Um das Besondere des heutigen Zeitverständnisses besser zu verstehen, ist es hilfreich, sich als Kontrast in das mittelalterliche Zeitempfinden hineinzuversetzen. Mit der Ausbreitung des Christentums in Europa wurde die Agrar-Zeit in eine Sakral-Zeit eingebettet. Damit wurde die zyklische Geschichtserfahrung auf ein Ziel hin ausgerichtet. Durch Einflüsse der griechischen Philosophie und dem damit verbundenen Verständnis von Ewigkeit wurde das Wahrheits-, Glaubens- und Kirchenverständnis immer mehr verräumlicht. Zeit war eine Kategorie, die allein in die vergängliche Welt der Menschen gehörte. Diese Ansichten wirken bis heute nach und verhindern ein dynamischeres Verständnis von Kirche. // Quellen: Hohn, Hans-Willy: Zyklizität und Heilsgeschichte, in: Zoll, Rainer (Hg.): Zerstörung und Wiederaneignung von Zeit, Frankfurt a.M. 1988, S.120-142. / Hölscher, Lucian: Die Entdeckung der Zukunft, Frankfurt a.M. 1999. / Gloy, Karen: Philosophiegeschichte der Zeit, Stuttgart 2008. / Zum Begriff der "Zielgeschichte" siehe: Bloch, Ernst: Das Prinzip Hoffnung, Kapitel 33-42, Frankfurt a.M. 1985, S. 1000.