Am 7. März 2024 erschien das umfängliche Buch “Papst und Zeit. Heilsgeschichte und Weltpolitik” im Verlag Matthes & Seitz Berlin. Die Buchvorstellung am 12. März wird einige ausgewählte Aspekte diskutieren.
In der Einleitung charakterisiert Otto Kallscheuer seinen Angang folgendermaßen:
“PAPST UND ZEIT – Dumpf mag dieser Titel tönen, oder allzu erhaben, auf fundamentalontologische Tonart gestimmt. Doch es geht in diesem Buch nicht um Holzwege im Unbegangenen, sondern … um Macht: um die Macht (in) der Kirche, um die Vollmacht ihres Chefs, um den Wandel und die Zukunft dieser Institution. Zugegeben, ich hätte auch den Titel PONTIFEX UND
SAECULUM wählen können. Das klingt weniger flott, meint aber dasselbe: Als Oberhaupt der weltgrößten Institution (mit weit über einer Milliarde Mitglieder) beansprucht der Papst geistliche Macht – aber er übt diese aus in unserer weltlichen Zeit. Der Papst ist ein PONTI-FEX, ein Brücken-Bauer: zwischen dem vor aller Zeit, in der Ewigkeit gründenden göttlichen Willen und dem Handeln sterblicher Menschen in der Weltzeit – auf Kirchenlateinisch: im Saeculum.
WORT UND WELT – Darum braucht die Analyse des Papsttums beides, theologische Semantik und Weltgeschichte. Um diese Institution zu begreifen, um die Ziele und das Handeln der Päpste zu verstehen, dürfen
wir uns nicht auf nur eine der beiden Dimensionen beschränken: Beide Instanzen (in)formieren, strukturieren, modifizieren einander wechselseitig. Das ewiggeltende WORT Gottes (der Logos allen Sinns von Sein) hat unter uns gewohnt – in der Zeit. Diese Frohe Botschaft verkündet uns die Kirche: ebenjenes Corpus, dem der Papst vorsteht. Aufgabe der Kirche und Job des Papstes ist es, dieses WORT so zu artikulieren, dass es der Welt verständlich wird: auf dass es die Wirklichkeit von (uns) Sterblichen zu berühren, zu verändern, zu heilen vermag.
GESCHICHTE UND AKTUALITÄT – Hier folgt keine neue Geschichte des Papsttums, die sich chronologisch von Pontifex zu Pontifex hangelt. (Wo sollte man da überhaupt anfangen?) Und auch kein weiteres Buch über Papst Bergoglio. Freilich stehen auch die Pontifikate, die Profile und Projekte heutiger und morgiger Päpste von vorneherein im Focus. Dieses Buch versucht eine konzeptionelle oder Problemgeschichte des Papsttums.
Wer will, kann auch Theorie sagen. Eine deduktive Theorie allerdings ist hier nicht möglich – eher schon eine historische Semantik: Der weltliche Erfahrungsraum des Corpus der Kirche hat sich in zwei Jahrtausenden verändert, ihr politischer Horizont erweitert, vom
römisch-hellenistischen Mediterran bis zur Globalisierung.”
Detlef Pollack diskutiert mit Otto Kallscheuer über ausgewählte Abschnitte aus dieser historisch-politikwissenschaftlichen Vermessung des Papsttums: die „Päpstliche Revolution“ des 11.-12. Jahrhunderts, Reformation und Tridentinum, die Entwicklung der Sakramente, sowie in der Moderne das Verhältnis von Demokratie und Kirche mit einem Ausblick auf aktuelle Herausforderungen für das Papstamt.