Share Göttinger Krisengespräche
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By Literarisches Zentrum Göttingen
The podcast currently has 6 episodes available.
Während des Lockdowns im Frühjahr hatten wir begonnen, den Podcast »Göttinger Krisengespräche« zu produzieren: Gespräche, die von der These ausgehen, dass Krisen die fundamentalen Realitäten einer Gesellschaft offenlegen. Eine der existenziellen gesellschaftlichen Fragen, die sich besonders aufdrängte, war die nach den Arbeitsverhältnissen, weltweit.
Von »viehischen Verhältnissen« und einer »Mischung aus Ausbeutung, Brutalität und Diffamierung« spricht Eva von Redecker mit Bezug auf den sattsam bekannten Zusammenhang von Arbeitsverhältnissen und Corona-Ausbrüchen in deutschen Schlachtbetrieben. International beklagt, aber medial wenig verfolgt wurde die verzweifelte Lage der Wanderarbeiter in Indien: »The lockdown«, schrieb Arundhati Roy darüber, »worked like a chemical experiment that suddenly illuminated hidden things«.
Das »einflussreichste Intellektuellenpaar unserer Zeit« nannte die ZEIT Aleida und Jan Assmann, die gemeinsam im letzten Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurden. Wir treffen Aleida Assmann und Anne Fuchs, die Direktorin des UCD Humanities Institute Ireland, um ausgehend von Assmanns neuaufgelegtem Europäischen Traum (C.H. Beck 2020) über transnationale Verantwortung in Krisenzeiten zu sprechen. Seinen Ausgang nimmt Assmanns Buch vom Symbol der EU, dem Sternenkreis. Lange stand er im Rahmen der offiziellen Rhetorik der EU als Symbol für die ‚Einheit in der Vielfalt’. Heute müssen wir uns fragen: Was hält die Sterne überhaupt noch zusammen? In Absetzung vom ‚amerikanischen Traum’ führt Assmann das Stichwort vom ‚europäischen Traum’ und entwirft vier Lehren, die die Europäer aus der Geschichte gezogen haben (sollten). Aber gelten diese Lehren noch? Womöglich jetzt umso stärker?
Über Binnen- und Außengrenzen, Solidarität innerhalb und außerhalb Europas, über die Verantwortung der ehemaligen ‚Kolonialherren’ und über Erinnerungspolitik angesichts von Black Lives Matter sprechen Aleida Assmann und Anne Fuchs mit Sebastian Puschner, Stellv. Chefredakteur der Wochenzeitung Freitag.
Ein sehr belebtes und belebendes Gespräch zwischen drei überaus wachen, klugen, wortgewandten Frauen und einem ebensolchen Moderator ist es geworden: Luisa Neubauer, Mitinitiatorin von Fridays for Future und Co-Autorin des Buchs Vom Ende der Klimakrise (2019), Susanne Götze und Annika Joeres, beide investigative Journalistinnen und Autorinnen ihres gemeinsamen wichtigen Buchs Die Klimaschmutzlobby. Wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen (Piper 2020) und Moderator Leon-Fabian Caspari (Uni Göttingen).
Hören Sie die vier darüber reden, warum die Gruppe der doppelzüngigen Bremser in der Politik und marktradikale Thinktanks so einflussreich sind. Über die Ideologie der Klimaschmutzlobby und die Rationalität der Klimaschützer*innen. Darüber, was die Coronakrise mit dem Klimaschutz macht, und über die Frage, ob jetzt das Totenglöckchen des Neoliberalismus erklingt. Und – ganz wichtig – über das Utopiegebot fürs postfossile Zeitalter.
Prof. Josef Settele, den Ko-Vorsitzenden des Globalen Berichts des Weltbiodervistätsrates am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, konnte man zuletzt neben der Umweltministerin bei der Bundespressekonferenz Anfang April in den Nachrichtensendungen sehen. Es gibt nicht viele Wissenschaftler*innen, die wie er seit Jahren den Zusammenhang von Biodiversitätsverlust und der Entstehung von Infektionskrankheiten erforschen.
Von Kathrin Hartmann stammen einige der besten Artikel, die in den letzten Monaten zu Corona im Kontext der anderen Krisen erschienen sind. Sie schreibt regelmäßig für die Süddeutsche Zeitung, den Freitag und die Frankfurter Rundschau, ihr Buch zum Greenwashing Die grüne Lüge (2018) wurde auch als Film ein großer Erfolg. Im vergangenen März ist Grüner wird’s nicht. Warum wir mit der ökologischen Krise völlig falsch umgehen (Blessing 2020) erschienen.
Im Podcast sprechen Josef Settele und Kathrin Hartmann über die Zusammenwirkungen von Lebensraumzerstörung, Biodiversitätsverlust und Pandemien, diskutieren über die (spärliche?) Rezeption dieser Zusammenhänge in den gesellschaftlichen Diskursen über Covid-19 und erörten die Frage nach den aktuellen Folgen der Pandemie – gerade auch mit Blick auf die transformativen Potenziale des jetzt verhandelten Konjunkturpakets.
Es moderiert Sebastian Puschner, Stellv. Chefredakteur der Wochenzeitung Freitag.
Mit seinem Buch Männerphantasien (MSB 2019), vom Matthes & Seitz Verlag vier Jahrzehnte nach Erscheinen neu aufgelegt, hätte Klaus Theweleit eigentlich im März bei uns zu Gast sein sollen. (Die Live-Veranstaltung soll weiterhin im Herbst nachgeholt werden!) Das 1977 erstmals erschienene Buch gilt als Gründungstext der Männer- und Meilenstein der Gewaltforschung, als bahnbrechende Analyse über Männlichkeit und Faschismus.
Im Krisengespräch mit Katrin Gottschalk (taz, zuvor Missy Magazine) befragen wir ihn zu häuslicher Gewalt, Kriegsrhetorik und dem Rückfall in alte Gender-Rollen durch Corona. Hat diese Krise ein Geschlecht? Was macht sie mit den Geschlechtern?
Die erste Folge nimmt sich eines Themas an, das existenzieller kaum sein könnte: Es geht zwar auch um Veränderungen des Lebens durch Corona, zum Beispiel in Pflegeheimen, es geht aber vor allem aber um das veränderte Sterben. Was werfen die Weisen, in denen gegenwärtig gestorben wird, in denen über das Sterben berichtet wird, in denen über das Verhältnis von Leben und Sterben gesprochen wird, an fundamentalen Problemen auf? Welche ethischen Fragen stellen sich gegenwärtig mit besonderer Dringlichkeit?
Über diese und die vielen sich anschließenden Fragen diskutieren Friedrich Selter, Theologe und Superintendent der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Göttingen, Bernd Alt-Epping, Arzt am Palliativzentrum der Universitätsmedizin Göttingen, es moderiert die Onkologin Juliane Knust.
In Kooperation mit dem StadtRadio Göttingen.
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