Es waren einmal drei Brüder, die zogen hinaus in die Welt. Der Vater war gestorben, das Haus musste verkauft werden, damit das Begräbnis bezahlt werden konnte, und danach blieb nichts mehr übrig. Am zweiten Tag ihrer Wanderschaft hatten die drei nur noch Brot für eine Mahlzeit. Da sagten sie: „Wir gehen bis zum nächsten Brunnen. Wenn wir dort unser Brot essen, können wir Wasser dazu trinken.“
Als sie zu einem Brunnen kamen, schöpften sie Wasser, tranken es und aßen ihr letztes Stück Brot dazu. „Ach, wenn wir doch nur eine Hilfe hätten!“ seufzten sie.
Der Brunnen war aber ein Wunschbrunnen, denn es wohnte eine Wasserfee darinnen. Die kam zur Oberfläche und sagte zu den Brüdern: „Ich habe eure Seufzer gehört, und ich bringe euch eine Hilfe, wenn ihr sie zu nützen versteht. Drei Geschenke habe ich für euch: einen Geldbeutel, der nie leer wird, aber man darf nie die letzte Münze ausgeben, ein Brot, das nie alle wird, aber man darf nie das letzte Stück aufessen; und eine Geschichte, die nie zu Ende geht, aber man darf nie das Wort Tod aussprechen. Soll sich ein jeder von euch sein Geschenk auswählen.“
Da sagte der älteste Bruder: „Wir werden dem Alter nach wählen, ich zuerst“, und wählte den Geldbeutel. Danach wählte der zweite und nahm das Brot. Für den jüngsten blieb die Geschichte.
Und tatsächlich, die Wunschdinge hielten, was die Fee versprochen hatte. Der Geldbeutel, den der Älteste sich erwählt hatte, war jeden Morgen randvoll mit Goldstücken und Banknoten. Und wenn am Abend auch nur noch eine einzige Münze drin war, so war er doch am nächsten Morgen wieder gefüllt. Der älteste Bruder sagte zu den beiden anderen: „Nun, ich bin euch eigentlich nichts schuldig, aber greift nur jeder einmal tüchtig hinein in den Geldbeutel. Dann aber adieu! Ich habe meine eigenen Pläne, und wir müssen uns trennen.“
Er verließ seine beiden Brüder und ließ den Geldbeutel für sich sorgen. Freilich, nach einem Jahr oder zweien geschah es ihm einmal, dass er in einem Wirtshaus trank und alle anderen Gäste einlud, auf seine Kosten mitzutrinken. Und es waren viele Gäste da an jenem Abend, und sie waren fröhlich und ließen den edlen Spender hochleben. Aber als es ans Zahlen ging, machte die Zeche gerade so viel aus, wie der älteste Bruder in seinem Beutel hatte, und der Wirt ließ sich nicht bereden, auch nur einen Groschen bis zum nächsten Morgen zu borgen. Da füllte sich der Beutel nun nicht mehr.
Das war freilich für den ältesten Bruder nicht gar so schlimm; denn er hatte schon längst mit dem vielen Geld aus seinem Beutel ein gutgehendes Geldverleihergeschäft aufgemacht und besaß ein dickes Bankkonto und mehrere Häuser und Werkstätten.
Der zweite Bruder wurde ein berühmter Seefahrer und Erforscher fremder Kontinente. Denn mit seinem Brot, das niemals alle wurde, hatte er keine Proviantsorgen und konnte die entferntesten Inseln ansteuern und sich in die tiefsten Wälder und die weitesten Wüsten wagen. Behielt er am Abend auch nur ein Bröselchen von dem Brot über, so war daraus am Morgen doch wieder ein schwerer Laib geworden, der ihn und seine Mannschaft satt machte. Eines Tages freilich wurde dem zweiten Bruder bei einem Gastmahl auf einer der Inseln, die er entdeckt hatte, ein Braten serviert, und der Bratensaft schmeckte ihm so gut, dass er gedankenlos alles mit seinem Brot auftunkte und auch das letzte Stück mit aufaß. So war auch das Brot dahin.
Aber da war der zweite Bruder schon alt und Besitzer von mehreren Inseln und einer ganzen Flotte von Handelsschiffen, die für ihn auf allen Weltmeeren Handel trieben.
Auch dem dritten Bruder hatte die Fee nicht zuviel versprochen. In seinem Kopf begann sich eine Geschichte zu formen. Er ging noch bis in die nächste Stadt, borgte sich dort von einem Krämer auf dem Marktplatz einen Stuhl, setzte sich neben den Stadtbrunnen und begann seine Geschichte zu erzählen.
Die Geschichte begann mit einem Bauernburschen, der in die Welt zog und ein großer Held wurde. Als von allen seinen Abenteuern erzählt war, von[...]