In der vorliegenden Studie wurden Untersuchungen zu biomechanischen Eigenschaften von Gleit- und Zugsehnen modellhaft an ausgewählten Streck- und Beugesehnen der Vorderzehe des Hundes durchgeführt. Das Untersuchungsmaterial, dazu gehörte die tiefe Beugesehne, die oberflächliche Beugesehne, die gemeinsame sowie die laterale Strecksehne der Vordergliedmaße, stammte von 19 verstorbenen Hunden aus dem Sektionsgut der Anatomie der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Histologisch wurden die ausgewählten Gleit- und Zugsehnenbereiche als solche identifiziert und verifiziert. Die biomechanischen Untersuchungen lieferten Ergebnisse zur Bruchlast (Fmax), Zugfestigkeit (Fmax/A), Zugbelastbarkeit (Fmax/KGW), sowie zur Druckbelastbarkeit (Fmax). Die rheologischen Eigenschaften wurden mittels des Elastizitätsmoduls bestimmt. Die eingangs aufgestellten Hypothesen der Heterogenität von Sehnen in ihren biomechanischen Eigenschaften, sowie der Heterogenität einer einzelnen Sehne in ihrem Verlauf konnten eindeutig gezeigt werden.
Es wurde deutlich, dass Gleitsehnen sich von Zugsehnen unterscheiden, genauso unterscheiden sich Gleitsehnen von Gleitsehnen und Zugsehnen von Zugsehnen.
Die Ergebnisse der Bruchlast (Fmax) sind sehr heterogen. Die Zugfestigkeit, als reine Materialeigenschaft Fmax/A, ist bei Zugsehnen deutlich erhöht. Die Zugfestigkeit (Fmax/kg KGW) hingegen ist bei Gleitsehnen gleich oder gar höher als bei Zugsehen. Ausschlaggebender Faktor ist die Sehnenquerschnittsfläche. Geringere Zugfestigkeiten werden mittels einer Vergrößerung der Sehnenquerschnittsfläche kompensiert um funktionellen Belastungen standhalten zu können. Mit Hilfe morphometrischer Untersuchungen konnte diese Annahme verifiziert werden.
In der Histologie konnten die unterschiedlichen Differenzierungen und Orientierungen faserknorpelhaltigen Gewebes klar aufgezeigt werden. Die Druckbelastbarkeitsergebnisse bestätigen diese Heterogenität von Gleitsehnen deutlich.
Die Werte des Elastizitätsmoduls zeigen sich ebenfalls sehr heterogen. Gleitsehnen mit ihrer kraftdämpfenden Funktion weisen eine hohe Elastizität auf. Zugsehnen mit ihrer kraftleitenden Funktion hingegen haben eine geringe Elastizität.
Die Ergebnisse dieser Studie sind auch von großer Bedeutung für das klinische Verständnis von Sehnen. Eine Gleitsehne ist per se nicht ruptur-disponiert. Vielmehr ist der Sehnenquerschnitt die ausschlaggebende Komponente einer Ruptur. Eine in ihrem Querschnitt verringerte so genannte Sehnentaille ist der eigentlich rupturdisponierte Bereich einer Sehne, unabhängig davon ob es sich um einen Gleitsehnen- oder Zugsehnenbereich handelt.