Share Little Arthurs Traum vom Fliegen
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Meditation als Rückzugsort gegen staatliche Repression.
Der kleine Arthur fährt nach London, um dort die Pilotenschule zu besuchen.
Der kleine Arthur hat endlich Geburtstag!
Heute mal was Besonderes.
Mit dem Herbst wurde alles anders. Die Tage wurden kürzer, die Nächte länger und die Welt viel bunter. Der kleine Arthur war verwirrt: Zum einen sah er jetzt mehr denn je, dass die Welt ein wunderschöner Ort voller kleiner Wunder war, die an jeder Ecke warteten, wenn man nur ganz genau hinsah und das machte ihn froh. Das Leben war schön. Er half seinen Großeltern bei der Kürbis-Ernte im Garten und statt der Erdbeertorte mit Sahne, gab es nun warmen Apfelkuchen, der nach Zimt schmeckte und heißen Kakao, wenn seine Großmutter Geschichten erzählte.
Doch da war noch etwas anderes, das Jahr ging zu Ende und er war seinem Traum vom Fliegen immer noch nicht näher gekommen. Dass die Welt in Rot und Orange leuchtete, ließ ihn an Dresden denken, welches sich nun so weit entfernt anfühlte und dieses Gefühl schmeckte bitter und gar nicht nach Apfel und Zimt. Je näher der Winter kam, desto verschwommener wurden die Wolken am Himmel. Vielleicht lag es daran, dass die Tage kälter wurden, aber das konnte Arthur nur vermuten. Statt wie vereinzelte Watteballen, die jemand an den Himmel geklebt hatte, erinnerten sie nun viel mehr an die Kondensstreifen der Flugzeuge, was Arthur schmerzhaft bewusst machte, dass immer ein Teil seines Körpers, wie er es auch drehte und wendete, den Boden berührte. “Was bedrückt dich Arthur?”, fragte Großmutter Harris eines Tages, als ihr Enkel mit einem großen Tannenzapfen im Garten spielte. Arthur beichtete ihr seinen Kummer. “Ach, Arty.”, seufzte die weise Igeldame. “Du machst dir zu viele Gedanken. Wir alle wissen, dass du eines Tages fliegen wirst. Selbst deine Eltern, auch wenn sie es nicht zugeben wollen.” “Wirklich?”, Arthur war überrascht und machte ganz große Igelaugen. “Ja. Eigentlich wollte ich die Überraschung nicht verderben, aber bald ist ja dein Geburtstag und sie hatten sich etwas ganz besonderes überlegt. Sie wollten…” “Ich kann warten.”, sagte Arthur plötzlich ganz entschlossen, denn auch ihm war gerade eine Ahnung gekommen, worum es sich bei seinem Geburtstagsgeschenk handelte und ihm war bewusst geworden, dass seine Eltern in letzter Zeit oft nach London gefahren waren und ihn viel häufiger als sonst, zu seiner Großmutter gebracht hatten. “Wirklich?”, fragte Oma Harris und musterte ihn skeptisch. “Ja, ich lass mich überraschen.”, strahlte Arthur wie ein Honigkuchenpferd. “Gut.”, lächelte Oma Harris und blickte in den Abendhimmel. “Es überrascht mich immer, wie früh es jetzt dunkel wird.”, schüttelte sie den Kopf. “Wenn die Tage kürzer werden, sind die Nächte um nach Dresden zu fliegen länger.”, grinste Arthur. “Oh Arty, ich glaube deinen Optimismus hast du von mir geerbt.”, lachte Oma Harris und umarmte ihren Enkel.
Egal wie oft sie ihn auf andere Ideen bringen wollten, der kleine Arthur redete nur vom Fliegen. Tag ein, Tag aus. Mit seinen Buntstiften malte er prächtige Blaupausen von Boeing B17s und träumte von der grenzenlosen Weite des Nachthimmels. Eines Tages fuhren seine Eltern mit ihm ans Meer. Es war ein prächtiger Tag, die Luft roch nach Salz und das Brausen der Wellen summte angenehm in den Ohren. Glücklich lachend, tollte der kleine Arthur im Sand herum, dass allein der Anblick, auch dem letzten verbitterten Tattergreis zumindest ein Lächeln entlockt hätte. Doch dann wurde Arthur ganz nachdenklich und blickte auf die Nordsee hinaus, wo sich sein Blick irgendwo hinter dem Horizont verlor. “Wäre das nicht etwas für dich?”, fragte seine Mutter. “Zur See zu fahren? Unser kleiner Seeigel Arthur.”, lächelte sie. Doch ihre Worte verklangen in der Brandung. “Dort hinten, irgendwo auf der anderen Seite des Meeres liegt Dresden.”, flüsterte der kleine Arthur voller Sehnsucht.
Arthur Harris ist ein kleiner Igel, der vom Fliegen träumt.
Diese Geschichte beginnt, wie fast alle Geschichten mit dem Helden der Geschichte. Und wie in all den anderen Geschichten, die du gelesen hast, oder die dir vorgelesen wurden, falls du noch sehr jung bist, oder älter, aber immer noch gerne Geschichten vorgelesen bekommst, wusste Arthur Harris, der Held dieser Geschichte, am Anfang nicht zu welchen Heldentaten er bestimmt sein würde.
Den größten Teil seiner Kindheit, war Arthur ein ganz normaler Igel, wie all die anderen Igel auch gewesen: Außen ein bisschen stachelig, aber mit einem sehr weichen Bauch und einem noch gütigeren Herzen. Was Arthur von den anderen Igeln unterschied, war sein Eigensinn. Den hatte er von seiner Großmutter geerbt. Das sagten zumindest alle. Doch Arthur war traurig. Sein Freund Willibald Wildgans würde nach den Sommerferien Richtung Süden fliegen und im nächsten Schuljahr wäre der Platz neben ihm leer. In der Schule hatten sie gerade über Dunkel-Deutschland geredet. “Warum heißt es Dunkel-Deutschland?”, hatte Arthur gefragt. “Es ist dort sehr finster.”, hatte sein Lehrer gesagt. “Aber die Finsternis sitzt in den Köpfen der Menschen. Deswegen spürt man sie auch tagsüber.”
“Jemand sollte ihnen etwas Licht bringen.”, hatte Arthur geantwortet. “Ich ganz sicher nicht.”, hatte Willibald gekichert. “Wir fliegen irgendwohin, wo es schön ist.” Dann hatten sie die Städte von Dunkel-Deutschland lernen müssen. Aber Arthur hatte sie sich nur bis “D wie Dresden” einprägen können. “Das ist doof.”, sagte Arthur. “Es gibt einfach viel zu viel Dunkel-Deutschland.” Er hatte einen Traum gehabt in dieser Nacht und der ließ ihn nicht los. Deswegen stellte er sich am nächsten Tag vor seine Klasse und verkündete stolz, was er vorhatte, denn an jenem Tag fasste der kleine Arthur ein Ziel. “Frei sein will ich, wie ein Vogel. Einfach fliegen. Fliegen ohne jemals zu landen.” In der Schule hatten sie über den kleinen Arthur gelacht. “Wären Igel zum Fliegen gemacht, hätten sie von der Natur Flügel bekommen, wie die Möwen, oder die Wildgänse.”, ermahnte Mama Harris den kleinen Arthur allabendlich vor dem Zubettgehen. Doch er ließ sich nicht beirren. “Eines Tages werde ich fliegen. Ich Arthur Harris, werde nach Dresden fliegen, ohne zu landen.”
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