Seit Beginn der 1990er Jahre stehen sie nicht nur in großem Interesse der Forschung, sondern haben bereits auf politischer und somit gesetzlicher Ebene Einzug gefunden. Sie sind vielfach verbreitet, in Supermärkten, Drogerien, Apotheken sowie in unserer gesamten Umwelt; selbst bewusste Konsumenten sind in der Regel nicht vollständig vor diesen Chemikalien gefeit. Die Rede ist von Substanzen in Lebensmittel(verpackungen), in alltäglichen Gebrauchsgegenständen und unserem Umfeld, die in unser hormonelles Organ- sowie Stoffwechselgeschehen eingreifen und dieses schädigen können: Endokrine Disruptoren. Ein Fachbegriff, der dem ein oder anderen aus Medienartikeln bzw. der Politik vertraut ist. Wir wollen uns im Folgenden genauer ansehen, wie endokrine Disruptoren genau definiert werden und wo wir diese finden. Wir gehen der Frage nach, ob der regelmäßige Kontakt mit diesen Stoffen tatsächlich schwerwiegende gesundheitliche Probleme erzeugt. Außerdem werfen wir einen Blick auf die politische Sachlage und wie wir in unserem Alltag damit am besten umgehen können.
Was sind endokrine Disruptoren?
Bei den sogenannten endokrinen Disruptoren handelt es sich um hormonell schädigende Substanzen bzw. chemische Stoffe, die in die Funktion unseres endokrinen Systems eingreifen und gesundheitlich nachteilige Effekte mit sich bringen. Endokrin bedeutet so viel wie „unser Hormonsystem betreffend“ (VCI, 2017). Die WHO integriert in ihrer Definition neben den verändernden, gesundheitlich schädlichen Wirkungen unseres Hormonsystems auch die Gesundheit unserer Nachkommen oder jene aus (Teil-)Populationen.
Ein chemischer Stoff, der als endokriner Disruptor klassifiziert wird, hat drei Kriterien zu entsprechen:
* eine schädigende Wirkung auf die menschliche Gesundheit,
* eine endokrine Wirkungsweise und
* muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der schädigenden und der endokrinen Wirkung bestehen (Brivio et Apostola, 2016).
Biochemische Wirkmechanismen
Um die Intensität der Gefahr dieser Substanzen analysieren zu können, ist das Wissen über den biochemischen Wirkmechanismus dahinter unabdingbar. Der Eingriff in unser hormonelles Geschehen kann einerseits durch den direkten Weg der Interaktion mit einem Hormonrezeptor in unserem Organismus von statten gehen. Daraus resultiert entweder eine Stimulation oder eine Hemmung des zellulären Signalweges. Andererseits kann die endogene Hormonkonzentration durch Steigerung oder Hemmung der Produktion, des Abbaus oder seiner Verfügbarkeit indirekt gesteuert werden (Combarnous, 2017).
Die endokrin schädigenden Substanzen können zudem Einfluss auf unsere DNA ausüben und somit über epigenetische Mechanismen die Hormonproduktion und -wirkung steuern. Bei der Epigenetik handelt es sich um eine vererbbare Veränderung der Genfunktion hinsichtlich ihrer Proteinbiosynthese, bei der aber keine Sequenzveränderung am DNA-Strang stattfindet. Insbesondere die weibliche Reproduktionsfähigkeit kann potentiell davon betroffen sein, wobei alle drei bekannten biochemischen Mechanismen der Epigenetik zum Zuge kommen:
* DNA-Methylierung,
* Histon-Modifikation und
* die Genregulierung mit nicht-codierender RNA (Uzumcu et al., 2012).
Hormonwirksame Disruptoren: Beispiele
Bei dieser Thematik ist es wichtig, zwischen den sogenannten hormon- bzw. endokrin aktiven Stoffen und den endokrinen Disruptoren zu unterscheiden. Erstere haben zwar auch das Potential, in unser hormonelles System einzugreifen, üben jedoch keine schädigende Wirkung aus. Beispiele hierfür sind Pflanzenhormone, wie die Phytoöstrogene in der Sojabohne oder synthetische Chemikalien (VCI, 2017).
Endokrine Disruptoren finden wir in Form von Stoffen oder Abbauprodukten der Industrie und der Landwirtschaft, aber auch in alltäglichen Gebrauchsgegenständen,