Hörspiel-Episoden nach Arthur Schnitzler.
Arthur Schnitzler ist ein typischer Repräsentant des Wiener Impressionismus. Thema der meisten seiner Werke ist die dekadente Gesellschaft des Fin de Siècle mit ihrer satten und müden Resignation, dem nicht ganz ernst gemeinten Weltschmerz und ihrer gleichwohl graziösen Leichtlebigkeit.
Anatol, der Held in Schnitzlers Einakter-Zyklus, ist ein Geschöpf dieser Zeit, ihr liebenswürdiges, etwas morbides Musterexemplar, ein großer Viveur von tiefsinnig-wienerischer Eigenart. Seine Melancholie, sein Skeptizismus, seine mangelnde Naivität verführen ihn zu fortwährender Selbstbeobachtung und Selbstanalyse. Nur in "unsterblichen Stunden" glaubt er, dem Gefängnis seiner Vereinzelung zu entkommen. Eigentlich aber sind seine Liebeleien nur eine Flucht in die Illusion, in ein Schein-Glück, Flucht vor dem Bewusstsein der Vergänglichkeit. Anatols Gesprächspartner, nicht Gegenspieler im Sinne dramatisch-zwischenmenschlicher Spannung, ist sein Freund Max. Er ist Zuhörer und Kommentator und gibt die Stichworte zu Anatols permanentem Monolog, zu dem Wechselspiel von Selbsttäuschung und ironischer Selbstentlarvung.
"Die Frage an das Schicksal" wurde angeregt durch die Beschäftigung des jungen Arztes Schnitzler mit Hypnose und Suggestion. Cora soll hypnotisiert und gefragt werden, ob sie Anatol treu sei. Obwohl das Experiment gelingt, wagt Anatol dennoch nicht die entscheidende Frage: die Wahrheit könnte schlimmer sein als der Zweifel.
Mit: Michael Heltau (Anatol), Walter Kohut (Max) und Sigrid Marquardt (Cora).
Regie: Kraft-Alexander zu Hohenlohe-Oehringen.
Produktion: NDR 1964.
Redaktion: Michael Becker.