Im September 1917, mitten im ersten Weltkrieg, wurde der damals wahrscheinlich etwa 14-jährige Willi Fuchs, Sohn eines zu Beginn des Krieges gefallenen Nürnberger Offiziers, von seiner Mutter nach München geschickt, um dort an der königlichen bayrischen Kadettenakademie ebenfalls zum Offizier ausgebildet zu werden. Willi freilich hat für Militärisches wenig übrig und beklagt in seinen Briefen an seine Mutter bitterlich, dass sie ihn zwinge, sie zu verlassen und das ihm so unerträgliche Kasernenleben durchzumachen. Seine Mutter, in oft komischem Schwanken zwischen dem Ehrgeiz, dass aus ihrem Sohn ein respektabler Offizier zu werden habe und Liebe zu ihrem leidenden Kind, will von einem Abbruch der Ausbildung freilich nichts wissen und weist ihren Willi scharf zurecht, sich zusammenzureißen und die Offiziersausbildung zu ertragen - die tapferen Soldaten draußen an der Front würden schließlich noch ganz anderes erdulden. Einen Teil dieser Briefe habe ich vor Jahren für meine Sammlung historischer Briefe auf einem Flohmarkt gekauft und jetzt transkribiert und eingesprochen. Diese Briefe, geschrieben zwischen September 1917 und März 1918, sind ein faszinierender Einblick ins Alltagsleben im Deutschland des ersten Weltkriegs, in eine nicht ganz einfache Mutter-Sohn-Beziehung wie in die Lebensbedingungen in der Spätphase des Krieges.