Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
Am 26. September 2022 wurde mittels mehrerer Sprengstoff-Anschläge auf die von Russland nach Deutschland auf dem Grund der Ostsee liegenden Pipeline-Stränge (Nord Stream 1 und 2) der russische Gastransport nach Deutschland vermutlich auf Dauer unterbrochen. Die vier gleichzeitigen Sprengungen können mit Fug und Recht als Terroranschlag bezeichnet werden, obwohl die westlichen Leitmedien das Ganze als „Leckage“ herunterspielten. Am 8. Februar 2023, knapp 5 Monate nach den Explosionen der Nord Stream-Gaspipelines, hat der erfahrene US-Enthüllungsjournalist Seymour Hersh in einem Artikel die USA als Schuldigen ausgemacht.1)
Der 85jährige US-amerikanische Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh, bis 2015 regelmäßiger Mitarbeiter beim Wochenmagazin „The New Yorker“ und bei der „New York Times“, veröffentlichte seinen brisanten Artikel auf seiner persönlichen Website. Für ihn steht die Beteiligung des US-Militärs an der Sabotage der Nord Stream-Gaspipelines nach der neunmonatigen Verschwörung hochrangiger Beamter des Weißen Hauses außer Zweifel. Er beruft sich dabei auf Quellen mit direkter Kenntnis der Verschwörung und schildert erstaunlich viele Details der Operation:
„Sprengstoff wurde von Tauchern der US Navy unter dem Deckmantel eines NATO-Seemanövers gelegt und ein Überwachungsflugzeug des NATO- Mitglieds Norwegen löste den Sprengstoff am 26. September 2022 aus, nachdem US- Präsident Joe Biden grünes Licht für die Operation gegeben hatte.“2)
Die US-Mainstream-Medien, darunter die „New York Times“ und die „Washington Post“, hielten mit der explosiven Meldung zunächst zurück. So kam das scharfe Dementi aus Washington erst einen Tag später, war aber eindeutig. Der investigative Artikel sei „absolut falsch und vollständig erfunden“, so Adrienne Watson, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses. Die CIA und das Pentagon wiesen die Behauptung mit ähnlicher Rhetorik zurück.3)
Unmittelbar nach den Sprengungen Ende September 2022 war es genau umgekehrt. Einige US-Medien und manche deutschen Leitmedien lenkten den Verdacht umgehend auf Russland. Moskau wies unverzüglich jede Verantwortung von sich. Im Januar 2023 beschuldigte Russland Schweden und Dänemark, die die Lecks in den Pipelines Nord Stream 1 und 2 untersuchten, „etwas verbergen zu wollen“, und Russland daran zu hindern, sich an der gemeinsamen Untersuchung zu beteiligen.
Hersh erkennt in den vor den Sprengungen gemachten Aussagen der politischen Eliten seines Landes genügend Anreize für Washington, die Pipeline zu zerstören.
Am 7. Februar 2022 drohte US-Präsident Joe Biden: „Wenn russische Panzer oder Truppen die Grenze zur Ukraine überqueren, wird es kein Nord Stream 2 mehr geben“.4) Auf der Pressekonferenz am 30. September 2022 über die Folgen der sich verschärfenden Energiekrise in Westeuropa sagte US-Außenminister Antony Blinken, Nord Stream einzustellen sei
„eine enorme Gelegenheit, die Abhängigkeit von russischer Energie ein für alle Mal zu beseitigen und Russland daran zu hindern, ‘Waffenenergie‘ für politische Zwecke zu nutzen“.5)
Die Reaktionen einiger führender westlicher Politiker auf die Explosionen weisen ebenfalls auf eine Urheberschaft der USA hin, so z.B. die SMS der damaligen britischen Premierministerin Liz Truss an Blinken mit der kurzen Information „Es ist erledigt“ oder der Tweet des ehemaligen Verteidigungs- und Außenministers Polens, Radosław Tomasz Sikorski. Er kommentierte ein Foto vom Gasleck mit:
„Thank you, USA!“ (Danke, USA!).6)
Der chinesische Experte für US-Studien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, Lü Xiang, vermutete am Tag nach der Enthüllung von Hershs explosiven Details,
„dass das konsequente Schweigen eine solide Koordination zwischen den US-Medien und der US-Regierung war,