Ziel dieser Arbeit war es BoHV-1 Doppeldeletionsmutanten zu generieren, zu
charakterisieren und bezüglich ihrer Vakzineeignung zu bewerten.
Die vorgestellten Studien zur Charakterisierung eines gE und UL49.5 deletierten Virus
(BoHV-1-DgEDUL49.5) konnten belegen, dass diese Deletionskombination als letal für
BoHV-1 anzusehen ist. Ein UL49.5 deletiertes Virus verhielt sich dagegen funktionell
wie ein Virus ohne UL49.5/gM-Komplex. Ähnlich wie bei anderen Alpha-Herpesviren
war hier wahrscheinlich der zweite Umhüllungsschritt im Zytoplasma der infizierten
Zelle gestört, so dass keine infektiöse Virusnachkommenschaft gebildet wurde.
Ein Virus mit Deletionen der Genorte UL49 und gE (BoHV-1-DgEDUL49) zeigte
hingegen fast keine Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Replikationsfähigkeit.
Dagegen war die Ausbreitungsmöglichkeit von Zelle-zu-Zelle (cell-to-cell-spread
CTCS) einer solchen Mutante im Vergleich zu den entsprechenden einzel-deletierten
Viren erheblich verringert. Da es sich hierbei um eine synergistische Verstärkung
gegenüber den Einzelmutanten handelte, wurde geschlussfolgert, dass beide Proteine an
derselben Funktionskette des CTCS beteiligt sind. Da die doppelt UL49 und gE
deletierte Mutante allerdings weiterhin extrazelluläre, infektiöse Virusnachkommenschaften
bildete, ist der CTCS als unabhängige Ausbreitungsform
offensichtlich durch andere Funktionen bedingt als der klassische Weg der Virusausschleusung.
Hinweise darauf, dass gE auch bei BoHV-1 mit pUL49 interagiert
konnten dabei durch Kolokalisationsstudien im Laserscanmikroskop abgeleitet werden.
Allerdings ließ keine dieser BoHV-1-Mutanten eine besondere Eignung als
Vakzinestamm erkennen. Ein gE und TK doppelt deletiertes Virus zeigte hingegen in
vitro kaum veränderte Wachstumseigenschaften verglichen mit dem einfach gEdeletierten
Virus. Diese Deletionskombination sollte zudem gegenüber einer
Virulenzsteigerung durch Rekombination mit Feldviren unempfindlicher sein, als die
derzeit erhältlichen Lebendvakzinen. Zur Steigerung der immunogenen Wirkung des
Lebendvirus wurde dieser neue Stamm (BoHV-1DgEDTK) in Kombination mit einem
adjuvierenden, nicht viruziden, Blockpolymer eingesetzt. Dieser Ansatz wurde in einem
Tierversuch an Kälbern im Vergleich zu der Immunisierung mit dem nicht
adjuventierten Lebendvirus getestet. Im Ergebnis dieses Tierversuches schieden die
Tiere, welche adjuventiert immunisiert wurden, weniger Virus und zudem für eine
kürzere Zeit aus. Dies galt im Vergleich mit den nicht immunisierten Kontrolltieren wie
auch im Vergleich mit den Tieren, die allein das Lebendvirus zur Immunisierung
appliziert bekommen hatten. Auch die Quantifizierung der neutralisierenden Antikörper
verdeutlichte eine gesteigerte Immunogenität der Kombination des doppelt deletierten
Lebendvirus mit dem Adjuvants. Die sehr gute Immunitätslage der Tiere nach Impfung
führte allerdings nach Belastungsinfektion auch zu einer zeitlich verzögerten Serokonversion im Markertest auf Basis des Nachweises von gE-spezifischen
Antikörpern. Auch dies muss als Beleg für die hervorragende, immunisierende Leistung
der neuen Präparation angesehen werden, da offensichtlich bei einigen der
immunisierten Tiere die Virusreplikation soweit unterdrückt wird, dass keine gEspezifische
Antikörperantwort mehr erfolgt.
Die vorgestellte Kombination eines genetisch überattenuierten Lebendvirus und die
Verstärkung der immunogenen Eigenschaften durch Zusatz eines nicht viruziden,
potenten Adjuvants können die Grundlage für eine zukünftige Vakzinestratgie zur
Bekämpfung der BoHV-1 oder anderer herpesviraler Infektionskrankheiten bilden.