Eine Lüge, eine verlorene Bibliothek, ein Albtraum ihres Vaters – die Biographie der siebenjährigen Julya Rabinowich scheint sich an einer Reihe von Zufällen zu entscheiden. Als eine der ersten Familien, erhält die ihre 1977 nach der Flucht aus der damaligen Sowjetunion, unter der Regierung Bruno Kreiskys die Genehmigung in Österreich zu bleiben. Die anfängliche Sprachlosigkeit erlebt das junge Mädchen, das bereits mit sieben Jahren erste eigene Kurzgeschichten verfasst, als Trauma – und dennoch liegt später genau in der deutschen Sprache und Literatur der eher blinde Fleck der in der russischen Sprache, Literatur und Kunst so versierten Eltern. Mit einer unerschütterlich überzeugten Großmutter, die ihrer Enkelin vorlebt, dass alles machbar ist, öffnet sich Julya Rabinowich mit dem Schreiben ihren Raum und ihre Welt in einer Familie, in der Konflikte und Abgründe gut überdeckt werden. In der Radetzkystrasse 1 spricht die mehrfach preisgekrönte Autorin mit Frauke Kühn über das Ankommen sowie darüber, was es bedeutet und wann es beginnt. Gemeinsam blicken sie aber auch hinter die Kulissen des 8. Hohenemser Literaturpreises und der Arbeit der Jury, der Julya Rabinowich neben dem Literaturkritiker Stefan Gmünder und der Literaturwissenschaftlerin Veronika Schuchter in diesem Jahr angehört hat. Julya Rabinowich erzählt, was sie am Siegertext überzeugen konnte und warum sie – als eine von vielen Nicht-Bachmannpreis-Träger:innen – Literaturpreise für unverzichtbar hält.
Allen, die jetzt neugierig sind und den Träger des 8. Hohenemser Literaturpreises Bülent Kacan sowie seinen ausgezeichneten Text näher kennenlernen möchten, empfehlen wir den Literaturpodcast ‚auf Buchfühlung‘! Dort findet ihr ein ausführliches Interview mit dem Preisträger, geführt von drei Studentinnen der Universität Innsbruck!