Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
In seiner Weihnachtsansprache rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Solidarität und Zuversicht in "rauen Zeiten" auf. Frieden sei der sehnlichste Wunsch. Nach Steinmeier gäbe es Grund zur Zuversicht, denn: „Die Ukraine behauptet sich mit großem Mut. Europa steht zusammen. Und unser Land wächst in der Herausforderung wieder einmal über sich hinaus“1). Doch wie lange wird sich die Ukraine behaupten können? Waffenlieferungen bis zum letzten Ukrainer?
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, rief in seiner Weihnachtsansprache im Limburger Georgsdom die Menschen in der Ukraine und Russland zu gegenseitigen Gesprächen auf. „Auch wenn die Unterstützung des völkerrechtswidrig überfallenen Landes durch alle benötigten Güter weitergehen muss, braucht es gleichzeitig jetzt schon Friedensinitiativen“2), so der Bischof von Limburg.
Der Krieg und die brutalen Menschenrechtsverletzungen säten Hass und werden dem Bischof zufolge „über Generationen hinweg wieder und wieder Gewalt provozieren“. Damit schon die Saat des Friedens ausgestreut werden könne, sollten die Christen in Deutschland auf diese Menschen zugehen und mit ihnen „über Licht und gemeinsame Perspektiven mitten in der Finsternis von Krieg und Zerstörung“ sprechen.
Damit die Saat des Friedens überhaupt aufgehen kann, braucht es nach dem Philosophen Karl Jaspers neben der Freiheit noch das Fundament der Wahrheit. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz scheint im gängigen Narrativ verhaftet zu sein. Die Vorgeschichte des 24. Februar 2022 wird der Einfachheit halber ausgeklammert. Dabei handelte es sich bei dem vom kollektiven Westen 2014 orchestrierten Putsch auf dem Maidan-Platz in Kiew um ein völkerrechtswidriges Vorgehen, durch das der 2010 rechtmäßig gewählte Präsident Janukowitsch um sein Amt gebracht wurde (er floh, um sein Leben fürchtend, nach Russland). Das eine kann nicht das andere entschuldigen - es ist aber zum Verständnis notwendig und die Anerkennung dieses Sachverhalts ist Voraussetzung dafür, dass sich die Kriegsparteien wieder annähern können. Im Osten der Ukraine wurde der Umsturz nicht hingenommen und die Oblaste Luhansk und Donezk begannen sich zu separieren, worauf die ukrainische Armee zum Einsatz kam. Diese führt seit 2014 Krieg gegen die vorwiegend russisch-stämmige und somit auch pro-Russland eingestellte Bevölkerung in der Ukraine.
Nachdem über diesen achtjährigen Krieg im Donbass in den öffentlich-rechtlichen Medien kaum berichtet wird, ist der Kommentar "Krieg in der Ukraine - Europas Verantwortung" von Monitor-Chef Georg Restle am 28. Juli 2014 in den Tagesthemen wahrlich ein Zeitdokument.
"Über tausend Tote, dreieinhalbtausend Verletzte, hunderttausend auf der Flucht: Wer die Zahlen der Vereinten Nationen von heute ernst nimmt, der sollte aufhören in der Ukraine von einem Konflikt oder Aufstand zu sprechen. Nein: Dies ist Krieg. Mitten in Europa. Und es ist einer der schmutzigsten, den dieser Kontinent in den letzten Jahrzehnten gesehen hat. Was die Menschen in Donezk oder Luhansk in diesen Tagen erleben, ist ein Albtraum, den die meisten von uns nur noch von den Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern kennen: Kein Strom und kein Wasser, kaum noch Brot zum Essen und die tägliche Angst, schon morgen unter den Trümmern des eigenen Hauses begraben zu werden.“3)
Und Restle forderte schon 2014 in seinem Kommentar, dass dieser Krieg aufhören muss - und zwar ohne einseitige wohlfeile Appelle:
„Wenn westliche Politiker Vladimir Putin zurecht auffordern, Russlands Unterstützung für die prorussischen Terrormilizen zu beenden, dann müssen sie jetzt auch der ukrainischen Regierung in den Arm fallen.
Denn der Bericht der UN ist unmissverständlich. Auch das ukrainische Militär terrorisiert die Zivilbevölkerung. Es trägt den Krieg mit Artilleriefeuer in Wohn- und Schlafzimmer.