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Wut gegen Bauern | Von Rüdiger Rauls


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Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.





Landwirte in Schleswig-Holstein haben Vizekanzler Habeck am Verlassen einer Fähre gehindert. Auf diesen Vorfall reagieren Berlin und die Hoheitsmedien in wilder Empörung. Sie beklagen den Verstoß gegen die demokratischen Spielregeln und die Verrohung in der politischen Auseinandersetzung. Sie fragen sich aber nicht, welche Vorleistungen sie selbst erbracht haben. Zudem verwundert, wie unterschiedlich beide mit den Blockaden der Bauern auf der einen Seite und denen der Klimakleber auf der anderen umgehen.
Bauern, Medien, Öffentlichkeit
Die Stimmung ist aufgeheizt im Land. „Da hat sich mit dem Hin und Her in der Energie- und Haushaltspolitik großer Ärger aufgestaut.“(1) Nach den Protesten der Bauern in Berlin und der landesweiten Solidarisierung aus allen Kreisen der Bevölkerung, scheinen die Meinungsmacher in Panik zu sein. Dabei steht die größte Belastungsprobe für die Regierung und ihren Hofstaat noch bevor, die Protestwoche vom Montag den 8. Januar und bis zur zentralen Veranstaltung am 15. Januar in Berlin.
Schon jetzt überschlagen sich Medien und willfährige Experten mit der Stimmungsmache gegen die Bauern. Weil diese den Vizekanzler daran hinderten, die Fähre zu verlassen, spricht Regierungssprecher Hebestreit von einer „Verrohung der politischen Sitten“(2). Viel Weinerliches und Moralisierendes war in der Folge aus Berlin und den Redaktionsstuben zu hören. Das Verhalten der Bauern sei „beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders"(3). In der Öffentlichkeit außerhalb der Medien wurde diese Kritik selten geteilt. Die meisten Menschen im Land verstehen diese Empörung von Politikern nicht, waren es doch gerade deren Entscheidungen und Politik in den letzten Monaten, die den Boden für solchen Protest bereitet hatten. Sicherlich kann man es als beschämend empfinden, dass nach der Ansicht von Meinungsmachern gegen demokratische Regeln verstoßen wurde.
Aber wo ist die Scham von solchen Moralaposteln angesichts des Elends an den Tafeln? Man kann im Handeln der Bauern eine Verrohung der politischen Sitten sehen. Aber welche menschliche Verrohung stellt die landläufige Gleichgültigkeit dar gerade gegenüber den elementaren Bedürfnissen der Bevölkerung? Millionen sinken ab in die Armut und wissen nicht mehr, wie sie ihre Mieten, ihre Heizkosten und ihre Lebensmittel bezahlen können. Wo bleibt da der moralische Appell an das gesellschaftliche Miteinander?
Aber die Meinungsmacher regen sich auf darüber, dass Bauern, denen man von Jahr zu Jahr immer mehr die Lebensgrundlagen zerstört, nun einen der Verantwortlichen zur Rede stellen und ihren Unmut darüber deutlich machen wollen. Habeck konnte seine Fähre nicht verlassen, das ist vielleicht nicht gerade schön. Aber wie unschön wird es für viele Spediteure sein, wenn sie aufgrund von Habecks Beschlüssen, ihre Lastwagen müssen stehen lassen, weil die Kosten ihnen davon laufen? Wie unschön sind die Aufschläge für das Kohlendioxid, die Habeck von 30 Euro auf 45 Euro erhöhen will, wobei ursprünglich nur 40 Euro vorgesehen waren?
Ja, das demokratische Miteinander ist vielleicht gefährdet. Aber dazu haben die Entscheidungen und Beschlüsse jener ein großen Teil dazu gegeben, die sich nun über die Reaktionen aus der Bevölkerung aufregen. Sie sind es selbst, die diese Situation herbei geführt haben. Die Bauern haben es mit Sicherheit anders gewollt. Auch die Menschen an den Ladenkassen und Zapfsäulen hatten nicht um höhere Preise gebettelt. All das scheinen jene nicht zu sehen, die sich nun aufregen über Reaktionen, die sie selbst verursacht haben. Die Mehrheit der Bevölkerung aber sieht es und steht weiterhin hinter den Bauern.
Zweierlei Maß
Die Erwartung in der Bevölkerung an die Aktionswoche der Bauern ist groß.
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