Seit 40 Folgen sprechen wir auf diesem Podcast über Bücher, die wir gemeinsam lesen, diskutieren, analysieren, loben und kritisieren. Aber wie entsteht eigentlich aus einer Idee ein Text und schliesslich ein Buch, das wir in einer Buchhandlung kaufen können? Und welche Texte werden zu einem Stück Literatur, das wir auch in 20, 50 und 100 Jahren noch lesen werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich Frank Witzel in seiner ganz persönlichen "Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts" (2024, Matthes & Seitz).
Die meisten von Euch werden Frank Witzel für seinen Roman mit dem so langen und grossartigen Titel "Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Jahr 1967" kennen, für den er 2015 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.
In dieser Folge von Blattgold sprechen Philipp Theisohn, Literaturprofessor an der Universität Zürich, und Frank Witzel über Kanonisierungsprozesse, Literaturkritik, über literarische Auszeichnungen, über vergessene und wiederentdeckte Autor:innen und immer wieder über Literatur, die nicht geschrieben, nicht gelesen und deshalb nicht erinnert werden kann. Für Philip Theisohn ist Frank Witzel auch deshalb ein sehr wichtiger Autor, weil er in seinen Werken immer auch eine starke poetisch-theoretische Reflexion mit sich führt. Das ist nicht nur in seinen Heidelberger Poetikvorlesungen der Fall, die eine grundlegende Analyse der Romantheorie von Roland Barthes darstellen,
sondern auch in seinem Aufsatz über Kierkegaards "Predigten". Witzels Schreiben, so Philip Theisohn, ist immer auch eine Reflexion darüber, was Geschichte eigentlich ist, wie Erinnerung funktioniert und wie Traumata funktionieren.
Die folgende Aufzeichnung ist eine leicht gekürzte Version von Lesung und Gespräch in der Zürcher Bar und Buchhandlung sphères; eine Veranstaltung des Zentrums für Literatur der Gegenwart.
Schnitt: Okan Yilmaz
Musik: Frank Ocean – Thinkin Bout You
Foto: Arne Dedert