Die Suche nach dem optimalen Personalmix - Personalbemessung (PeBem) in der stationären Altenhilfe.
**#106 caritalks - Pflege in der Krise: Kann eine Rechenformel den Weg aus dem Personalmangel weisen?
Die Suche nach dem optimalen Personalmix - Personalbemessung (PeBem) in der stationären Altenhilfe.
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In dieser Episode spricht Christoph Grätz mit seinem Kollegen Frank Krursel über die Personalbemessung (PeBem) in Altenheimen - ein zentrales Thema für die Qualität der Pflege und die personelle Ausstattung in der stationären Altenhilfe. Sein Gast, Frank Krursel, ist Fachreferent beim Caritasverband für das Bistum Essen und unter anderem zuständig für die fachliche Begleitung der stationären Altenhilfe und Pflege. Er erklärt, warum das Pflegesystem unter Druck steh und erläutert die größten Herausforderungen für die Pflege. Eine davon ist der Fachkräftemangel.
Pflegewissenschaftler Krursel erklärt das Konzept der PeBem als Instrument zur Bemessung des tatsächlichen Personalbedarfs in Altenheimen. Das Konzept beruht auf einem Algorithmus, den ein Team von Pflegewissenschaftlern auf der Grundlage umfangreicher wissenschaftlich erhobener Daten entwickelt haben. Begründer der Personalbemessung ist Professor Heinz Rothgang von der Uni Bremen. Der Algorithmus berechnet auf der Grundlage der Pflegegrade der Bewohner*innen eines Altenheimes den Personalbedarf je Qualifikationsniveau.
Frank Krursel berichtet, wie sein Verband Altenheime in seinem Netzwerk bei der Umsetzung der PeBem unterstützt. Die praktische Anforderung bestehe in einer Analyse der Personalstruktur und - als Aufgabe für die Sozialwirtschaft - in der Nachqualifizierung von Hilfskräften. Das Modell der PeBem stößt, so Krursel, aber auch auf Vorbehalte – besonders weil viele hochqualifizierte Pflegende nicht die Verantwortung für die Arbeit weniger qualifizierter Kollegen übernehmen wollen.
Der Zeitplan der Bundesregierung sieht vor, dass die Personalbemessung bis zum 31. Dezember 2025 flächendeckend umgesetzt sein soll. Krursel rät den Altenhilfeeinrichtungen, die Informations- und Schulungsangebote der Spitzenverbände intensiv zu nutzen.
Für eine Einrichtung mit 74 Bewohnerinnen und unterschiedlichen Pflegegraden ergibt die PeBem-Berechnung, wie sich der Personalbedarf auf Pflegehilfskräfte, Assistenzkräfte und Pflegefachkräfte verteilt.
• 74 Bewohnerinnen
• 0 davon mit Pflegegrad 1
• 20 haben Pflegegrad 2
• 28 Pflegegrad 3
• 20 Pflegegrad 4 und
Die PeBem-Berechnung ergibt einen Bedarf an Pflegehilfskräften von 10,77, bei den Assistenzkräften sind es 7,844 und bei den Pflegefachkräften sind es 13,647.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Rothgang-Studie
Die Forschungsgruppe um Professor Heinz Rothgang hat im Zuge der Datenauswertung Erkenntnisse gewonnen, die zeigen, dass pflegerische Interventionen oft aufgrund von Zeitmangel nicht durchgeführt werden (können) und wesentliche Arbeitsschritte, wie Händedesinfektion oder Kontrolle der Wassertemperatur teilweise ausblieben. Dies sei umso häufiger, je schlechter die personelle Ausstattung in einem Altenheim ist. Die wohl wichtigste Erkenntnis der Studie ist, dass es einen besonders hohen Mehrbedarf an Assistenzkräften mit ein- bis zweijähriger Ausbildung (+69 %) gibt. Die Empfehlung lautet, Qualifikationen besonders auf diesen Bereich zu fokussieren. Bei den Pflegefachkräften liegt der Mehrbedarf bei ca. 3,5 %.
Eine Empfehlung der Wissenschaftler*innen an die Pflege ist, Personal passgenauer einzusetzen, zum Beispiel, dass Pflegefachkräfte sich auf fachlich anspruchsvolle Aufgaben konzentrieren sollen, während weniger qualifizierte Kräfte Routineaufgaben übernehmen.
**Weiterführende Links **
• Infos vom Pflegenetzwerk Deutschland zur Personalbemessung (PeBem) https://pflegenetzwerk-deutschland.de/schwerpunkte/arbeitsbedingungen/das-personalbemessungsverfahren-nach-prof-rothgang
• Eine kritische Auseinandersetzung mit der PeBem der Pflegekammer NRW https://www.pflegekammer-nrw.de/pflegepersonalbemessung-gesetzliche-umsetzung-der-rothgang-studie-verunsichert-die-pflegepraxis-2/
• Informationen zur Zeitschrift Caritas in NRW https://www.caritas-nrw.de/
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