Share Kind im Blick
Share to email
Share to Facebook
Share to X
By Mitteldeutscher Rundfunk
5
11 ratings
The podcast currently has 7 episodes available.
Über den Verlust der Mutter - ab 03:15 Minuten
Leonies* Mutter ist vor drei Jahren plötzlich verstorben, ohne Vorerkrankung. Sie hat ihre Mutter selbst gefunden und den Notarzt gerufen und war sich zu dem Zeitpunkt sicher, dass ihre Mutter wieder gesund werden wird.
In den Stunden nach dem Tod war das Haus voll mit Sanitätern, Polizisten, Familie und Freunde und Seelsorgern. Rückblickend hat Leonie an diese Situation nur noch sehr verschwommene Erinnerungen.
Über den Alltag nach dem Tod der Mutter - ab 10:55 Minuten
Leonie ist am nächsten Tag zur Schule gegangen, weil sie die Situation im Haus mit den noch immer vielen Leuten und der permanenten Erinnerung zu viel war. Sie sehnte sich stattdessen nach Normalität.
Heute sagt Leonie, dass ihre Trauer sie ein Leben lang begleiten wird und das auch gut so sei.
Über die Verarbeitung der Trauer - ab 16:16 Minuten
Für Leonie war es wichtig mit Menschen zu trauern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, aber nicht die gleiche Person verloren haben. Daher hat sie sich einer Trauergruppe für Kinder und Jugendliche angeschlossen.
Besonders wichtig für sie ist, dass sie dort mit Gleichaltrigen Erfahrungen austauschen kann. Laut Leonies Erfahrungen versuchen Kinder und Jugendliche schneller wieder einen „normalen“ Alltag zu haben und ihre Trauer nicht permanent nach außen zu zeigen, was bei Erwachsenen oftmals zu Unverständnis führt.
Wie das Umfeld im Trauerfall reagieren sollte - ab 24:23 Minuten
Leonie findet, dass aus dem Freundes- und Bekanntenkreis Sätze wie „ich verstehe dich“ und „ich weiß, wie du dich fühlst“ völlig unangebracht sind. Stattdessen wünscht sie sich, ernstgenommen zu werden und dass lieber mehr nachgefragt wird, anstatt irgendwelche Floskeln zu hören zu bekommen.
Für Kinder oder Jugendliche ist es wichtig, dass von ihrem Umfeld signalisiert bekommen, dass es für die Betroffene oder den Betroffenen da ist.
Darüber, wie sich Trauer zeigt - ab 32:20 Minuten
Trauer hat viele verschiedene Facetten und drückt sich nicht nur im Traurigsein aus. Zur Trauer von Leonie zählen viele verschiedene Emotionen, berichtet sie, auch das Lachen und Fröhlichsein.
Hin und wieder hat sie aber Schuldgefühle, nach Momenten, an denen sie glücklich war. Dass sie diese aber überhaupt nicht haben muss, weil auch Lachen zu ihrer Trauer gehört, daran will Leonie in Zukunft arbeiten.
*Der Name wurde von der Redaktion geändert, ist aber der Redaktion bekannt
Über die Situation der Protagonistin Anne - ab 03:32 Minuten
Bei einem Kontaktabbruch ist es oft kein einzelner Schlüsselmoment, der ausschlaggebend dafür ist. Stattdessen kann es ein Prozess sein, an dessen Ende der Abbruch steht, wie es Anne berichtet, die selbst keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter hat.
Sie ist ein Trennungskind und Annes Mutter hat sie im Kleinkindalter aus ihrem gewohnten Umfeld herausgerissen und ist mit ihr in eine neue Stadt gezogen - ohne es mit dem Vater zu besprechen. Für Anne war das ein Vertrauensmissbrauch, der sich nie wieder richtig reparieren ließ, wie sie mittlerweile darauf zurückblickt.
Über die Rolle der Mutter und Stiefmutter - ab 12:41 Minuten
Die Stiefmutter von Anne hat die Mutterrolle sehr schnell und sehr bewusst angenommen, sodass ein großes Vertrauensverhältnis entstanden ist. Das wiederum hat bei Annes leiblicher Mutter zu Eifersucht geführt, was für Anne die Situation erschwert hat. Sie stand somit permanent zwischen den Stühlen.
Ein weiteres Schlüsselerlebnis für den Kontaktabbruch war für Anne, als sie von ihrer Mutter angelogen wurde und sie unter einem Vorwand das Weihnachtsfest nicht gemeinsam verbringen konnten. Daraus schlussfolgerte sie, dass sie ihrer eigenen Mutter egal sei.
Über den letzten Kontakt - ab 20:22 Minuten
Drei Jahre nach dem Vorfall ist Anne wieder zu ihrer Mutter gefahren, mit dem Ziel das Verhältnis zu ihr zu verbessern. Ihre Mutter hat sich für ihr Verhalten entschuldigt und gelobt, zukünftig ehrlicher zu ihr zu sein. Anschließend haben sie wieder regelmäßig miteinander telefoniert oder geschrieben.
Zu ihrem 17. Geburtstag hat Anne keine Nachricht von ihrer Mutter bekommen und auch in den Wochen darauf gab es keinerlei Kontakt zwischen den Beiden. Als die Mutter mit ihrem 18. Lebensjahr auch die Unterhaltszahlung eingestellt hat, wurde Anne klar, dass sich ihre Mutter von ihr abgekapselt hat und es kam zum Kontaktabbruch.
Über das Umfeld in der Situation eines Kontaktabbruchs - ab 29:18 Minuten
Aus ihrem Freundeskreis hat Anne sehr viel Verständnis für ihre Entscheidung bekommen. Aber sie hat prinzipiell das Gefühl, dass bei einer „Trennung“ von den Eltern die Sensibilität bei den Menschen nicht so weit ausgeprägt ist, im Vergleich zur Trennung von der Partnerin oder vom Partner.
Besonders der Umstand, dass sich Anne auf die letzte Nachricht ihrer Mutter nicht zurückgemeldet hat, führte bei vielen Menschen zu Unverständnis bzw. Vorurteilen, dass es ihre eigene Schuld sei.
Über die Sensibilität des Themas Kontaktabbruchs - ab 38:30 Minuten
Das Thema Kontaktabbruch zu den Eltern wird in der Gesellschaft oft pauschalisiert. Dabei sind die Gründe dafür und die Geschichten dahinter sehr divers und individuell. So wurde Anne beispielsweise oft erstaunt angeguckt, als sie gesagt hat, dass sie den Kontakt zu ihrer Mutter abgebrochen hat und bei ihrem Vater lebt, weil es normalisierter sei, bei der Mutter zu leben und aufzuwachsen.
Über den Unterschied zwischen Umgangs- und Sorgerecht - ab 00:04:21 Minuten
Sorgerecht und Umgangsrecht sind zwei paar Schuhe. Beim Sorgerecht geht es darum, wer die großen Entscheidungen für das Kind treffen darf. Also wo lebt das Kind? Wie läuft die Gesundheitsvorsorge oder die Vermögensvorsorge? Beim Umgangsrecht geht es um den regelmäßigen Umgang mit dem Kind, dass man es sehen darf und ggf. auch mal mit ihm zusammen in den Urlaub fahren kann. Beides sind völlig verschiedene Verfahren, wie Angelika Hentschel, Anwältin für Familienrecht, berichtet.
Über die Veränderung der Gesetzgebung in den letzten Jahren - ab 00:18:35 Minuten
Noch vor etwas mehr als 20 Jahren war es selbstverständlich, dass das alleinige Sorgerecht von Kindern auf die Mutter übertragen wird, wenn es zur Scheidung kommt. Dies hat sich mittlerweile geändert. Heutzutage würde es automatisch ein gemeinsames Sorgerecht im Fall einer Trennung geben. Wenn ein Elternteil die alleinige Sorge beantragt, prüft das Gericht, inwiefern es dem Kindeswohl entspricht.
Eine Trennung sei für die Kinder nie gut, berichtet Hentschel. Ausnahmen bilden Fälle von Gewalt oder ähnlichem, wo es besser ist, sich von einem Elternteil zu trennen, um solchen Faktoren aus dem Weg zu gehen. Diese Prozesse um Sorge- und Umgangsrecht sind laut Hentschel oft Kämpfe um Kinder, bei denen es häufig viel zu wenig um die Kinder geht, sondern um Machtkämpfe zwischen Mutter und Vater.
Aussagen von Kindern vor Gericht - ab 00:30:34 Minuten
Kinder ab einem Alter von 14 Jahren müssen vor Gericht angehört werden. Aber auch jüngere Kinder werden oftmals im Prozess geladen, um ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Kindesanhörungen finden in einem ganz kleinem Rahmen statt, nur mit der Richterin oder dem Richter, ggf. der Anwältin oder dem Anwalt des Kindes und dem Kind selbst.
Über die Rolle vom Jugendamt und Verfahrensbeiständen in den Prozessen - ab 00:41:50 Minuten
Wenn es um Sorgerechts-Streitigkeiten geht, wird das Jugendamt immer involviert und gibt eine Einschätzung ab. Verfahrensbeistände sind die Anwältinnen und Anwälte der Kinder oder oder fachlich vorgebildete Sozialpädagoginnen und -pädagogen, die sich einen Überblick über den jeweiligen Fall verschaffen und dazu eine Stellungnahme abgeben.
In diesen hochemotionalen Fällen ist es für die beteiligten Personen wichtig, sich nicht von den Emotionen leiten zu lassen, sondern im Sinne des Kindeswohls zu handeln und die Kinder nicht unnötig mehr zu belasten.
Über die verschiedenen Interessen der Elternteile - ab 00:51:22 Minuten
Wenn es nach dem Gerichtsprozess zu einem Wechselmodell oder ähnlichem kommt, ist die Angelegenheit für viele Eltern weiter sehr emotional und belastend. Aber ihre wichtigste Aufgabe sollte es sein, das Kind so gut wie möglich zu schützen. Daher rät Hentschel oft, sich Hilfe in solchen Situationen zu holen - für das Wohl der Kinder und das eigene Wohl.
Über das Ankerland-Therapiezentrum - ab 00:05:11 Minuten
Das Ankerland ist ein Therapie-Zentrum für Kinder, die beispielsweise durch Misshandlung der Erziehungsberechtigten oder Schicksalsschläge traumatisiert wurden und unter Trauma-Folge-Störungen leiden. Andreas Krüger ist als ärztlicher Leiter für die verschiedenen Therapieformen im Ankerland verantwortlich. Er ist der Auffassung, dass Worte alleine nicht genügen, um mit den Trauma-Folge-Störungen umzugehen. Daher gibt es im Ankerland auch musikalische und künstlerische Therapieformen.
Ein ganz wichtiger Faktor bei allen Therapieformen ist Zeit. Vor allem bei Langzeit-Therapien gibt es laut Krüger nicht die strukturellen Voraussetzungen der Finanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Das Ankerland wird durch Drittmittel finanziert und will somit die nötige Zeit für die Therapien ermöglichen.
Über Kennzeichen für traumatisierte Kinder - ab 00:25:00 Minuten
Es ist nicht selten, dass Kinder körperliche Beschwerden haben, aber Ärztinnen und Ärzte die Ursache dafür nicht finden können. Andreas Krüger hat die Erfahrungen gemacht, dass diese Beschwerden auch durch Trauma-Folgen ausgelöst werden können. Wird das Trauma, bzw. die Folgen behandelt, können auch die körperlichen Beschwerden wieder verschwinden.
Die meisten Traumata entstehen durch Gewalt und durch Menschen, die den Betroffenen nahe stehen. Damit eine Therapie auch Heilung bringen kann, ist es notwendig, die Kinder aus dem belasteten Umfeld herauszuholen.
Was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen - ab 00:38:20 Minuten
Traumatisierte Kinder kommen mit einem Ur-Misstrauen und trauen keinem über den Weg. Daher ist es für Krüger wichtig, auf Augenhöhe mit den Kindern zu kommunizieren und ihnen über den gesamten Prozess Teilhabe und Kontrolle zu ermöglichen, um Vertrauen wiederherzustellen.
Dieses Prinzip versucht Krüger auch dann anzuwenden, wenn es um wichtige Entscheidungen mit anderen Institutionen (Jugendamt, Pflegefamilie etc.) gemeinsam geht. Dabei spricht er von der partizipativen Allianz. Diese Allianz kann sehr viel zum Wohle des Kindes bewegen, wenn alle gemeinsam und nicht gegeneinander arbeiten.
Wann fängt die Gewalt an Kindern eigentlich an - ab 00:51:47 Minuten
Die Gewalt am Kind fängt nach Krüger dann an, wenn ein Erwachsener seine Macht gegenüber einem Kind missbraucht. Was die gesellschaftlich-kulturelle Entwicklung im Bezug auf das Kindeswohl betrifft, ist diese laut Krüger nicht besonders fortgeschritten. Das grundsätzliche Übel für ihn ist die soziale Ungerechtigkeit, woraus Gewalt gegen die Schwächsten folgt, also auch gegenüber Kindern.
Wie kann die Gesellschaft traumatisierten Kindern helfen? - ab 01:07:17 Minuten
Die Probleme und die Bedürfnisse der Kinder müssen in der breiten Gesellschaft auch als solche anerkannt und ernst genommen werden. Auch das Kinderrecht sollte Krügers Ansicht nach in Familienstreitigkeiten mehr Bedeutung bekommen. Wenn dies gelingt und die verschiedenen beteiligten Institutionen besser ausgestattet werden, wäre ein großer Schritt getan.
Über die Arbeit als Rechtsmedizinierin: ab 00:03:41 Minuten
Früher hat sich die Rechtsmedizin vor allem mit Verstorbenen beschäftigt. Im Laufe der Zeit hat sich ein Wandel dargestellt, dass man zunehmend auch lebende Menschen untersucht und überprüft, ob Straftaten für die Verletzungen die Ursache waren. Für Katja Jachau war es Alltag, in ihrem Job, auch lebende Kinder zu untersuchen.
Als Rechtsmedizinerin ging es für Jachau weniger um die "Heilung" der Menschen, sondern darum, die Ursachen für die Verletzungen herauszufinden und bei Kindern darum, zu prüfen, ob im jeweiligen Fall eine Kindeswohlgefährdung vorliegt.
In größeren Städten und Ballungszentren klappt die Zusammenarbeit zwischen Rechtsmedizin und den anderen beteiligten Einrichtungen gut, sodass die Kinder bei Jachau und ihren Kolleginnen und Kollegen untersucht werden konnten. In den ländlichen Regionen war das ihrer Erfahrung nach deutlich seltener der Fall.
Über die verschiedenen Arten von Gewalt an Kindern: ab 00:14:52 Minuten
Im Umgang mit Kindern gab es für Jachau verschiedene Szenarien: Entweder die Verletzung passte nicht mit der Erzählung der Eltern oder anderer Erziehungsberechtigter zusammen oder die jeweiligen Verantwortlichen haben nichts von der Verletzung mitbekommen.
Außerdem unterschieden sich die Fälle auch zwischen Misshandlungen am Kind, durch z.B. Gewaltanwendungen oder Vernachlässigungen durch z.B. Unter- oder Fehlernährung. Jachau spricht in diesem Zusammenhang von den "vergessenen Kindern der Wohlstandsgesellschaft".
Über Zeit und Feingefühl bei der Untersuchung von Kindern - ab 00:26:57 Minuten
Für die Kinder sind solche Untersuchungen meist absolute Ausnahmesituationen, weshalb der Umgang von ärztlicher Seite viel Feingefühl erfordert. Außerdem ist es für Jachau wichtig, dass die Erziehungsberechtigten bzw. -verantwortlichen mit einbezogen werden.
Wenn der Verdacht im Raum steht, dass diese allerdings für die Verletzungen verantwortlich sind und die Untersuchungen am Kind ablehnen, bestand für Jachau und ihr Team die Möglichkeit, über das Jugendamt eine Pflegschaft zu bestellen, die für die gesundheitlichen Aspekte der Vormund für das Kind ist.
Nach Jachaus Erfahrungen sind häufig die engsten Bezugspersonen des Kindes verantwortlich für die Verletzungen.
über das Phänomen der „Schüttelbabys" ab 00:38:24 Minuten
Das Schütteln von Babys resultiert in der Regel aus einer Überforderungssituation der Eltern. Auch wenn das Kind das Schütteln überlebt und im weiteren Verlauf symptomlos ist, hat es immer langfristige Konsequenzen für das Kind. Dass Schütteln ohne Folgen für das Kind bleibt, gibt es nach Jachaus Einschätzungen nicht.
Denn durch das Schütteln schlägt das Hirn gegen den Schädel, was zu Blutungen und erhöhtem Hirndruck führt. Das wiederum kann verschiedene Folgen für das Kind haben, wie zum Beispiel Sehstörungen oder weitere Probleme in der motorischen und geistigen Entwicklung.
Über Folgen aus ihrer Arbeit: ab 00:51:52 Minuten
Auch wenn das Gutachten aus der Rechtsmedizin eindeutig ist, führt das nicht immer zu strafrechtlichen Konsequenzen für die Erziehungsberechtigten. Wenn z.B. Eltern sich gegenseitig in Schutz nehmen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kompetenz fehlt, um die Gutachten richtig einzuordnen, hat solches Verhalten keine oder kaum Folgen.
Über die Gesprächspartnerin Gina Graichen - ab 00:02:33 Minuten
Gina Graichen war 33 Jahre als Polizistin bzw. Kommissarin im Bereich Kinderschutz tätig und hat das LKA 123 geleitet, ein Landeskriminalamt das sich auf die Verfolgung von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung spezialisiert hat. Die Gründung dieses Bereichs war weniger der Erkenntnis geschuldet, dass man etwas gegen die Gewalt an Kindern unternehmen müsse, sondern eher dem Umstand, dass ein Fachbereich gezielt für Frauen innerhalb der Polizei geschaffen wurde. Diese waren schließlich nicht gleichberechtigt und hatten, so erzählt Graichen, keine Ausbildung an der Waffe, die mit der männlicher Kollegen zu vergleichen gewesen sei.
Gewalt in der Erziehung der Kinder war damals, als Graichen angefangen hat, völlig normal in der Gesellschaft. Die Häufigkeit und Selbstverständlichkeit hat Graichen zu Beginn ihrer Karriere sehr überrascht.
Warum es so wichtig ist, hinzugucken: ab 00:11:15 Minuten
In vielen Fällen in ihrer Karriere hätte die Gewalt an Kindern verhindert werden können, laut Graichen. Denn es gab ihrer Erfahrung nach ganz oft Leute im Umfeld des Kindes, die davon etwas wussten, aber sich einerseits nicht trauten, etwas zu sagen oder andererseits nicht wussten, wohin sie sich wenden können. Im Jahr 2001 sollte dieser Zustand beendet werden. Auslöser dafür war ein besonders schlimmer Fall von Kindesmisshandlung, bei dem der Nachbar des betroffenen Kindes sich durch verschiedene Stellen telefoniert hatte, ohne dass sich jemand zuständig fühlte.
Die Einrichtung des Hinweistelefons in Berlin: ab 00:21:33 Minuten
Mit einer Plakat-Kampagne wurde öffentlichkeitswirksam auf das eingerichtete Hinweistelefon aufmerksam gemacht. Eine Telefonnummer, die Menschen anrufen konnten, die einen Verdacht auf eine Kindesmisshandlung oder -vernachlässigung hatten. Das entsprechende Telefon stand auf dem Schreibtisch von Gina Graichen persönlich.
Die Resonanz auf diese eingerichtete Hotline war riesig und der Großteil der Anrufe führte auch zu polizeilichen Ermittlungen. Und mit jedem dieser Anrufe wurde die Aufmerksamkeit auf das Kindeswohl verschärft.
Über die internen Probleme bei der Polizei: ab 00:34:50 Minuten
Die neu eingerichtete Institution weckte bei Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern Neugier. Alle wollten wissen, wie da in Berlin gearbeitet wird. Aber intern wurde die Abteilung oft nicht richtig ernst genommen und die große mediale Aufmerksamkeit führte auch zu Neid innerhalb der Behörde. Aber mit der Zeit ist die Akzeptanz und die Anerkennung gestiegen.
Die Spirale der Gewalt an Kindern: ab 00:47:30 Minuten
Gewalt gegen Kinder wird im Alltag laut Graichen noch immer oft toleriert. Angefangen vom Anmeckern und Schlechtreden der Kinder bis hin zu körperlicher Gewalt. Und auch dort gibt es wieder verschiedene Abstufungen, vom Klaps auf den Po über die Backpfeife bis hin zu rohen Misshandlungen.
Graichen erklärt, dass eine Form der Gewalt zur nächsten führen kann. Wenn erst einmal eine Grenze überschritten ist, sei der nächste Schritt - also beispielsweise von der Backpfeife zum Schlag ins Gesicht - oft nicht mehr fern. Diese Gewaltspirale muss so früh wie möglich von allen Seiten der Gesellschaft unterbrochen werden.
Auswirkungen der Corona-Situation auf die Kinder: ab 01:02:55 Minuten
Dadurch, dass alle während Corona zu Hause auf einem Haufen sind, verstärkt das die Gewalt an Kindern. Auch, dass es für Kinder keine Anlaufstellen gibt, wohin sie mal gehen können, verschärft die Konflikte in den eigenen vier Wänden.
Zum Wohl der Kinder ist es laut Graichen wichtig, immer weiter zu kämpfen und sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen. Denn nur so kann auch die Gesellschaft von morgen eine lebenswerte sein. Mit jedem Blick und jedem Hinsehen kann mindestens einem Kind geholfen werden. Denn genau darauf sind kleine Kinder, die daheim misshandelt werden, angewiesen.
Konflikte an Schulen - 08:30 Minuten
Lehrerin Anne berichtet, dass die meisten Konflikte sich im Sportunterricht zeigen. Nach Erfahrungen von ihr tragen Jungs ihre Konflikte laut mit Beleidigungen aus und werden auch mal handgreiflich. Bei Mädchen äußern sich Konflikte laut Anne oft anders, durch Ausschluss aus dem Freundeskreis z.B. oder durch Bevorzugung einer „neuen besten Freundin“.
Bei stärkeren Konflikten greift Anne auf Sanktionen zurück, sucht aber anschließend immer das Gespräch mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern. Denn es ist ihr wichtig, dass sie verstehen, was falsch gelaufen ist und warum das nicht in Ordnung war. Dadurch fühlen sich die Kinder ernst genommen und respektiert und vertrauen ihrer Lehrerin.
Was sind eigentlich verhaltensauffällige Kinder? ab 23:03 Minuten
Dass Kinder aus bestimmten Milieus eher verhaltensauffällig sind, kann Anne nicht bestätigen. Es geht vor alle darum, welche Werte und welche Prioritäten aus dem Elternhaus dem Kind mit auf den Weg gegeben werden. Wenn es zu Hause Probleme gibt oder den Kindern nicht notwendige Aufmerksamkeit zukommt, äußert sich das eher darin, dass sie verhaltensauffällig werden. Ein Kind ist laut Anne nie einfach so böswillig, sondern es steckt immer eine Geschichte dahinter. Und dieser Geschichte auf die Spur zu kommen, ist für Anne sehr wichtig.
Wie weit darf man als Lehrerin gehen? ab 37:47 Minuten
Als Lehrkraft ist man sehr auf die Zusammenarbeit mit den Eltern angewiesen. Es gibt dennoch verschiedene Möglichkeiten, den Kindern Hilfe anzubieten, in Form von Gesprächen mit Beratungslehrerinnen und -lehrern oder die Einberufung einer Klassenkonferenz. Im schlimmsten Fall muss das Kind von der Schule verwiesen werden, auch als Zeichen für andere Schülerinnen und Schüler, dass das Handeln Konsequenzen hat.
The podcast currently has 7 episodes available.
70 Listeners
5 Listeners
1 Listeners