westen von einem Besuch wirklich mitnehmen können, außer einem Sonnenbad, einer Schnorcheltour und etwas kurzfristiger Erholung von unserem arg überreizten Leben – gerade heute.
Ohne Tourismus wäre wohl auf Unguja – der Hauptinsel Sansibars, fast doppelt so groß wie Rügen – nicht sehr viel los. Keine Hotelresorts mitten am Strand, keine ausländischen Besucher, keine Partys, kein Surfen, keine Arbeitsplätze, keine Einnahmen. Vermutlich würde das Leben auf der gesamten Insel genauso ablaufen wie in der Zeit, bevor die Touristen diese eroberten: ruhig, naturbelassen, autochthon. Fest verankert in ihren afrikanisch-muslimischen Traditionen. Tatsächlich zeigt sich aber, insofern man die touristischen Gebiete einmal verlässt, noch immer ein Bild, das stark an dieses alte traditionelle Leben erinnert.
Das Leben der Sansibaris ist einfach – nicht im Sinne von leicht, sondern von schlicht, von ursprünglich. Begibt man sich einmal in die echten Dörfer hinein, fällt einem schnell das kontrastreiche Erscheinungsbild zu den Orten auf, die die gut betuchten Reisenden zu Gesicht bekommen. Aus dem feinen weißen Sand werden als bald Wege aus steiniger roter Erde und aus den säuberlich weiß verputzten Bungalows oder Hotels kleine karge Häuschen aus rotem Lehm. Natürlich nicht jedes Haus, aber so viele, dass dieses Bild in Erinnerung bleibt.


Immer wieder sieht man gewaltige Mangobäume, während man durch die Dörfer streift und auf kleinen freien Flächen zwischen den Häusern zeigen sich zahlreiche Mini-Plantagen, unter anderem bestehend aus Tomatenstauden und Bananenbäumen.

Dazu thronen über allem die schlanken, hohen Kokospalmen. Jede Staude und jeder Baum befindet sich fest im Besitz eines Dorfbewohners. Es scheint, dass die Subsistenzwirtschaft, von der die Insulaner in der Vergangenheit stets lebten, bis heute das Leben der Menschen bestimmt. Sie betreiben Farming und halten sich Nutztiere wie Hühner, Enten, Ziegen und Rinder. Bei letzteren muss man zu jeder Zeit darauf gefasst sein, ihnen im Dorf, im Busch oder am Strand plötzlich über den Weg zu laufen. Die Männer fahren täglich in kleinen, selbst angefertigten Holzbooten zum Fischen hinaus und die Frauen sammeln bei Ebbe im knietiefen Wasser Muscheln, die sie anschließend in gewaltigen Säcken auf ihren Köpfen zurück ins Dorf tragen.
Die Fänge werden zum einen für den Eigenbedarf verwendet, getauscht oder auch verliehen, hauptsächlich aber verkauft. Ganz ohne Geld geht auch auf Sansibar nichts, da auch die Einheimischen ihre regelmäßigen Ausgaben haben: zum Beispiel für Elektrizität, Handyguthaben, Benzin oder Nahrungsmittel, die zugekauft werden müssen. Trotzdem scheint hier Geld untereinander im normalen Lebensalltag eine gerin...
...more
View all episodesView all episodes
Download on the App Store

apolut Podcast Archive - apolut.netBy apolut Podcast Archive - apolut.net