Wie innere Zerrissenheit zu äußerer Spaltung führt.Die Geschichte vom Kampf David gegen Goliath ist seit jeher Symbol für einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen Macht und Herrschaft, der aber letztlich gewonnen werden kann. Kritiker von Corona-Maßnahmen führen zur Zeit scheinbar diesen Kampf – eine innerliche wie äußere Zerreißprobe ohne Helden.
David gegen Goliath – in heutiger Zeit keine Heldengeschichte.
Wie die Nachbetrachtungen der vielen Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen zeigen, kann der Kampf in dieser Geschichtsepoche allerdings nicht gewonnen werden, wenn David so weitermacht – und das liegt nicht nur daran, dass das Alte Testament, aus der die Erzählung stammt, der Vergangenheit angehört und deshalb als Vorbild nicht mehr taugt.
Der David der heutigen Zeit ist blind, streitet sich innerhalb der eigenen Familie bis aufs Blut, sucht einen Schuldigen, der immer der Andere ist, hofft gleichzeitig auf Einen, der mal ordentlich durchgreift, der unter keinen Umständen empathisch und empfindsam und damit in seinen Augen „weich“ sein darf, oder der ein fehl- und tadelloser und fast heiliger und gleichzeitig auf keinen Fall spiritueller Erlöser ist. In einem Wort: Der David der heutigen Zeit kämpft mit seinen Gefolgsleuten gegen einen Gegner, der mächtiger ist als jeder Herrschende dieser Welt.
Dieser David kämpft nur scheinbar gegen Goliath, also gegen Großkonzerne, die Regierung, die Polizei, oder grundsätzlich gegen eine Macht- und Geldelite oder gar einen im Kern undemokratischen und verrohten Großkapitalismus. Dafür ist David zu beschäftigt. Er muss erst noch gegen sich selbst kämpfen – und Goliath macht weiter wie bisher, verbreitet weiter Angst und Schrecken bei denen, die sich ihm widersetzen wollen und lacht in den Medien laut über Davids Versuche.
Aus Fehlern lernen – die Friedensbewegung der 80er Jahre
Ein Blick in die Vergangenheit der Friedensbewegung der 80er Jahre kann dazu beitragen, aus alten Fehlern zu lernen. Das Engagement einer größer werdenden Friedensbewegung wurde damals durch den Kosovo-Krieg 1998 ad absurdum geführt und sie verschwand entweder in der Versenkung oder arrangierte sich mit der Politik, aus lauter Dankbarkeit darüber, dass das Thema Frieden von der Politik überhaupt aufgegriffen wurde. Viele Menschen waren seinerzeit auf den Straßen, und man hätte politisch etwas bewegen können. Hätte – wenn da nicht die Werbeagenturen gewesen wären, die den Auftrag bekommen hatten, im Kosovo für Chaos zu sorgen und Menschen für einen „gerechten Krieg“ zu begeistern. Das genügte, und der friedenspolitische Tiger wurde zum Schmusekätzchen. Schon damals war man intern zerstritten bis aufs Blut. Die Friedensbewegung ließ sich spalten und plötzlich gab es eine „alte“ Friedensbewegung und eine „kritische“ Friedensbewegung.
Das Ergebnis ist noch heute sichtbar. Die damaligen Gründer von Friedensforschungs-Instituten schwelgen heute in YouTube-Videos in den Erinnerungen der Vergangenheit und schwärmen davon, wie professionell sie heute arbeiten können und dass es angeblich wichtig ist zu betonen, dass man zu den wahren und professionellen Friedensforschern gehört. Ein Trauerspiel, das Werner Ruf teilweise in seinem Artikel „Quo vadis Friedensbewegung“ nachgezeichnet hat.
Warum fallen die medial gesäten Samen der Spaltung auf fruchtbaren Boden?
Ein wesentlicher Grund des Scheiterns von Gegenbewegung wird allerdings wenig beachtet, und das hängt damit zusammen, dass eine grundlegende Frage schmerzvermeidend ungestellt bleibt: Warum sind die Samen der Spaltung auf so fruchtbaren Boden gefallen?
Eine Antwort könnte sein: Weil die Friedensbewegung, oder jede Form von Gegenbewegung, daran lahmt, sich persönlich weiterzuentwickeln, also daran zu arbeiten, gerade das nicht zu tun, was man von sich weist und nur dem anderen zuschreibt: Streitlust anstatt Konfliktfähigkeit. Es ist viel leichter, den Feind im Außen zu suchen als im Inneren....