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By Lukas P. Huber und Anna Näf
The podcast currently has 65 episodes available.
Kirchgemeinden mit Ambitionen bauen gerne auf. Sie überlegen sich, wie sie noch mehr Menschen erreichen können, sie starten neue Projekte. Wenn parallel nicht Dinge beendet werden, führt der permanente Aufbau unweigerlich zur Erschöpfung aller Beteiligten.
Doch wie beendet man Dinge? Und warum fällt das Aufhören so schwer? Henry Cloud beschreibt die Zusammenhänge in seinem Buch «Necessary Endings» (2011). Bei einem Angebot zum Beispiel, das man selber gestartet hat, fällt es schwer, einzusehen, dass es einmal seine Zeit hatte, jetzt aber nicht mehr sinnvoll weitergeführt werden sollte. Das gilt speziell für Veranstaltungsformate, die in der Vergangenheit sehr erfolgreich waren.
Menschen haben auch Mühe, Dinge zu beenden, weil sie sich dann unter Umständen als Versager vorkommen, sagt Psychologe Cloud. Wer Dinge – oder auch Beziehungen – nicht bewusst beendet, steht in der Gefahr, ungünstige Verhaltensweisen zu wiederholen.
Es wächst mehr als man brauchen kann
Im kirchlichen wie im privaten Leben gilt die Regel: Es wächst mehr als man brauchen kann. Darum muss der Winzer seine Reben beschneiden – und die Kirchgemeinde ihre Angebote.
In dieser Episode bemerkt Anna Näf, dass es da eine Spannung gibt: Bei welchem Angebot muss man Ausdauer haben, um es zum Erfolg zu bringen, welches Angebot sollte man möglichst schnell beenden?
Objektive Kriterien – und Beschäftigung mit der eigenen Angst
Laut Henry Cloud braucht es zur Unterscheidung auf der einen Seite äussere Kriterien. Hoffnung alleine ist keine Strategie. Welche Massnahmen müssen also getroffen werden, um das Projekt zum Erfolg zu führen? Auf der anderen Seite lohnt es sich für Menschen mit Ambitionen, wenn sie sich mit sich selber beschäftigen: Was macht mir Angst, dass es mir schwer fällt, Dinge realistisch anzusehen und bei Bedarf einfach zu beenden?
Dabei, sagt Henry Cloud, hilft es, wenn man zwischen Schmerz und Schaden zu unterscheiden lernt: Sich einer harten Realität zu stellen kann schmerzhaft sein, es ist aber kein Schaden. Umgekehrt kann etwas weiterzuführen Schmerzen verhindern, aber es kann gleichzeitig der Kirchgemeinde oder auch im Privaten schaden.
Um zu beurteilen, ob ein Angebot noch sinnvoll weitergeführt werden soll, hilft eine klare Vision: Passt das Angebot noch zur Richtung, in die wir gehen wollen? Sinnvoll kann auch sein, einem Angebot klare Kriterien zu setzen: Wenn in zwei Monaten nicht 15 Personen kommen, wird das Angebot beendet.
Beenden als Normalzustand
Wer gut im Beenden werden will, sollte lernen, das Beenden innerlich zu «normalisieren». Henry Cloud argumentiert psychologisch: Wenn ein Mensch in einer gefährlichen Situation steckt, werden Kampf- oder Fluchtreflexe geweckt und es kommt zu einem Tunnelblick. Umgekehrt: Wer einer Herausforderung entspannt begegnet, kann die ganzen geistigen und emotionalen Ressourcen darauf verwenden, die Herausforderung möglichst gut zu meistern. Das heisst: Wer es schafft, das Beenden als normalen Teil des Lebens anzuschauen, kann entspannt alle Optionen prüfen und kluge Entscheidungen treffen.
Ein Praxisbeispiel
Lukas Huber berichtet als Praxisbeispiel von einem gross aufgezogenen Jugendgottesdienstes, den er zusammen mit dem katholischen Pastoralraum und der Chrischonagemeinde des Nachbarorts startete. Nach ein paar guten Jahren kamen weniger Teenager und er merkte, dass die Zeit des Angebots abgelaufen war; es wurde beendet. Anderthalb Jahre später startete die Junge Kirche Klettgau ihren eigenen Gottesdienst für junge Erwachsene – ein Angebot, das immer noch läuft und viele junge Menschen anzieht.
Um zu prüfen, ob ein Angebot sinnvoll ist, sei eine realistische, hoffnungslose und motivierte Haltung am besten, empfiehlt Cloud weiter. Auf Wunder zu hoffen, ist nicht hilfreich. Was wird sich realistischerweise ändern, sodass das Angebot weitergeführt werden sollte?
Und wenn es um Menschen geht?
Wenn es um Menschen geht, sagt Cloud, dass die Vergangenheit die beste Voraussage der Zukunft ist. Es ist sinnvoller, sich auf eine verrückte Idee einer Person einzulassen, die in der Vergangenheit bewiesen hat, dass sie Dinge durchziehen kann, als einer einigermassen gut klingenden Idee einer Person zu vertrauen, die in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sie mit ihren Projekten scheitert.
Henry Cloud beschreibt in der Zusammenarbeit drei Arten von Menschen: Weise Menschen hören sich Kritik an und ändern ihr Verhalten. Mit ihnen kann man gut zusammenarbeiten. Törichte Menschen weisen Kritik von sich und geben allen anderen die Schuld. Wer mit Menschen zu tun hat, die die dieses Verhalten wiederholt an den Tag leben, sollte nicht mit ihnen diskutieren, weil das nur als Herumnörgeln ankommt. Törichten Menschen sollte man Grenzen setzen und sie Konsequenzen spüren lassen. Es gibt aber auch böse Menschen, die anderen oder einer Organisation bewusst schaden wollen. Vor ihnen muss man sich – und die Kirchgemeinde – schützen; die Beziehung kann nicht weitergehen.
Zum Schluss der Episode geht es darum, dass man sich von Projekten – ähnlich wie von Menschen – bewusst verabschieden sollte: dankbar auf das schauen, was einmal gut war und auch betrauern, dass es jetzt zu Ende geht.
Eine deutsche Zusammenfassung des Buchs «Necessary Endings», erstellt von Lukas Huber, findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/Necessary%20Endings%20von%20Henry%20Cloud.pdf
Die ganze Episode kann man hier anschauen: https://youtu.be/brnL7RKzMNI
Zu dieser Episode ist auch ein Bericht veröffentlicht worden: https://www.lkf.ch/node/62
Wer in den Shownotes suchen will, findet sämtliche Shownotes auf einer Seite: https://www.ref-sh.ch/aufwaerts-stolpern-shownotes
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Gleich zwei Bücher über die Kirche im Dorf sind Thema im Podcast «Aufwärts stolpern»: Anna Näf und Lukas Huber besprechen ihre Erkenntnisse aus «Small Town Jesus» von Donnie Griggs aus dem Jahr 2016 und «Rural Church Rescue» von Jon Sanders (2018).
Beide Autoren sind/waren Pfarrer in amerikanischen ländlichen Gebieten. Beide betonen: Die Herausforderungen für Kirchgemeinden auf dem Land sind mindestens so gross – und bedeutend! – wie in der Stadt oder der Agglomeration. Griggs betont, dass laut den Evangelien Jesus nie in den angesagten Grossstädten Tiberias und Sepphoris war. Jesus war ein Landei und hatte einen ländlichen Akzent.
Das Dorf ist eine eigene Welt
Griggs glaubt nicht an die Trickle-Down-Theorie: dass man die Städte (und deren Kirchen) stärken muss und der dort erzielte Fortschritt dann langsam auch aufs umliegende Land heruntertröpfelt. Die Gemeinde auf dem Land ist eine ganz eigene Welt, der man auf spezifische Art gerecht werden müsse. So sei etwa der Spielraum für Fehler im Dorf deutlich kleiner als in der Stadt. Man begegnet sich auf dem Land immer wieder.
Donnie Griggs ist aber keiner, der das Land verklärt. Im ländlichen Raum gibt es sehr wohl Verhaltensweisen und Denkformen, die gut mit dem Evangelium zusammengehen, aber auch solche, die ihm diametral widersprechen, zum Beispiel Rassismus. Dass das Argument «wir von hier» alles andere schlägt, ist zumindest ambivalent; die Idee, dass in kleinen Orten nichts Grosses geschehen könne, gehört für Griggs zu den Themen, die die Kirche vor Ort bekämpfen muss. Allerdings reiche es nicht, auf der Oberfläche der Handlungen (und der Worte) zu bleiben; man müsse als Kirchgemeinde vor Ort die Mentalität dahinter verstehen, um sie wirkungsvoll zu überwinden.
Lukas Huber und Anna Näf reden in Episode 08-06 von «Aufwärts stolpern» auch über das Buch «Rural Church Rescue» des Pfarrers und Feuerwehrmanns Jon Sanders, Dieser nimmt als roten Faden seines Buchs das Akronym «Rescue» und schreibt über sechs Themen. Es gehe auch auf dem Land um die Mission der Kirche, sagt Sanders, nicht darum, ein kuscheliger Sozialverein zu sein.
Kontrovers diskutieren die beiden Hosts den zweiten Punkt von Sanders, dass Angestellte starke Führung ausüben sollten. Anna Näf bemerkt, dass in akuten Notsituationen klare Führungsstrukturen nötig seien, dass Sanders aber vielleicht zu stark von seinem Erleben in der Feuerwehr auf die Kirchgemeinde schliesst. Die meisten Kirchgemeinden sind nicht in einer akuten Notsituation – sondern eher in einer langsam vor sich hin schwelenden Krise, wie Lukas Huber ergänzt. Dem Punkt von Sanders, dass nicht zu viele Kommissionen das kirchliche Leben träge machen sollten, könne er schon zustimmen.
Die Vision muss Angst machen
Die dritte These von Sanders beschäftigt sich mit der Vision. Wenn die Vision dem Pfarrer und der Pfarrerin keine Angst mache, sei sie zu klein. Und wenn die Person, die für die Finanzen verantwortlich ist, keine schlaflosen Nächte habe, weil sie nicht wisse, wie die Vision finanziert werden soll: dann ist die Vision ebenfalls zu klein, sagt Sanders.
Die beiden Hosts sind sich speziell bei dem Thema Vision einig, dass einige Aussagen von Jon Sanders nicht nur für Kirchgemeinden im ländlichen Raum gelten. Zum Beispiel, dass es die Funktion einer starken Vision nicht nur ist, Menschen anzulocken, sondern auch, andere Menschen abzustossen. Oder die Grundregel für das Kommunizieren der Vision: Wenn es der Pfarrperson langsam zum Hals heraushängt, die Vision permanent zu wiederholen, beginnen die Leute erst, sie zu begreifen.
Sanders schreibt im weiteren davon, dass es auch auf dem Land gilt, Menschen zu gewinnen. Nicht hilfreich ist es, Mitarbeiter zu suchen mit dem Argument, es sei ein kleiner Job, der nur wenig Zeit in Anspruch nehme. Gute Leute seien schon beschäftigt – auch im Dorf. Ihnen müsse man eine grosse Herausforderung präsentieren und sie dann fragen, ob sie sie in Angriff nehmen wollten.
Zum Schluss der Episode geht es darum, dass es speziell im Dorf bei Veränderungen gilt, die Vergangenheit zu ehren – und dann mutig in die Zukunft zu gehen.
Eine kurze deutsche Zusammenfassung des Buchs «Small Town Jesus», erstellt von Lukas Huber, findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/Small%20Town%20Jesus%20–%20Lukas%20P.%20Huber.pdf
Eine deutsche Zusammenfassung des Buchs «Rural Church Rescue», erstellt von Lukas Huber, findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/Rural%20Church%20Rescue%20–%20Lukas%20P.%20Huber.pdf
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Diese Episode ist auch als Videopodcast veröffentlicht worden: https://youtu.be/ZqwZXMCch-8
Zu dieser Episode ist auch ein Bericht veröffentlicht worden: https://www.lkf.ch/blog/lasst-die-kirche-im-dorf
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In seinem Buch «From Strength to Strength» schreibt der amerikanische Soziologe Arthur C. Brooks, dass es ausgerechnet Menschen mit grossen Zielen sind, die in der zweiten Lebenshälfte unglücklich werden. Der Mensch sei nicht dafür gemacht, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Wer aber als junger Mensch ambitioniert und erfolgreich arbeitet, merkt, dass es ab 30 Jahren bergab geht mit der Fähigkeit, sich stark zu konzentrieren und Dinge gegen alle Widerstände zu bewegen. Wer sich damit nicht abfindet, hat verloren.
Durchbrüche wurden in der Geschichte gewöhnlich durch junge Menschen erzielt. Die ersten Jahrzehnte des Lebens seien geprägt durch die «fluide Intelligenz», schreibt Arthur Brooks. Sein Bild dafür ist eine Bibliothek mit wenigen Büchern: Der Bibliothekar kann sie ganz schnell hervorholen. Doch ab 30 – mit zunehmender Lebenserfahrung – wird die Bibliothek grösser und das Hervorholen der Bücher wird zunehmend langsamer.
Der Sprung auf die zweite Intelligenz
Diesem Abwärtstrend der fluiden Intelligenz kann man sich mit aller Gewalt entgegenstellen, man kann immer mehr arbeiten und auch sonst einen ungesunden Lebensstil pflegen. Oder man akzeptiert die Erkenntnisse der Hirnforschung und springt von der ersten – der fluiden – Intelligenz auf die zweite Kurve: die kristalline Intelligenz.
Die zweite Form der Intelligenz ist weniger prestigeträchtig und lukrativ, aber genauso befriedigend. Anstatt sich auf eine Innovation zu konzentrieren sieht man das grössere Bild und kann andere anleiten.
Um diesen Sprung zu schaffen müssen speziell erfolgsgetriebene Menschen lernen, zu akzeptieren, dass sie nicht mehr so speziell sind. Es sei sowieso eine Art Selbstobjektivierung, wenn man sich als erfolgreich und innovativ definiere – und dann merke, dass das nicht mehr so gut geht.
Der Weg auf die zweite Kurve gelingt dann, wenn man statt anzuhäufen auszumeisseln beginnt: Nicht mehr immer mehr haben wollen (Geld, Erfolg, Dinge), sondern immer weniger.
Arthur Brooks schlägt für die zweite Lebenshälfte eine neue Existenz-Mathematik vor: Befriedigung in der ersten Hälfte ist, wenn man bekommt, was man will. In der zweiten Hälfte gilt:
Befriedigung = Was du hast ÷ Was du willst
Der andere Brooks: «The Second Mountain»
In der Aufwärts-stolpern-Episode über «From Strength to Strength» besprechen die beiden Hosts Lukas Huber und Anna Näf ein weiteres Buch: «The Second Mountain» des ebenfalls amerikanischen Autors David Brooks – nicht verwandt mit Arthur Brooks.
David Brooks beschreibt die Herausforderung des Lebens so, dass es darum geht, zwei Berge zu besteigen. Der erste ist der Berg der Individuation, also dass man sich vom Elternhaus löst, ein eigenes Ego aufbaut, Karriere macht et cetera. Oben angekommen merkt man, dass das alles nicht ein Leben lang glücklich macht.
Hinter dem ersten Berg liegt ein Tal. Manche Menschen spüren die Leere von viel Geld von alleine, andere werden durch eine gesundheitliche oder beziehungsmässige Katastrophe vom ersten Berg heruntergeworfen. Wer den Weg durch die Wildnis des Tals durchschritten hat, sagt David Brooks, sei eingeladen, den zweiten Berg zu besteigen. Diesen zweiten Berg beschreibt der Wirtschaftsjournalist als Berg der Transzendenz des Ego.
Den zweiten Berg definiert David Brooks ausführlich durch vier Dinge:
• Man muss eine Berufung finden, die grösser ist als das eigene Ego;
• man solle verbindliche Beziehungen eingehen, in denen nicht das Ego im Mittelpunkt steht – er singt ein Loblied auf die Ehe, die der persönlichen Reifung und der Transzendieren des Ego zugunsten des grösseren Gemeinsamen dient
• es gilt, eine Philosophie und/oder einen Glauben zu finden. Er schreibt: «Religiös zu sein bedeutet für mich, die Wirklichkeit durch eine heilige Linse wahrzunehmen.»
• schliesslich solle man sich einer Gemeinschaft anschliessen, die sich für das Gute in der Welt einsetzen.
In der Aufwärts-stolpern-Episode sagt Anna Näf auf die Frage, was die Kirchgemeinde mit Ambitionen von diesen Büchern lernen kann, dass gerade die Kirche ist Ort, an dem sich Menschen sinnstiftend einbringen können. Lukas Huber ergänzt, dass die Bücher für einen Teil des Zeitgeists sprechen, der sagt, dass manche Menschen merken, wie leer das Ego und der persönliche Erfolg irgendwann werden. Das heisst, die Kirche kann an die Erfahrung vieler Menschen anknüpfen, wenn sie davon redet, dass es mehr gibt als der eigene Erfolg.
Eine deutsche Zusammenfassung des Buchs «From Strength to Strength», erstellt von Lukas Huber, findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/From%20Strength%20to%20Strength%20von%20Arthur%20C.%20Brooks.pdf
Eine deutsche Zusammenfassung des Buchs «The Second Mountain», erstellt von Lukas Huber, findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/The%20Second%20Mountain%20von%20David%20Brooks.pdf
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Diese Episode ist auch als Videopodcast veröffentlicht worden: https://youtu.be/qwu8SG5nbdw
Zu dieser Episode ist auch ein Bericht veröffentlicht worden: https://www.lkf.ch/blog/wenn-die-kraefte-nachlassen
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Die Autoren Lance Ford, Rob Wegner und Alan Hirsch gehen hart ins Gericht mit der aktuellen Kirchenkultur: Die Führungsstruktur sei in längst vergangenen Zeiten steckengeblieben: Klar definierte Prozesse und Anweisungen prägten das Leben vieler Kirchen – die bahnbrechende Erfindung der industriellen Revolution, um identische Blechteile in grosser Anzahl herzustellen –, und die charismatische Heldenfigur stehe zuoberst auf der Leiter – ein Erbe der Renaissance.
Das Buch «The Starfish and the Spirit» ist dagegen von einem Bild aus der Tierwelt geprägt: Sowohl Spinne wie Seestern haben einen zentralen Körper und Extremitäten, die in alle Richtungen gehen. Wenn man der Spinne den Kopf abschneidet, ist das Tier tot, wenn man einen Seestern teilt, werden zwei Seesterne daraus. Das Bild übernehmen sie vom einflussreichen Wirtschaftsbuch «The Starfish and the Spider» von Ori Brafman und Rod Beckstrom.
Das Bild passe perfekt zur Kirche, wie sie ursprünglich gedacht gewesen sei und noch heute funktionieren könne, argumentieren Ford, Wegner und Hirsch.
Nachfolge und Führung, Häuser und Drehscheiben
Ihr Seestern-Bild besteht aus fünf Elementen. Das Wichtigste: Die Mikrokirchen rufen Menschen in die Nachfolge. Nur wenn sich Menschen in die Nachfolge von Jesus Christus begeben, wird das Reich Gottes wachsen. Die Autoren schreiben: «Wenn wir in diesem Punkt versagen, müssen wir auch in allen anderen Punkten versagen.»
Wer es schafft, Menschen in die Nachfolge zu rufen, wird automatisch zum Leader, auch wenn er/sie es unter Umständen nicht einmal selber weiss. Es gilt die Grundregel: Die Nachfolge ist der Baum; dass Menschen Verantwortung übernehmen, ist die Frucht. Das Umgekehrte gilt nicht zwingend. Kirchen, die darauf fixiert sind, Menschen zu Leadern auszubilden, sie aber nicht in die Nachfolge rufen, merken unter Umständen irgendwann, dass sie die Falschen zu Verantwortungsträgern aufgebaut haben.
Erst bei den Elementen drei und vier unterscheidet sich das Seestern-Modell markant von anderen Kirchenkonzepten. Ihr Verständnis von Kirche ist nicht das einer zentral organisierten Organisation, die dann ins Kleine geht, sondern für sie besteht Kirche aus Häusern und Drehscheiben. Das sei schon von Anfang an so angelegt gewesen, argumentieren die Autoren: Die Urkirche in der Apostelgeschichte bestand aus Hausgemeinschaften und dem «Hub», der Drehscheibe in der Halle Salomos, wo die Apostel die Verantwortlichen der neu entstandenen Hauskirchen lehrten.
Diese Art von Kirche war sehr resistent, als in Apostelgeschichte 8 Stephans getötet wurde und weitere Treffen im Hub beim Tempeln nicht mehr möglich waren: Die Hauskirchen vermehrten sich einfach weiter. Paulus übernahm dieses Konzept von Hub und Häusern; in Apostelgeschichte 19 wird beschrieben, dass in Ephesus die Halle des Tyrannus die Drehscheibe für die Verantwortlichen der Hauskirchen der Gegend war.
Hauskreis ist nicht das Gleiche wie Hauskirche
Diese Häuser im Seestern-Modell unterscheiden sich von Hauskreisen, wie es sie auch in landeskirchlichen Gemeinden gibt. Hauskreise drehen sich um die Bedürfnisse der Teilnehmenden, bei stärker organisierten Kirchgemeinden vertiefen die Hauskreise die Predigt des zentralen Gottesdienstes. Im Seestern-Konzept sind die Häuser die Kirchen.
Neben dem reinen Seestern-Modell beschreiben die Autoren auch Zwischenformen. Das kommt den beiden Hosts des Podcasts «Aufwärts stolpern» entgegen. Sie stellen nämlich fest, dass eine reformierte Kirchgemeinde kein reine Seestern-Gemeinde werden könne. Die Mischform, die näher am Seestern-Modell ist, hingegen, kann durchaus ein Konstrukt sein, mit der ein Bereich einer Kirchgemeinde funktionieren kann, sagt Host Lukas Huber.
«Underground Church»
Neben «The Starfish and the Spirit» diskutieren die beiden Hosts auch das Buch «Underground Church» von Brian Sanders, der aus der gleichen Grundidee die Erfahrung des Kirchennetzwerks in Tampa (Florida) beschreibt mit den Erfahrungen, die die Verantwortlichen machten. Sanders behauptet: «Die Kirche ist, in ihrer stärksten Form, klein.»
Anna Näf zeigt sich sehr inspiriert von Brian Sanders Aussage, dass in einem Mikrokirchen-Kontext «Exzellenz» kein Wert sei, der forciert wird. Im Gegenteil: Es ist wichtiger, Menschen im Kirchennetzwerk nach vorne zu schieben, die vielleicht weniger gute Redner sind als die bestens ausgebildeten Theologinnen und Theologen. Es ist wichtiger, die Fähigkeiten von vielen hervorzuheben und sie zu ermutigen, sich einzubringen.
Lukas Huber hob die Idee in «The Starfish and the Spirit» hervor, dass die Grundform einer Seestern-Gemeinde der Kreis und nicht die Pyramide sei; das solle sich auch im Besprechungsraum zeigen. Die ideale Sitzform sei der Kreis, nicht das Rechteck. Und der Sitzungsleiter solle nicht oben am Tisch sitzen, sondern einfach irgendwo im Kreis.
Gegen den Schluss der Episode erzählt Lukas Huber die unterschiedlichen Kernbotschaften von verschiedenen Kirchenmodellen aus dem Seestern-Buch. Die Kernbotschaft von schrumpfenden und stagnierenden Kirchen ist: «Bitte bleibt!» Die Kernbotschaft von wachsenden (Gross-)Kirchgemeinden ist: «Bitte kommt!» Die Grundbotschaft von Mikrokirchen-Netzwerken ist: «Bitte geht!» (Gemeint ist natürlich: Geht und gründet neue Kirchen.)
Lukas huber hat eine deutsche Zusammenfassung des Buchs «The Starfish and the Spirit» geschrieben. Sie findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/The%20Starfisch%20and%20the%20Spirit.pdf
Eine deutsche Zusammenfassung von «Underground Church», ebenfalls erstellt von Lukas huber, findet sich hier: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/Underground%20Church%20von%20Brian%20Sanders.pdf
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In einer Kirchgemeinde und speziell einem Pfarr- oder anderen Team kommt es sehr darauf an, ob man einander vertrauen kann oder nicht. Und wenn das Vertrauen einmal zerbrochen ist, kann es sehr schwierig werden, weiter zusammenzuarbeiten.
In der «Aufwärts-stolpern»-Episode über das Buch «Trust» von Dr. Henry Cloud starten die beiden Hosts Lukas P. Huber und Anna Näf mit dem zweiten Teil des Buchs: «The Model for Repairing Trust». Nach einem Vertrauensbruch gelte es als erstes, sich in Sicherheit zu bringen, schreibt Cloud, sonst komme man in Versuchung, dumme Entscheidungen zu treffen. Dann gelte es, in Richtung Vergebung zu gehen. Vergeben sei ein Geschenk an sich selber und habe mit der anderen Person noch gar nichts zu tun. Vergeben heisst, sich zu lösen von dem, was geschehen ist.
Auf Vergebung folgt Versöhnung – vielleicht
Die nächsten Schritte, die Cloud empfiehlt, haben es den Hosts sehr angetan. Er sei in einer religiösen Welt aufgewachsen, in der Vergebung und Versöhnung eigentlich ein und dasselbe gewesen sei, bekennt Lukas Huber. Nach der Vergebung aber, sagt Cloud, solle man sich zuerst überlegen, was man genau wolle. Zur Versöhnung brauche es nämlich den anderen – und wenn dieser nicht bereit sei, zu seinen Fehlern zu stehen und die Verantwortung für seine Taten und Worte zu übernehmen, sei eine Versöhnung gar nicht möglich. Die Versöhnung, mit anderen Worten, ist nach dem «obligatorischen» Vergeben (für den eigenen Seelenfrieden!) ein optionaler Schritt.
Ein letzter optionaler Schritt, der gut abgeklärt werden müsse, ist, ob man nach Vergebung und Versöhnung dem anderen wieder Vertrauen schenken wolle und könne. Dafür sei es nötig, sagt Cloud, die Merkmale des ersten Teils des Buchs (ein zweites Mal) zu ergründen – also nochmals durch die Voraussetzungen für Vertrauen zu gehen und schauen, ob Vertrauen eine Option ist.
Fünf Voraussetzungen für Vertrauen
Henry Cloud sagt, um jemandem zu vertrauen, brauche es fünf Vorraussetzungen. Viel emotionaler Ärger und grosse Enttäuschung kann folgen, wenn man diese nicht sauber abgeklärt hat, bevor man jemandem vertraut. Vertrauen muss man nämlich nur, wenn man in einer Position der Schwäche ist: Man braucht etwas von einem anderen Menschen – sonst wäre Vertrauen gar nicht nötig, man würde es sonst einfach selber machen.
Versteht die andere Person mich? Umgekehrt, wenn andere mir vertrauen sollen: Habe ich der anderen Person zeigen können, dass ich ihr zuhöre und verstehe, was ihr wichtig ist und was sie wertschätzt.
Wie steht es um ihre Motivation? Will sie das gleiche wie ich? Geht es ihr nur um sich selber oder auch um das, was mich bewegt? Dieser Punkt ist nicht unwesentlich in einer Kirchgemeinde: Ich kann zu 100 Prozent überzeugt sein, dass mich ein Arbeitskollege nie bestehlen würde, aber wenn er bei der Arbeit immer in eine andere Richtung zieht, kann das heissen, dass ich ihm nicht vertrauen kann.
Hat der die nötigen Fähigkeiten? Wenn man in einer Kirchgemeinde jemanden als zuverlässig und engagiert erlebt hat – heisst das, dass er auch ein gutes Mitglied der Kirchenpflege ist? Nicht unbedingt; er sollte auch die Fähigkeiten und Interessen mitbringen, die mit der neuen Aufgabe verbunden sind.
Wie sieht es mit ihrem Charakter aus? Dieser Punkt ist sehr trickreich. Wenn man einer Mitarbeiterin absolut das Portemonnaie anvertrauen könnte, sie aber unter Druck immer die Schuld bei anderen sieht, kann das unter Umständen das Vertrauen zerstören. Umgekehrt, sagt Cloud: Man will ja nicht mit einer Arbeitskollegin verheiratet sein, unter Umständen kann man ihr bei einem gemeinsamen Projekt in jenem Bereich durchaus vertrauen, der wichtig ist, auch wenn sie sonstige Charakterschwächen hat. Vertrauen ist also auch etwas Sektorielles: Es bezieht sich oft auf Themen und Bereiche, nicht auf das ganze Leben.
Der Punkt, an dem Anna Näf in der Podcast-Episode zurückzuckte, war das fünfte Merkmal Clouds: Leistungsbilanz. Gerade vor einem Glaubenshintergrund hat man doch den Impuls, jemandem eine zweite Chance zu geben, wenn er seinen Fehler einsieht und Besserung gelobt. Allerdings, werden sich die Hosts einig, das Versprechen, etwas nie mehr zu tun, kommt zum Beispiel süchtigen Menschen leicht von den Lippen. Ob jemand sein Verhalten aber wirklich gebessert hat – tja, das kann nur die Zeit zeigen, darum ist es manchmal nötig, die Leistungsbilanz anzuschauen.
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Zum Buch «Trust» hat Lukas Huber eine deutsche Zusammenfassung geschrieben. Sie ist hier zu finden:
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Es mache Gott wenig Ehre im Quartier, wenn eine kriselnde Kirchgemeinde ihre Tore zumache, sagt der amerikanische Gemeindeerneuerer Mark Clifton. Er steigt also theologisch ziemlich hoch ein, wenn er darüber redet, was man mit Kirchgemeinden machen solle, denen es nicht gut geht.
Die Gemeindegründungsszene, speziell in den USA, hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder und sehr deutlich gesagt, dass innovative Kirchenleute kriselnde Kirchgemeinden links liegen und lieber eine neue Kirche gründen sollten. Das sei viel effektiver als sich mit einer Kirchgemeinde zu beschäftigen, die ja aus einem guten Grund nah am Abgrund steht.
Diesen Abgrund lotet Mark Clifton aus. Der Grund, warum Kirchgemeinden in der Krise seien, sei nicht fehlendes Geld oder mangelnde Mitgliederzahlen, das Problem liege darin, dass es den Kirchen nicht gelinge, Menschen in die Nachfolge von Christus zu rufen. Was wie eine Kritik an liberalen europäischen Kirchen tönt, schreibt aber Clifton im Hinblick auf die 85 Prozent der Kirchgemeinden seiner eigenen Denomination, denen es nicht gut geht. Nur 15 Prozent der Kirchen der südlichen Baptisten seien gesund und am wachsen.
Krankheit sieht man den Kirchgemeinden nicht unbedingt auf den ersten Blick an. Auch taumelnde Kirchgemeinden hätten meist viel kirchliche Aktivität aufzuweisen, nur richteten sich die Angebote an die bestehenden Mitglieder, die sich so selber beschäftigen.
Vier Lösungen – nur eine ist für uns interessant
Mark Clifton präsentiert vier Wege, wie Kirchen aus der Krise kämen:
Die kranke Kirche übergibt die Schlüssel ihrer Gebäude einer Gemeindeneugründung oder einem Ableger einer gut funktionierende Kirche.
Die kriselnde Kirche teilt die Gebäude mit einer Gemeinde-Neugründung. Vielleicht färbt ja etwas von der Dynamik der neuen Kirchgemeinde ab.
Die sterbende Kirchgemeinde fusioniert mit einer Gemeindeneugründung oder einer funktionierenden Kirchgemeinde, die einen neuen Ableger starten will. Das sei aber mit vielen Herausforderungen verbunden: Die «alten» Mitglieder müssten die Verantwortung den neuen, dynamischen Leuten abgeben. Wenn aber ein Neustart auf diese Weise gelinge, umfasse die neue Kirche gleich alle Generationen (im Unterschied zu einer Gemeindeneugründung, die sich gewöhnlich um ein sozial homogenes Gründungsteam schart).
Der kranken Kirchgemeinde gelingt ein Neustart von innen. Das geht gewöhnlich nur mit neuen Angestellten, sprich es kann wohl nur bei einem Personalwechsel funktioneren. Die neue Pfarrerin oder der neue Pfarrer muss dann beides tun: Hirte sein und ein Kirchen-Neugründer – ein spannungsvolles Unternehmen. Clifton sagt: Die anderen drei Ansätze sind wahrscheinlich erfolgreicher, aber der vierte Ansatz wird wohl immer häufiger versucht. Für Schweizer Landeskirchen, so sind sich die beiden Hosts in der entsprechenden Episode des Podcasts «Aufwärts stolpern» einig, kommt wohl nur dieser vierte Weg in Frage.
Sich auf junge Männer fokussieren – hä?!
Anna Näf und Lukas Huber diskutieren dann die sechs Neupflanzungs-Imperative von Mark Clifton. Unter ihnen, dass es für die Pfarrperson wichtig sei, die «alten» Mitglieder nicht zu beschuldigen, weil sie die Kirche so haben krank werden lassen, sondern dass es darum gehe, alle Anwesenden zu lieben. Einem anderen der sechs Imperative können die Hosts wenig abgewinnen: Es gelte, sagt Clifton, gezielt in junge Männer als Leader zu investieren. Da schlägt wohl viel amerikanische Haltung durch, sagt Anna Näf.
Lukas Huber fand dafür einleuchtend, was Clifton im letzten Teil des Buchs sagen: Wer eine Gemeinde erneuern wolle, braucht viel taktische Geduld: Dinge ertragen, von denen man sehe, dass sie nicht helfen, bis der Moment gekommen ist, um sie zu ändern.
Marcel Grob und Lukas Huber laden übrigens im September ein zu einem Lektüre-Austauschtreffen, an dem über die beiden Bücher «Die Kirche ist tot – es lebe die Kirche» von Heinzpeter Hempelmann und «Reclaiming Glory» von Mark Clifton diskutiert wird. Das Lektüre-Austauschtreffen startet am Mittwoch, 11. September 2024 um 9.30 Uhr in der Stahlgiesserei Schaffhausen. Weitere Informationen finden sich hier.
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Diese Episode ist auch als Videopodcast veröffentlicht worden: https://www.youtube.com/watch?v=-gUoxLpwSKo
Zum Buch «Reclaiming Glory» hat Lukas Huber eine Zusammenfassung geschrieben. Sie ist hier zu finden: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/Reclaiming%20Glory%20–%20Lukas%20P.%20Huber.pdf
Zu dieser Episode ist auch ein Bericht veröffentlicht worden: https://www.lkf.ch/blog/reclaiming-glory
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Neu können Interessierte den Podcast des Landeskirchen-Forums, «Aufwärts stolpern», nicht nur anhören oder hier einen Bericht über die aktuelle Folge lesen, sondern künftig kann man die Podcast-Folgen auch schauen: auf YouTube. Die aktuelle Episode finde sich hier.
Die aktuelle Episode hat es in sich. Das, weil die Thesen des deutschen Theologen und Milieuforschers Heinzpeter Hempelmann provozieren. Er drischt heftig auf seine Landeskirche ein: Sie verstehe sich als Hüterin der Moral, doch sei ihre Moral oft stärker vom Milieu ihrer Akteure geprägt als von deren Theologie. Kirche erreiche von den zehn Milieus westlicher Kulturen nur zwei bis zweieinhalb. Sie sei darum nicht nur wegen der sinkenden Mitgliederzahlen, sondern auch aus Milieusicht schon lange keine «Volkskirche» mehr.
Die Kirche bilde auch die falschen Leute aus, und das erst noch falsch: Statt Grossstadt-kompatibler Entrepreneure bilde sie akademische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, die beigebracht bekämen, nach dem Motto «je realitätsfremder, desto wissenschaftlicher» zu arbeiten.
Zudem wiege sich die Kirche im falschen Glauben, dass sie nicht untergehen könne. Und weil sie das glaubt, stolpert sie von Strukturanpassung zu Strukturanpassung, anstatt komplett neu anzusetzen und sich zu überlegen, was eigentlich noch hilft und was weg kann.
Wie die Kirche wieder Zukunft gewinnt
Hempelmann bleibt aber nicht bei der provozierenden Analyse stehen. Gott liebe das Schwache und er lasse die Kirche nicht los, schreibt er. Die Kirche allerdings müsse lernen, loszulassen. Zum Beispiel die Positionen und Privilegien. Ihr Selbstbild als gesellschaftlicher Player, der die öffentliche Diskussion massgeblich prägt zum Beispiel lasse sich nicht halten. Die Kirche werde zunehmend einen freikirchlichen Status mit «freiwilligkeitskirchlichen Merkmalen» einnehmen müssen.
Um diesen Übergang zu schaffen, wird die Kirche Bypässe legen am System vorbei: kleine kirchliche Strukturen, die sich nicht und die Institutionslogik der Kirche kümmern, sondern einfach einmal etwas machen. Diese neuen Formen von Gemeinde werden nicht gegen die Institution kämpfen, sondern einfach um sie herum arbeiten: nicht fragen, ob ein Abendmahl auch ohne ordinierter Pfarrer gefeiert werden darf, sondern es einfach machen.
Co-Host Lukas Huber bemerkt dazu, dass Hempelmann in seinem Buch natürlich nicht die Welt neu erfindet – die Logik dieser Bypässe ist in der anglikanischen Kirche in Form der Fresh Expressions of Church längst beschrieben. In diesem Prozess des kirchlichen Umbaus werde die Kirche dazu kommen, sagt Hempelmann, die Logik umzudrehen: nicht zu fragen, was man noch erhalten könne, sondern umgekehrt zu fragen: Was brauchen wir eigentlich noch und was hindert uns eher?
Was können wir evangelisch prägen?
Ein weiterer Punkt, den Hempelmann stark macht, ist das Stichwort «evangelisch prägen». In Deutschland werden viele Kitas, Kindergarten und Altersheime von Kirchgemeinden betrieben. Hempelmann fragt sich nun, ob die Kirche wirklich die Kraft habe, diese Institutionen evangelisch zu prägen. Wenn nicht, sagt er, solle die Kirche doch überlegen, ob sie diese – sehr wichtigen – Institutionen nicht anderen Trägern abgeben sollte. Co-Host Anna Näf fragt sich bei dieser These Hempelmann, ob sich damit nicht noch mehr Menschen von der Kirche entfremden würden.
Auch kirchliche Immobilien sind ein Thema in Hempelmanns Buch «Die Kirche ist tot – es lebe die Kirche». Kirchgemeinde-Häuser seien oft Milieu-Gebäude mit Ekelschranken. Lukas Huber erzählt dazu, er habe in einem Kirchgemeinde-Haus ein Foto von einer grossen Filterkaffee-Maschine gemacht und in den Familienchat gestellt mit dem Kommentar: «Wie sage ich, dass ich in einem Kirchgemeinde-Haus bin, ohne zu sagen, dass ich in einem Kirchgemeinde-Haus bin?»
Die Häuserfrage verbindet Hempelmann im letzten Teil seines Buchs mit der Forderung, dass die Kirche aufmerksam Menschen aus anderen Lebenswelten ermutigt, in ihrem Milieu Gemeinde zu bauen. Auch wenn die Milieuforschung klar sagt, dass die Kirche nur zwei bis zweieinhalb Milieus erreicht, kann sie Gemeindeformate anerkennen und fördern, die aus anderen Milieus stammen und von Menschen aus anderen Lebenswelten verantwortet werden.
Schliesslich, schreibt Hempelmann: «Die Sache Jesu wird weitergehen, bis er am Ende selber kommt. Für Kirche und Christen bedeutet das: Wir können nicht verlieren. Wir dürfen etwas, wir können sogar uns riskieren, weil wir wissen: Wir können nur gewinnen.»
Marcel Grob und Lukas Huber laden übrigens im September ein zu einem Lektüre-Austauschtreffen, an dem über die beiden Bücher «Die Kirche ist tot – es lebe die Kirche» von Heinzpeter Hempelmann und «Reclaiming Glory» von Mark Clifton diskutiert wird. Das Lektüre-Austauschtreffen startet am Mittwoch, 11. September 2024 um 9.30 Uhr in der Stahlgiesserei Schaffhausen. Weitere Informationen finden sich hier.
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Diese Episode ist auch als Videopodcast veröffentlicht worden: https://www.youtube.com/watch?v=DueoyZP6-Hg
Zum Buch «Die Kirche ist tot – es lebe die Kirche» hat Lukas Huber eine Zusammenfassung geschrieben. Sie ist hier zu finden: https://www.lkf.ch/sites/default/files/dateien/Die%20Kirche%20ist%20tot%20–%20es%20lebe%20die%20Kirche%20–%20Lukas%20P.%20Huber.pdf
Zu dieser Episode ist auch ein Bericht veröffentlicht worden: https://www.lkf.ch/blog/die-kirche-ist-tot-wirklich
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Kirche besteht aus Menschen. Kirchenleitende stellen sich darum die Frage: Wie viel investieren wir in Menschen? Für Daniel Frischknecht in Episode 06-07 des LKF-Podcasts «Aufwärts stolpern» ist klar: Jede Kirchgemeinde braucht einen Mitarbeiterentwickler – eine Ansprechperson für alle Engagierten, die sie wahrnimmt, ihnen zuhört und sie fördert. Daniel Frischknecht hat dabei einen Trend festgestellt: Heute wollen Menschen mitarbeiten und dann gecoacht werden, sie wollen nicht zuerst in einen Kurs gehen und dann mitarbeiten.
Werner Näf hat in Episode 06-03 bekannt, dass er es als Pfarrer zuerst hat lernen müssen, ein gewisses Chaos in der Kirchgemeinde zuzulassen, wenn Menschen Verantwortung übernehmen sollen.
Von der Chance, dass Leiterförderung ein Selbstläufer wird, sprach Diana Abzieher in Episode 06-08 – wenn man ein Weiterbildungsmodul wie «Zusammen auf Kurs» über mehrere Jahre hinweg anbietet. Jugendlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solle man das gleiche Gewicht geben wie Erwachsenen.
Investieren, wenn die Ressourcen fehlen
Co-Host Lukas Huber hat ein Paradoxon beobachtet: Ausgerechnet jene Kirchgemeinden sollten eigentlich gezielt Menschen schulen, denen die Ressourcen wegbrechen: Kirchgemeinden, die zum Beispiel keine Angestellten mehr finden, weil der Arbeitsmarkt ausgetrocknet ist.
Co-Host Anna Näf schildert eine weitere Beobachtung: Die Kirche versuche angesichts der Kirchenaustritte, sich bei den Noch-Mitgliedern in Erinnerung zu rufen statt in jene Menschen zu investieren, die sich engagieren wollten – dabei könnten ausgerechnet diese Mulitplikatoren der Idee sein, dass Kirche wichtig ist.
Die Delle im mittleren Alter
Wenn sich die reformierte Kirche dem Allgemeinen Priestertum verschrieben hat, bleibt die Frage, wen man für eine Mitarbeit gewinnen kann. Daniel Frischknecht hat schliesslich die Erfahrung gemacht, dass die Menschen im mittleren Alter am wenigsten Zeit und Kraft haben, sich zu engagieren. Kein Wunder, dass Diana Abzieher bei Kindern und Teenagern ansetzt.
Lukas Huber bringt die Buchbesprechung von Daniels Ims Buch «No Silver Bullets» in Episode 05-03 ins Spiel: Der Mensch lerne zu 10 Prozent durch formale Bildung, zu 20 Prozent durch Coaching und zu 70 Prozent durchs Tun. Pfarrerinnen und Pfarrer müssten darum den Mut finden, Leute machen zu lassen. Lukas Huber berichtet von seinem Studienurlaub letzten Herbst: Für diese Zeit habe er ein Gottesdienst-Team gefragt, ob sie den Gottesdienst ohne ihn gestalten. «Und nachher bin ich einfach nicht wieder eingestiegen.» Anna Näf hat das erlebt, als es darum ging, einen Jugendraum neu zu gestalten: «Ich konnte letztes Mal nicht dabei sein, und ich glaube, sie kamen viel schneller voran als wenn ich den Ton angegeben hätte.»
Zwei Gottesdienste ohne Pfarrer
Werner Näf in der Kirchgemeinde Gächlingen hatte dazu einen mutigen Vorschlag, erzählt Lukas Huber: Im Gottesdienst-Programm für 2024 wurden für zwei Gottesdienste einfach keine Pfarrperson bestimmt, sondern er habe der Kirchgemeinde gesagt, da müssten sie schauen, dass es ein guter Gottesdienst wird. Mindestens für den ersten der beiden hätten sich zwei Personen zusammengetan, berichtet Lukas Huber.
Zum Schluss der Episode geht es um die drei Ziele, die Lukas Huber verfolgt in der Jugendarbeit: Junge Menschen sollen geistlich wachsen und religiös sprachfähig werden, sie sollen in ihren Führungskompetenzen wachsen und im sonstigen Leben zu reifen Persönlichkeiten werden.
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«Fixe Strukturen geben keine Stabilität», sagte Werner Näf in Episode 06-03 des LKF-Podcasts «Aufwärts stolpern» – eine sehr provozierende Antwort auf die Frage, wie die Zusammenarbeit von Kirchgemeinden gestaltet werden soll. Gelingende Zusammenarbeit finde dort statt, wo die Beziehungen gut sind und man einfach einmal zusammenarbeite in Bereichen, in denen es passt. «Lasst die Strukturen, wie sie sind», sagt der Pfarrer und Internet-Unternehmer, der durch seine geschäftliche Tätigkeit Einblick in die Funktionsweise von Kirchgemeinden der ganzen Schweiz hatte – speziell von fusionierten Kirchgemeinden. Wenn sich die Zusammenarbeit einmal bewährt hat, sei die Anpassung der Strukturen gewöhnlich ganz einfach. Ein weiterer Tipp von Werner Näf: andere Kirchenstände/Kirchenpflege zum Pizzaessen ohne Traktanden einladen statt mit einem Organisationsentwickler lange Sitzungen zu machen.
In Episode 06-02 sprach Franziska Huber von den Ressourcen-Verteilkämpfen, die den Kirchgemeinden bevorstehen und die es unter Umständen schwieriger macht, zusammenzuarbeiten. Eine wichtige Problemanzeige.
Freiheit hilft
Jugendarbeiter Enrico Pezzoni beschrieb in Episode 06-06, wie das gemeinsame Gross-Feriencamp Refresh zu vielen fruchtbaren Diskussionen unter Pfarrerinnen und Jugendarbeitern führten. Angestellte von vielen, auch sehr unterschiedlich geprägten Kirchgemeinden arbeiteten im Zusammenhang mit dem Camp zusammen und lernten sich schätzen.
Gerade die Erfahrungen des Refresh-Camp der St.-Galler Kirche bringen Podcast-Co-Host Lukas Huber dazu, ein Plädoyer für die Freiheit zu halten: Wenn Kirchgemeinden fusioniert sind, müssen die Angestellten und alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeit auf Gedeih und Verderb miteinander klar kommen – oder können es auch nicht zusammen. Wenn Strukturen von unten her gestaltet werden, gibt es meist noch andere Möglichkeiten, sich anders zu orientieren, wenn die Zusammenarbeit nicht klappt.
Regiolokale Kirchenentwicklung
Michael Herbst und Hans-Hermann Pompe haben in ihrem Heft «Regiolokale Kirchenentwicklung betont, dass Kirchgemeinden sich regional profilieren sollten – und dass gleichzeitig das lokale geistliche Leben stehen und gestärkt werden soll. Auch sie kommen zum Schluss dass die Beziehungen entscheidend sind, ob diese Ausrichtung gelingt.
Co-Host Anna Näf erzählt von den regelmässigen Treffen von sieben Winterthurer Kirchgemeinden unter dem Stichwort «Beer and Brainstorm», bei denen Pfarrer und Jugendarbeiterinnen ohne Traktandenlisten und Protokoll zusammen essen und austauschen.
Kultur der Grosszügigkeit
Den Weg zu guter Zusammenarbeit sieht Lukas Huber darin, dass Kirchgemeinden eine Kultur der Grosszügigkeit pflegen – zum Beispiel in finanzieller Hinsicht. Unter Umständen ist eine grosszügige Haltung langfristig günstiger als eine Konfliktberatung.
Daneben habe die Frage, wie Strukturen und Beziehungen gestaltet werden, auch eine geistliche Seite, behauptet Lukas Huber weiter. Er beobachte, dass es für den Gemeindebau viel Vertrauen in das Unverfügbare brauche. Er argwöhnt, dass manche Menschen stattdessen lieber an den Strukturen arbeiten, weil man das kann man auch ohne Vertrauen auf Gott tun kann. Gelingende Zusammenarbeit über die Grenzen hinaus braucht aber viel Vertrauen.
Die Episode schliesst mit dem Postulat, dass auch eine Kantonalkirche ihren Beitrag an eine gelingende Zusammenarbeit von Kirchgemeinden leisten kann: indem sie Orte schafft, in denen sich Menschen ungezwungen treffen und einander vertrauen lernen.
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Immer wieder haben Interviewgäste in Staffel 6 darüber gesprochen, dass es in Kirchgemeinden eine Spannung zwischen innen und aussen gibt, zwischen Einladung und Selber Hinausgehen. Pfarrer Bernhard Jungen hat in Episode 06-01 eindrücklich erzählt, wie seine Kirchgemeinde attraktive Gottesdienst-Angebote startete, dass er dann aber mit Unbehagen feststellte, dass die Kirche Menschen in die Kirche bringt, sie dann aber nicht mehr hinauslasse. Das sei aber gar nicht gut, sagte Jungen, seither geht er mit seiner Unfassbar zu den Menschen.
In Episode 06-02 sprach Franziska Huber ebenfalls davon, dass es wichtig sei, hinauszugehen – nicht mit einem missionarischen Anliegen, sondern im Vertrauen darauf, dass Gott schon in den Menschen am Wirken ist.
Schliesslich stellte Uwe Habenicht in Episode 06-09 fest, dass die Spiritualität nicht automatisch verschwindet, wenn jemand aus der Kirche austritt – dass aber das Kirchengebäude bei solchen Menschen kein Anknüpfungspunkt mehr sein könne. Darum lade er zum Beispiel ein, am Lagerfeuer zu philosophieren.
Weniger Geld für Kirchengebäude
In amerikanischen Kirchen spiegle sich dieser Kulturwandel in den Ausgaben, die für den Kirchenbau getätigt werden, sagt Aufwärts-stolpern-Co-Host Lukas Huber. Zwischen 2002 und 2022 seien die Ausgaben für Kirchenbauten von 8,7 Milliarden auf 2,7 Milliarden gesunken, wobei die Gottesdienst-Räumlichkeiten massiv schrumpften zugunsten von «non-traditional space» (Quelle: der Podcast «Revitalize and Replant»). Es könne sehr wohl ein Teil des Nach-aussen-Gehen-Konzepts sein, kirchliche Gebäude für andere Anbieter und Anliegen zu öffnen; seine Kirchgemeinde zum Beispiel habe das Dachgeschoss des Mesmerhuus gegenüber der Kirche Löhningen ausgebaut; dort findet jetzt der offene Jugendtreff Check-in statt – betrieben von der Kirchgemeinde.
Co-Host Anna Näf war vor Jahren angestellt für den Check-in Löhningen. Sie schildert, wie zu Beginn nicht viele Kinder in den offenen Jugendtreff kamen – bis das Team das Mesmerhuus verliess und auf den Spielplatz bei der Schule gingen. Von da an seien die Besucherzahlen regelrecht explodiert. Nachdem die Beziehungen da waren, kamen die Kinder auch ins Mesmerhuus.
Nur körperlich hinausgehen reicht nicht
Allerdings reicht es noch nicht, die Kirchengebäude physisch zu verlassen. Das tun die Zeugen Jehovas auch, sagt Anna Näf. Es brauche auch einen mentalen Wandel: weniger die Bibel exegetisch sauber auslegen, sondern mehr das Leben biblisch auslegen.
Lukas Huber schildert die Erfahrungen seiner Kirchgemeinde mit einer Kontextanalyse, die am laufen ist. Sie hätten gemerkt, dass Beziehungen ein Thema sind im Dorf. Die Frage ist jetzt: Gibt es da die Möglichkeit, mit einem anderen Engagierten im Dorf zusammenzuarbeiten, um Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen?
Also, fragt sich Anna Näf etwas skeptisch: Sollte man die Leute eher ins Dorf hinausschicken statt sie für kirchliche Anlässe anzufragen? Das ist für eine kirchliche Jugendarbeiterin nicht so einfach, das sie darauf angewiesen ist, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre Angebote zu finden. Lukas Huber gibt auch zu bedenken, dass es möglicherweise einen Unterschied gebe zwischen 14- und 40-Jährigen: Junge Menschen wachsen im Glauben, wenn sie in einer verbindlichen Gemeinschaft mit anderen leben – also viel Zeit «drinnen» verbringen. Vielleicht sollten sie erst später «hinausgeschickt» werden?
Was, wenn man kein Vereinsmeier ist
Die Ausrichtung nach aussen muss sich am Ende im konkreten Leben ausdrücken, sind sich beide Hosts einig. Er sei kein Vereinsmeier, bekennt Lukas Huber, er gehe darum nicht in den Turnverein, auch wenn das eine gute Möglichkeit wäre, mit anderen unterwegs zu sein; er gehe dafür oft einfach im Dorf spazieren und lasse praktisch kein Adventsfenster in seinen Dörfern aus.
Anna Näf schliesst die Episode mit der Erkenntnis ab, dass es wohl einen bewussten Wandel in der Kirchgemeinde brauche. Dazu sei aber eine gute Verwurzelung im eigenen, persönlichen Glauben nötig.
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Zu dieser Episode ist auch ein Bericht veröffentlicht worden: https://www.lkf.ch/blog/ist-das-kommt-zu-uns-konzept-am-ende
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