Max Grundig, einer der erfolgreichsten deutschen Nachkriegsunternehmer, wurde einmal gefragt: \'Sagen Sie bitte, Herr Grundig, nach welchen Kriterien treffen Sie eigentlich Ihre Entscheidungen?\' Da lehnte sich der Patriarch zurück, tippte zunächst mit dem Finger an die Stirn und deutete dann auf seinen Solarplexus: \'Ich überlege. Mein Bauch entscheidet.\'
1.1 Die Folge 12: Entscheidungen treffen
Hallo und herzlich willkommen zur Folge 12 unseres Podcastes IT Projektmanagement. Nachdem es in den letzten beiden Folgen um ein Interview zum Deutschen Project Excellence Award ging, sind wir heute wieder ganz unter uns. Wir haben übrigens aktuell eine Aktion laufen.
Wenn Sie möchten, führen wir zusammen ein Interview durch im Rahmen dessen Sie sich, Ihr Spezialgebiet und Ihre Leistungen präsentieren dürfen. Das alles völlig kostenlos.
Wir interessieren uns dabei für Erfahrungen im IT Projektmanagement, aber auch mit IT Projektmanagern.
Engagieren Sie externe Projektmanager in Ihrem Unternehmen? Worauf legen Sie da besonderen Wert?
Sind Sie vielleicht ein Bodyleasingunternehmen und vermitteln IT Projektmanager? Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?
Haben Sie als Teammitglied unterschiedliche Erfahrungen mit IT Projektmanagern gemacht? Ich bin sehr gespannt.
Vielleicht haben Sie aber auch einfach ein sehr spannendes, oder besonders erfolgreiches Projekt hinter sich und wollen uns davon berichten…ich freue mich drauf.
Sie beschäftigen IT Projektmanager in Ihrer Abteilung, oder Ihrem Unternehmen? Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Alles was Sie tun müssen um mitzumachen, ist sich bis 31.März 2015, sofern nicht schon längst geschehen, in unseren Newsletter einzutragen. Wie sie sicher wissen, können Sie das unter www.Bundesvereinigung-ITPM.net tun.
Schicken Sie mir danach eine eMail mit einem kurzen formlosen Bewerbungsschreiben, was der Inhalt unseres Interviews sein soll.
Im Interview dürfen sie dann auch richtig Werbung für sich machen, schließlich sind wir genau dafür da.
Beachten Sie bitte, dass die Aktion nur im März 2015 gilt. Die Entscheidung welche Themen wir zum Interview annehmen und ob wir ein Interview am Ende tatsächlich veröffentlichen behalten wir uns vor. Der Vollständigkeit halber: „Der Rechtsweg ist ausgeschlossen ;-)“.
Also, keine Hemmungen, ich freue mich auf Ihre Bewerbung.
So- und nun zu unserem eigentlichen Thema, nämlich der Frage, warum es oft so schwer ist Entscheidungen zu treffen.
Im Dezember 2003 rückte ein lang ersehnter Traum ganz plötzlich in greifbare Nähe. Viele Jahre hatten meine Frau und ich schon erfolglos versucht, ein bezahlbares gebrauchtes Haus oder ein Baugrundstück in unserem Ort zu finden.
Urplötzlich wurde uns von der Gemeinde in einem frisch ausgerufenen Neubaugebiet ein Grundstück angeboten. Wir hatten in diesem Neubaugebiet praktisch freie Auswahl, weil wir tatsächlich die ersten Interessenten waren. Wir erfuhren, dass die Erschließung erst 6 Monate später fertig sein wird. Erst dann müssen wir zahlen und können dann unmittelbar mit dem Bau beginnen.
Zusammen mit meiner Frau und unserem Steuerberater berieten wir uns kurz und sagten zu.
In den Folgemonaten kümmerten wir uns um eine Vielzahl von Dingen für den anstehenden Hausbau. Darunter natürlich auch die anstehende Finanzierung. Ein sehr enger Freund und Fachmann auf diesem Gebiet unterstütze uns dabei und handelte ein Angebot für mich aus, dass für die damalige Zeit und dem Umstand geschuldet dass wir ja selbständig sind, sehr ordentlich war.
Ich hatte das Finanzierungsangebot schriftlich und ging, unerfahren wie ich leider damals noch war, davon aus, dass damit nun alles notwendige in die Wege geleitet ist.
In den folgenden Monaten fragte ich meinen Freund hin und wieder ob ich noch etwas machen muss, aber ich wurde damit beruhigt, dass ja noch Zeit ist.
Einige Monate später bekam ich das GO von der Stadt und ich gab wiederum meinem Rohbau Unternehmer grünes Licht, dass der Keller ausgehoben werden kann.
Es war ein herrlicher Sommermorgen und ein mindestens genauso tolles Gefühl, als der Radlader und die Lastwagen ankamen, um nun endlich mit dem Bau unseres Hauses zu beginnen.
Etwa zu gleichen Zeitpunkt nahm ich Kontakt mit dem Baufinanzierer auf und bat sie doch langsam in die Gänge zu kommen und mir die restlichen Unterlagen zu schicken…schließlich ist bald die erste Zahlung fällig.
Einige Tage später traf es mich dann wie die Rechte von Vitali und eine Linke Wladimir Klitschko gleichzeitig. In einem Schreiben des Baufinanzierers bedauerte man, dass man meine Finanzierung ablehnen müsse, da die Risikoprüfung zu einem negativen Ergebnis gekommen ist.
Was sollte ich jetzt tun? Mittlerweile war die Baustelle komplett eingerüstet. Die Baugrube für den Keller war ausgehoben, ein Kran stand fertig aufgebaut auf unserem Grundstück und alles war bereit loszulegen. Alleine die bis dahin aufgelaufenen Kosten würden mich ohne Finanzierung wahrscheinlich ruinieren.
Ich wusste nicht was ich tun sollte und war wirklich am Boden. An diesem Abend saß ich mit einem Freund mit einer Kiste Bier in der Baugrube und hätte mich am liebsten beerdigen lassen.
Ich habe damals dieses bittere Gefühl kennen gelernt, dass Dir sagt, das jetzt alles aus ist. Ich hatte keine Idee wie ich aus der Nummer wieder heraus kommen sollte.
An diesem und in den nächsten Tagen hatte ich eine regelrechte Schockstarre und steckte buchstäblich den Kopf in den Sand.
Ich war ein Opfer- zumindest fühlte und verhielt ich mich so. Ich fühlte mich falsch beraten und um meine Finanzierung betrogen. Ja vielleicht sogar um meine Zukunft betrogen. Ich konnte alle benennen die daran Schuld hatten, dass ich in dieser Situation war.
Ich versank in meiner Opferrolle und es dauerte zwei oder drei Tage bis ich mir das erste Mal die entscheidende Frage stellte „an der gegeben Situation kann ich jetzt wirklich nichts mehr ändern, was mache ich jetzt um da rauszukommen!?“
Hätte ich mich weiter nur mit der Vergangenheit beschäftigt, die Fehler bei anderen gesucht und die Ungerechtigkeit beklagt, die mir widerfahren ist und nicht begonnen mich an der eigenen Nase zu fassen, hätte die Situation sehr schlimm für meine Familie und mich ausgehen können.
In dem Moment, als ich mich zum ersten Mal ernsthaft fragte, wie ich aus der Nummer herauskomme, traf ich eine Entscheidung, dass ich mich mit der Situation nicht abfinden werde und egal was passiert, einen Weg heraus finde.
Hätte ich damals nicht die Entscheidung getroffen, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um da heraus zu kommen, wer weiß was aus uns geworden wäre.
Ich stachelte mich richtig an, setzte mich an meinen Rechner und suchte mir alle online Baufinanzierer heraus die ich finden konnte. Ich bereitete Berge von Antragsunterlagen auf, kopierte und versandte sie.
Ich nahm Kontakt mit dem Baufinanzierer auf der mich abgelehnt hatte und machte dort ordentlich Rabatz meinen Antrag erneut zu prüfen.
Ja, ich vereinbarte sogar einen Termin mit dem Direktor der damaligen Hausbank meiner Firma. Ich schlug dort im teuren Anzug und teurer Uhr zu diesem Termin auf und erklärte hochmütig, dass ich gerade ein Haus baue und meiner Hausbank natürlich auch die Möglichkeit geben will daran mitzuverdienen. Schließlich arbeiten wir schon lange erfolgreich zusammen…ich war bereit alles zu versuchen. Ich gebe zu, das war eine klassische Blenderaktion, aber ich ließ nichts unversucht.
Dann kam irgendwann der lang ersehnte Anruf einer der online Banken und ich wurde zur ersten verbindlichen Finanzierungszusage beglückwünscht.
Plötzlich lief es rund. Auch meine Blenderaktion bei meiner Hausbank hatte Früchte getragen, zwar waren die Konditionen nicht wirklich gut aber ich hatte nun Zwei zusagen. Zu guter Letzt meldete sich sogar mein ursprünglicher Finanzierer und teilte mit, dass bei der Berechnung Einnahmen vergessen hätte und man die Finanzierung nun doch macht.
Tatsächlich kamen in den nächsten Tagen noch einige hinzu und am Ende stand ich noch sehr viel besser da als ich zunächst erwartet hatte. Sie glauben nicht, was mir ein Stein vom Herzen viel, als endlich die unterschriebene Baufinanzierung auf meinem Schreibtisch lag.
Was haben meine Hausbauprobleme in einem Podcast über IT Projektmanagement zu suchen? Mir geht es um die Entscheidung die ich damals getroffen habe und um den Umstand, dass ich mich förmlich am eigenen Schopf aus dem Schlamassel gezogen habe. Eine Entscheidung zu treffen ist nämlich gar nicht so einfach. Sich in einer solchen Situation aus der Opferrolle zu lösen, ist noch schwerer.
Und je mehr ich Jahre danach über diese Zeit reflektierte, mich daran erinnerte wie sehr ich am Boden war, umso stolzer bin ich darauf mit dieser einen Entscheidung alles zum Guten gewendet zu haben.
Irgendwie erinnert im Nachhinein betrachtet das Ganze an eine Szene die ich einmal in unserem Freibad beobachtet habe. Wir haben dort einen 3 Meter Sprungturm und eine Reihe etwa 10 jähriger Jungs machten regen Gebrauch davon. Alle waren gesprungen, nur einer stand noch da oben. Er zitterte weil er schon so lange stand dass er frohr, aber er sprang nicht. Er kam aber auch nicht runter.
Er traf die Entscheidung nicht- zu springen-, oder unter dem sicheren gejohle seiner Freunde die Treppe wieder herunter zu gehen.
Seine Freunde unten im Wasser hatten auf jeden Fall einen Heiden Spaß dabei, den kleinen Kerl da oben stehen und zittern zu sehen.
Im Sprung verliert man sämtliche Kontrolle und davor hat jeder Angst.
Genauso geht es vielen von uns. Die Angst davor die Kontrolle zu verlieren hindert uns daran eine Entscheidung zu treffen.
Kennen wir das nicht alle? Wenn man so langsam und insgeheim erkennt, dass man auf das falsche Pferd gesetzt hat und trotzdem daran festhält?
1.2 Mein Ziel…
Sicher, es ist wichtig konsequent die Projektziele zu verfolgen und es wäre töricht bei der ersten Projektkrise gleich das ganze Projekt in Frage zu stellen, oder einen Mitarbeiter der einmal etwas verbockt hat deshalb gleich aus dem Projekt zu nehmen.
Die Balance zwischen starrsinnigem Verfolgen von Zielen und erkennen wann man aussteigen, oder eine Kehrwende einschlagen muss, ist verdammt schwer.
Doch manchmal ist es notwendig, die eigenen Ziele, den sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Wenn man seine Ziele mit Leidenschaft verfolgt hat und zugeben muss, dass diese Ziele nicht mehr gültig sind, geht man buchstäblich in die Knie- und wer holt sich schon gerne blutige Knie.
Deshalb hält man lange und verbissen an einem solchen Ziel fest, auch wenn es eigentlich dafür schon lange keinen echten Grund mehr gibt.
Aus einer internationalen Perspektive heraus betrachtet, sagt man uns Europäer nach, dass wir eher wenig „ambiguitätstolerant“ sind.
Ambiguitätstoleranz, oder auch als Unsicherheits- oder Ungewissheitstoleranz bezeichnet, versteht man die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen zu ertragen.
Ambiguitätstolerante Personen sind in der Lage, Ambiguitäten, also Widersprüchlichkeiten, kulturell bedingte Unterschiede oder mehrdeutige Informationen, die schwer verständlich oder sogar inakzeptabel erscheinen wahrzunehmen, ohne darauf aggressiv oder negativ zu reagieren.
Das heiß nichts anders, als das wir westlich orientierte Menschen uns schwer tun mit Veränderungen. Bietet man uns statt einer, plötzlich zwei Karotten an, stehen wir wie ein Esel dazwischen und verhungern eher, als dass wir uns entscheiden. Koreaner beispielsweise sind in dieser Situation da deutlich geschmeidiger.
Vielen fällt es einfach schwer, die Verfolgung der bisherigen Ziele abzubrechen, obwohl diese mittlerweile unsinnig oder obsolet geworden sind. Es ist eine Tatsache, dass sie sich lieber der Illusion hingeben, sie seien noch auf dem richtigen Weg.
Projektmanagementmethoden wie PRINCE2 beispielsweise haben das erkannt und sehen aus diesem Grund am Ende jeder Phase die Überprüfung des Businesscase und damit der gesteckten Ziele vor. Sind diese noch immer gültig? Stimmen die Rahmenbedinungen noch? Sind die Annahmen auf Basis dessen das Projekt gestartet wurde noch immer valide? Entsprechen die Ziele noch immer der Unternehmensstrategie?
Leider stellt sich nicht jeder Projektleiter, oder auch die Projektsponsoren diese Frage. Leider hat nicht jedes Unternehmen, vor allem für lang laufende Projekte über mehrere Monate oder gar mehrere Jahre, eine regelmäßige Überprüfung dieser Art fest im vorgeschriebenen Vorgehensmodell verankert.
Der Projektleiter muss sich diese Frage daher selbst regelmäßig stellen: „sind wir noch auf dem richtigen Weg?“ Wenn diese Frage nicht mit ja beantwortet werden kann, dann ist eine Entscheidung fällig. Das ansonsten schon selbstzerstörerische Verhalten ist nicht nur für das Projekt und das Unternehmen schädlich, sondern schädigt die Teammoral und nicht zuletzt am Ende die Reputation des Projektleiters.
Wie gefährlich die Haltung „Augen zu und durch“ sein kann zeigt eine kleine Geschichte:
„Die Ingenieure sitzen vor ihrem Schaltpult. Ein geplanter Stresstest soll die Funktionsfähigkeit der Anlage verifizieren und zeigen, dass die Turbinen auch bei einem Stromausfall noch genügend Strom für die Notkühlung der Kraftwerksaggregate liefern. Doch plötzlich kommt es zu einem Bedienungsfehler der die Kühlleistung unerwartet stark abfallen lässt.
Die Situation droht außer Kontrolle zu geraten. Die Ingenieure hätten abbrechen können, doch der leitende Ingenieur wollte den Plan erfüllen und befiehlt noch ein paar Minuten auszuhalten, dann wäre wieder alles gut. Wir schreiben den 26. April 1986 und wir sind in Tschernobil. Wie diese Geschichte ausging, wissen wir alle.“
Sicher, das ist ein extremes Beispiel von „an einem eigeschlagen Weg festzuhalten um die Ziele zu erreichen.“
Das Sture Festhalten an althergebrachtem hat aber schon manch einem den Hals gekostet. Nehmen wir beispielsweise die Firma Kodak, einst Weltmarktführer auf dem Bereich der analogen Fotografie bzw. der Filme und Fotopapiere.
Bereits um das Jahr 1900 hatten sie eine massentaugliche Kamera auf den Markt gebracht und von da an hechelte die Konkurrenz Kodak eigentlich nur träge hinterher. An der Weltmarktführerschaft konnte niemand rütteln.
Im Jahr 1970 legte ein Kodak Mitarbeiter seinem Chef einen 4 Kg schweren Koffer auf den Tisch und präsentierte die erste digitale Fotokamera der Welt. Sie fotografierte schwarz weiß mit einer phänomenalen Auflösung von 0,1 Mega Pixel. Es war eine Eigenentwicklung von Kodak, doch man entschied sich gegen dieses Gerät.
Man tat diese Erfindung als neumodischen Schnick Schnack ab, der das eigene Unternehmen nur gefährden konnte. Wozu sollte man etwas entwickeln, das die eigentlichen Kernprodukte des Unternehmens attakieren würde. Wer würde noch Fotopapier brauchen, brächte man eine Digitalkamera auf den Markt?
Das Geschäft mit dem Fotopapier und den Filmen brummte und es gab keinen Grund an diesem Geschäft etwas zu verändern. Mit einer Digitalkamera würden sie sich selbst kanibalisieren, das war ihnen klar. In ihrer Arroganz kamen sie gar nicht auf die Idee, dass auch andere diese Technik weiterentwickeln könnten. Man schloss die Erfindung weg und überließ den Markt und die Entwicklung einer massentauglichen Digitalkamera der Konkurrenz. Die Chance die sich damals bot, wurde einfach vorbeiziehen lassen.
Als die Führungsebene endlich ihren Fehler erkannte, war es längst zu spät. 2003 strich Kodak weltweit 47.000 Arbeitsplätze. Im Jahr 2012 meldete das Unternehmen Insolvenz an.
1.3 Die Angst davor das bereits investierte zu verlieren.
Wir wollen nicht von dem einmal eigeschlagen Weg abweichen, schon gar nicht wenn es sich irgendwann einmal gelohnt hatte drauf zu gehen. Selbst wenn diese goldenen Zeiten längst vorbei sind, wollen wir an unseren Zielen festhalten, auch wenn klar ist dass das nicht mehr lange gut geht.
Warum ist es so schwer eine Entscheidung zu treffen, obwohl man sieht dass das Ziel das man bislang verfolgt hat, so nicht mehr valide ist?
Naja, wer vor einer wichtigen Entscheidung steht lässt seinen Blick auch immer in die Vergangenheit schweifen.
• Wir haben doch schon so viel investiert.
• Wir haben schon so viel erreicht.
• Ich habe so hart für die Budgeterweiterungen gekämpft.
• Ich habe so viele Versprechungen gemacht
• Wir haben das Ziel mit so hoher Leidenschaft verfolgt.
• Ich habe extra den Spezialisten dafür eingekauft,
• und und und
Lieber verfolge und erfülle ich meine Ziele…ich kann ja so tun, als hätte ich nicht gemerkt das sie schon lange nicht mehr gültig sind. Es reicht schon, dass in der Vergangenheit etwas in das Projekt investiert wurde, um den Blick auf die Realität mit solchen Rückblicken zu vernebeln.
Ganz von der Hand zu weisen ist das natürlich nicht. Eine einmal getätigte Investition in den Wind zu schießen fällt niemandem leicht. Aber kaum einer ist davor gefeit, auf einem toten Pferd sitzen zu bleiben.
Eine alte Weisheit der Dakota Indianer sagt „Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, dann steige ab“. Aber was machen wir?
• Wir besorgen uns eine stärkere Peitsche
• Wir wechseln den Reiter aus
• Wir behaupten, „so haben wir das Pferd schon immer geritten“
• Wir gründen eine Task Force zur Widerbelebung des toten Pferds
• Wir machen Exkursionen um zu sehen, wie anderswo tote Pferde geritten werden
• Wir machen zusätzliche Mittel locker um die Leistung des Pferdes zu erhöhen
• Wir besuchen Seminare um besser reiten zu lernen
• Wir ändern die Kriterien für die Definition „Pferd ist tot“
…zugegeben, das war jetzt nicht ernst gemeint, aber es hat sich so schön angeboten.
Was ich eigentlich damit sagen will ist, dass man auch bereit sein muss, eine einmal getätigte Investition abzuschreiben. Etwas als „Lehrgeld“ zu verbuchen.
Oder um mich selbst zu zitieren „man muss auch mal loslassen können“.
Denn die Sinnhaftigkeit einer Entscheidung hat überhaupt nichts damit zu tun, wieviel bereits in ein Vorhaben investiert wurde. Egal wie hoch das Engagement in der Vergangenheit war, sobald sich herausstellt, dass Du auf das falsche Pferd gesetzt hast ist klar, wie die Entscheidung aussehen muss.
Zusammengefasst lassen sich aus dem bisher gesagten also Zwei typische Gründe für das nicht Entscheiden identifizieren:
• Das starrsinnige Festhalten an einmal verfassten Zielen
• Die Angst davor, dass bereits investierte zu verlieren.
Gibt es da noch mehr?
1.4 Ankommeritis
Es ist schon ein paar Jahre her, da fuhr ich mit meiner damaligen Freundin in den langersehnten Sommerurlaub in den Süden. Ich hatte noch bis spät in den Abend gearbeitet und verkündete optimistisch, dass ich die Nacht durchfahre und wir morgen Früh am Ziel sein werden.
Meine Freundin machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem- und schlief ein. Kurz vor Morgengrauen wurde es hart. Ich machte immer wieder das Fenster auf, um frische Luft herein zu lassen. Nur noch 200Km, die schaffe ich doch auch noch. 100Km später wurde es brenzlig.
Ich hatte schon mehrfach Sekundenschlaf auf dem ich hochgeschreckt bin. Aber jetzt wo ich so kurz vor dem Ziel bin, will ich doch keine Pause mehr machen…ich bin in Rekordzeit bis hierher gekommen…jetzt eine Pause machen, macht mir meinen ganzen Schnitt kaputt…nicht mal mehr eine Stunde…das schaff ich auch noch.
So wie viele, litt auch ich damals unter Ankommeritis…ich kannte das damals nicht, habe daraus gelernt und hab das danach so auch nie wieder gemacht.
Aber die Ankommeritis bedeutet, dass die Tatsache, dass ich in Richtung meines Zieles schon eine ganze Weile unterwegs bin, mich umso mehr vorantreibt, je näher ich dem Ziel komme.
Das heißt, das Ziel selbst entfaltet eine magnetische Wirkung. Ich hab doch schon so viel hinter mir, da schaffe ich das letzte Stückchen doch auch noch. So nah vor dem Ziel, dann doch noch eine Pause einzulegen, bedeutet quasi eine übermenschliche Anstrengung.
1.5 Soziale Aspekte eine Entscheidung zu treffen
Entscheidungen haben aber auch noch eine soziale Komponente. Wenn ich eine Entscheidung treffe, kann ich davon ausgehen, dass nicht jedem diese Entscheidung gefallen wird.
Wenn man über die Konsequenzen einer notwendigen Entscheidung nachdenkt, wird es einem oft mulmig im Bauch.
• Man wird mich dafür kritisieren
• Man wird mich angreifen
• Ja, vielleicht wird man mich sogar anschreien.
Wenn ich eine Entscheidung bewusst und überlegt gefällt habe, muss ich das aber aushalten. Das ist nicht leicht, aber niemand hat gesagt dass es leicht ist.
Sie entscheiden sich ein Projekt zu stoppen? Das kann zur Folge haben,
• dass Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren,
• sich getätigte Investitionen in nichts auflösen.
• Vielleicht werden Sie sogar als Verlierer da stehen.
• Sie hatten einst so sehr für dieses Projekt gekämpft,
• Versprechungen gemacht
• und nun müssen sie zugeben, dass Sie sich geirrt haben.
Diese Situationen müssen Sie aushalten können. Der wahre Grund, warum das so weh tut ist dass wir uns plötzlich ausgeschlossen fühlen. Ausgeschlossen aus einer Gruppe, zu der wir eben noch gehörten und nun nach der Entscheidung nicht mehr: Das Projektteam, die Abteilung, das Unternehmen, ja- vielleicht sogar die Freunde und Kollegen.
1.6 Entscheidung = Risiko
Wer entscheidet geht auch immer ein Risiko ein. Nämlich das Risiko sich falsch zu entscheiden. Wer glaubt im Leben keine Fehler zu machen, wird vom Leben enttäuscht werden. Im Nachhinein weiß man es immer besser wie man es richtig gemacht hätte, oder wie man besser entschieden hätte. Aber in dem Moment wo Sie entscheiden, treffen Sie die Entscheidung auf Basis der Informationen die vorliegen. Auf Basis all der bekannten Fakten und in diesem Moment gültigen Rahmenbedingungen, treffen Sie immer, die für diesem Moment richtige Entscheidung. Niemand wird sich nach Abwägung der Kosten und des Nutzen freiwillig für die zweit-, oder drittbeste Option entscheiden.
Ob das auch am nächsten Tag so ist, weiß freilich niemand. Bedingungen und Situationen verändern sich. Die einzige Konstante im Universum ist und bleibt nun Mal die Veränderung. Was gestern noch richtig war, muss heute nicht mehr richtig sein. So ist das nun mal. Wer entscheidet, kann sich nie sicher sein, ob er falsch entscheidet.
1.7 Besser nicht entscheiden?
Aber Hallo, bedeutet dass ich mit jeder Entscheidung in Gefahr laufe eine falsche Entscheidung zu treffen? Ist es dann nicht besser, sich alle Optionen offen zu halten und nicht zu entscheiden?
Es mag sein, dass es manchmal Gründe dafür gibt, eine zu treffende Entscheidung hinauszuzögern, weil sich die Rahmenbedingungen gerade stark verändern.
Doch wer den Zeitpunkt der Entscheidung verpasst, erreicht unter Umständen sehr schnell einen „Point-of-no-return“ und manövriert ein Projekt damit unter Umständen in eine Lage, aus der man nur noch mit einem Projektabbruch herauskommt.
Doch wer an der Weggabelung stehen bleibt, sich für alle Zeiten die Optionen für Weg A, Weg B und Weg C offen halten will, der kommt in seinem Projekt, oder auch in seinem Leben, keinen Schritt vorwärts.
Klingt eigentlich alles plausibel. Aber warum fallen dann Entscheidungen oft so schwer?
Wer Entscheidet, entscheidet sich nicht nur für etwas, sondern auch gegen all die anderen Optionen.
Geh also raus aus der Deckung und wage den Sprung in das Ungewisse. Eine Entscheidung ohne Risiko, ist keine Entscheidung.
Trainieren Sie zu entscheiden. Das kann man auch in den Alltag sehr gut einbauen. Zum Beispiel bei der Auswahl des Essens im Restaurant, beim Kauf neuer Schuhe, oder was es heute Abend zuhause zum Essen gibt. Trainieren Sie Ihren Entscheidungsmuskel, damit haben Sie ein mächtiges Werkzeug, das Ihnen bei Ihrer alltäglichen Arbeit hilft.
Weitere Informationen finden Sie unter www.Bundesvereinigung-ITPM.de