Aber nicht ihre Macht, den Schein von Realität zu erschaffen
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Seit Vietnam gelingt den USA zwar die Zerstörung, nicht aber die dauerhafte Eroberung und Domestizierung von Ländern, außer Kleinststaaten mit nur geringsten Einwohnerzahlen. Selbst aus Afghanistan mussten sie, und auch der Verbündete Deutschland flüchten. Aus dem Irak wurden sie bereits einmal herauskomplimentiert, demnächst wohl wieder. Und ihren Lehrlingen, die gerne wenigstens die regionale Dominanz im Schatten des großen Imperiums und mit seiner Hilfe klarstellen wollen, drohen ähnliche Schicksale. So wird der Jemen, lange vorhergesagt von nicht in öffentlichen Medien vorkommenden Analysten, das Vietnam Saudi-Arabiens werden.
Wenn Wikipedia, die Medien und die Presse uns weismachen wollen, dass es sich um einen Bürgerkrieg handelt, in dem die "legitime Regierung" wieder eingesetzt werden soll, können informierte Menschen nur noch müde lächeln. Wie in dem Buch "Jemens Befreiungskampf" von Jay Tharappel eindrücklich klar gestellt, ist dieser "Bürgerkrieg" der vielleicht letzte Versuch, neokoloniale Macht über ein unterlegenes Land mit Waffengewalt auszuüben.
Während unsere Medien also in der Regel behaupten, der Krieg gegen Jemen würde von Saudi-Arabien mit Hilfe der USA geführt, um eine legitime Regierung gegen Terroristen, die angeblich vom Iran unterstützt werden, an die Macht zurück zu bringen, beschreibt Karim Shami in einem Artikel in "The Cradle" sehr eindrucksvoll, dass dieser Krieg der Befreiungskrieg eines unterdrückten Landes ist. Daher hier nun einige Auszüge aus seinem Artikel vom 6. Dezember.
"'Sag ihm, Sanaa ist weit weg, aber Riad kommt näher', rufen die Jemeniten, wenn ihre Hauptstadt Ziel von Luftangriffen der saudischen Koalition ist. Das 'er' in diesem Schlachtruf bezieht sich auf den saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman (MbS), der die sechsjährige Aggression gegen die ärmste Nation der arabischen Welt eingeleitet hat.
Nach jedem saudischen Angriff auf Sanaa überschwemmt dieser Satz die sozialen Medien und beschwört den jemenitischen Widerstand, sich direkt an Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, zu rächen. Während die Saudis und ihre sich langsam auflösende Koalition von Verbündeten in den letzten Tagen ihres gescheiterten Krieges unerbittlich auf Sanaa einschlagen, fragt man sich, warum sie noch nicht begreifen, mit welcher Feuerkraft sie Vergeltung einfordern.
Und so begann es ...
Im März 2015, ein Jahr nachdem die jemenitische Widerstandsbewegung Ansarallah die Kontrolle über die Hauptstadt übernommen hatte, wurde eine Zehn-Nationen-Koalition unter Führung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gebildet, die von den USA und dem Vereinigten Königreich logistisch und politisch unterstützt wurde. Kurz darauf begannen Kampfjets und Bodentruppen mit Operationen in den Provinzen rund um die Hauptstadt.
Bis Ende 2016 wurden mehr als zehntausend Luftangriffe gemeldet, wobei Sanaa mit 2 600 Angriffen den Löwenanteil davon abbekam - das entspricht einem Luftangriff alle 3,5 Stunden an jedem Tag in zwei aufeinanderfolgenden Jahren.
Parallel zu den ununterbrochenen Luftangriffen begann eine Invasion der von der Koalition geführten Landstreitkräfte - hauptsächlich jemenitische Söldner und sudanesische Soldaten – die der Ansarallah Tausende von Quadratkilometern abrungen.
Die Ansarallah, die sich zum ersten Mal in ihrer kurzen Geschichte als Herrscher über die Bevölkerung sah, hatte ihre Autorität in Sanaa erst ein Jahr vor der Aggression gesichert. Die Freiheits-Bewegung hatte noch nicht die Zeit und die Ressourcen, um ihre Infrastruktur, Wirtschaft, militärische Macht und außenpolitische Beziehungen aufzubauen.
Das Blatt wendete sich im Jahr 2018
2018 war der Krieg, der 'höchstens Wochen bis Monate' - und laut MbS selbst nur 'ein paar Tage' - dauern sollte, lang,