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Zum 10. Mal fand auf den Stuttgarter Buchwochen die Stuttgarter Bücherrunde statt. In diesem Jahr diskutierten je zwei Menschen aus Buchhandlungen und Bibliotheken über vier unterschiedliche Romane – vom autobiografischen Buch eines Punk-Musikers über einen freikirchlichen Coming-of-Age-Roman bis hin zu über 1.200 Seiten ehemalige Fanfiction. Hören Sie die Diskussion als Podcast.
Mareike Winter von der Buchhandlung Taube in Waiblingen, Kristoffer Mauch von der Buchhandlung Back in Weinsberg, Fleur Hummel von der Stadtbibliothek Reutlingen und Michael Steffel von der Stadtbibliothek Aalen tauschten sich über die von ihnen ausgesuchten Bücher aus. Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de moderierte den Abend und zog sich diesmal bewusst aus der Diskussion zurück, um – wie in der ersten Ausgabe 2016 – den vier Gästen das Feld zu überlassen.
Die vier diskutierten Titel spiegeln die große Bandbreite der aktuellen Bücher wider.
Die Diskussion war teilweise von großer Einigkeit geprägt, besonders bei den ersten beiden Titeln. Kontroverser wurde es bei »Jenseits der See« und vor allem bei »Alchemised«.
Hören Sie das vollständige Gespräch im Podcast des literaturcafe.de. Mit der folgenden Tendenz wurde über die vier Bücher diskutiert.
Das autobiografische Buch des Punk-Musikers begeisterte alle vier Diskussionsteilnehmer. Kristoffer Mauch, der den Titel vorgeschlagen hatte, lobte besonders die gelungene Beschreibung des Tourismus-Resorts und die kulturgeschichtlichen Exkurse. Fleur Hummel fand vor allem die authentischen Passagen über Depression berührend, während ihr die »Sopranos«-Abschnitte manchmal zu zäh wurden. Michael Steffel war zunächst skeptisch, doch dann zog ihn das Buch immer mehr in seinen Bann – er hob die Erzählkunst und den gelungenen Wechsel zwischen Cluballtag, Serienkonsum, Kulturgeschichte und Kindheitserinnerungen hervor. Auch Mareike Winter, deutlich jünger als der Autor, konnte sich dennoch gut in das Buch einfühlen und empfiehlt es für alle Altersgruppen.
Auch dieses Buch über zwei Geschwister in einer evangelikalen Freikirche fand breite Zustimmung. Fleur Hummel hob die differenzierte Darstellung zwischen persönlichem Glauben und religiöser Institution hervor und bezeichnete es als Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit. Kristoffer Mauch betonte die Wichtigkeit des Themas gerade im Südwesten und lobte die starke Figur der Esther, die bibelfest mit dem Pastor diskutiere. Michael Steffel erkannte aus eigener Erfahrung im Bekanntenkreis die authentische Beschreibung freikirchlicher Strukturen wieder und verwies auf Tilmann Mosers »Gottesvergiftung« – fand allerdings die Toleranz der Eltern am Ende unglaubwürdig. Mareike Winter hätte sich ein noch ausführlicheres Buch gewünscht, schätzte aber die Auseinandersetzung mit kontroversen Themen wie Homosexualität und Emanzipation.
Bei diesem Roman des ehemaligen Booker-Prize-Gewinners gingen die Meinungen etwas auseinander. Michael Steffel präsentierte das Buch mit einem Plädoyer als »male-friendly content« und kritisierte, dass Verlage den Abenteuerroman für Männer vernachlässigten – Lynch wäre ohne den Booker Prize wohl nie übersetzt worden. Kristoffer Mauch zeigte sich begeistert von der literarischen Qualität und lobte Lynch als Meister, der mit starken Sätzen den Leser zum Innehalten zwinge. Fleur Hummel fand den Protagonisten Bolivar unsympathisch, lobte aber die innere Spannung und die schöne Sprache. Mareike Winter hatte Schwierigkeiten mit dem anspruchsvollen Stil und würde das Buch in ihrer Buchhandlung nicht empfehlen, da es geübte Leser brauche – betonte aber, dass es kein reines Männerbuch sei, sondern universelle Themen behandle.
Das dickste und kontroverseste Buch des Abends polarisierte die Runde. Mareike Winter, die das ursprünglich als Fanfiction veröffentlichte Werk vorstellte, begeisterte sich für die düstere Fantasy-Welt und bezeichnete es als Jahreshighlight. Kristoffer Mauch verglich seine Lektüreerfahrung mit einem Industrial-Techno-Partybesuch: »faszinierend, vielleicht sogar ein bisschen sexy«, aber letztlich nicht sein Genre. Fleur Hummel kritisierte das Buch scharf: Die Vergewaltigungsszene und die toxische Beziehung seien problematisch, die vermeintlich starke Protagonistin werde am Ende doch vom »schwarzen Ritter gerettet« – ein Rückschritt für die Gleichberechtigung. Mareike Winter verteidigte das Buch und betonte, dass beide Figuren unter ihren Umständen litten und es sich um einen Fantasy-Roman mit komplizierter Liebesgeschichte handle, nicht um Dark Romance.
Am Ende der Stuttgarter Bücherrunde gab traditionell jeder der Vier eine Buchempfehlung für Weihnachten ab:
Hören Sie den vollständigen Mitschnitt der Stuttgarter Bücherrunde vom 20.11.2025 auf den 75. Stuttgarter Buchwochen im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag.
Abonnieren Sie den Podcast des literaturcafe.de überall, wo es Podcasts gibt, um keine Folge zu verpassen, z. B. bei
Hier klicken und weiterlesen: »Stuttgarter Bücherrunde 2025 als Podcast: Am Schluss erfrischend uneinig« >
By literaturcafe.de5
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Zum 10. Mal fand auf den Stuttgarter Buchwochen die Stuttgarter Bücherrunde statt. In diesem Jahr diskutierten je zwei Menschen aus Buchhandlungen und Bibliotheken über vier unterschiedliche Romane – vom autobiografischen Buch eines Punk-Musikers über einen freikirchlichen Coming-of-Age-Roman bis hin zu über 1.200 Seiten ehemalige Fanfiction. Hören Sie die Diskussion als Podcast.
Mareike Winter von der Buchhandlung Taube in Waiblingen, Kristoffer Mauch von der Buchhandlung Back in Weinsberg, Fleur Hummel von der Stadtbibliothek Reutlingen und Michael Steffel von der Stadtbibliothek Aalen tauschten sich über die von ihnen ausgesuchten Bücher aus. Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de moderierte den Abend und zog sich diesmal bewusst aus der Diskussion zurück, um – wie in der ersten Ausgabe 2016 – den vier Gästen das Feld zu überlassen.
Die vier diskutierten Titel spiegeln die große Bandbreite der aktuellen Bücher wider.
Die Diskussion war teilweise von großer Einigkeit geprägt, besonders bei den ersten beiden Titeln. Kontroverser wurde es bei »Jenseits der See« und vor allem bei »Alchemised«.
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Das autobiografische Buch des Punk-Musikers begeisterte alle vier Diskussionsteilnehmer. Kristoffer Mauch, der den Titel vorgeschlagen hatte, lobte besonders die gelungene Beschreibung des Tourismus-Resorts und die kulturgeschichtlichen Exkurse. Fleur Hummel fand vor allem die authentischen Passagen über Depression berührend, während ihr die »Sopranos«-Abschnitte manchmal zu zäh wurden. Michael Steffel war zunächst skeptisch, doch dann zog ihn das Buch immer mehr in seinen Bann – er hob die Erzählkunst und den gelungenen Wechsel zwischen Cluballtag, Serienkonsum, Kulturgeschichte und Kindheitserinnerungen hervor. Auch Mareike Winter, deutlich jünger als der Autor, konnte sich dennoch gut in das Buch einfühlen und empfiehlt es für alle Altersgruppen.
Auch dieses Buch über zwei Geschwister in einer evangelikalen Freikirche fand breite Zustimmung. Fleur Hummel hob die differenzierte Darstellung zwischen persönlichem Glauben und religiöser Institution hervor und bezeichnete es als Plädoyer für Toleranz und Menschlichkeit. Kristoffer Mauch betonte die Wichtigkeit des Themas gerade im Südwesten und lobte die starke Figur der Esther, die bibelfest mit dem Pastor diskutiere. Michael Steffel erkannte aus eigener Erfahrung im Bekanntenkreis die authentische Beschreibung freikirchlicher Strukturen wieder und verwies auf Tilmann Mosers »Gottesvergiftung« – fand allerdings die Toleranz der Eltern am Ende unglaubwürdig. Mareike Winter hätte sich ein noch ausführlicheres Buch gewünscht, schätzte aber die Auseinandersetzung mit kontroversen Themen wie Homosexualität und Emanzipation.
Bei diesem Roman des ehemaligen Booker-Prize-Gewinners gingen die Meinungen etwas auseinander. Michael Steffel präsentierte das Buch mit einem Plädoyer als »male-friendly content« und kritisierte, dass Verlage den Abenteuerroman für Männer vernachlässigten – Lynch wäre ohne den Booker Prize wohl nie übersetzt worden. Kristoffer Mauch zeigte sich begeistert von der literarischen Qualität und lobte Lynch als Meister, der mit starken Sätzen den Leser zum Innehalten zwinge. Fleur Hummel fand den Protagonisten Bolivar unsympathisch, lobte aber die innere Spannung und die schöne Sprache. Mareike Winter hatte Schwierigkeiten mit dem anspruchsvollen Stil und würde das Buch in ihrer Buchhandlung nicht empfehlen, da es geübte Leser brauche – betonte aber, dass es kein reines Männerbuch sei, sondern universelle Themen behandle.
Das dickste und kontroverseste Buch des Abends polarisierte die Runde. Mareike Winter, die das ursprünglich als Fanfiction veröffentlichte Werk vorstellte, begeisterte sich für die düstere Fantasy-Welt und bezeichnete es als Jahreshighlight. Kristoffer Mauch verglich seine Lektüreerfahrung mit einem Industrial-Techno-Partybesuch: »faszinierend, vielleicht sogar ein bisschen sexy«, aber letztlich nicht sein Genre. Fleur Hummel kritisierte das Buch scharf: Die Vergewaltigungsszene und die toxische Beziehung seien problematisch, die vermeintlich starke Protagonistin werde am Ende doch vom »schwarzen Ritter gerettet« – ein Rückschritt für die Gleichberechtigung. Mareike Winter verteidigte das Buch und betonte, dass beide Figuren unter ihren Umständen litten und es sich um einen Fantasy-Roman mit komplizierter Liebesgeschichte handle, nicht um Dark Romance.
Am Ende der Stuttgarter Bücherrunde gab traditionell jeder der Vier eine Buchempfehlung für Weihnachten ab:
Hören Sie den vollständigen Mitschnitt der Stuttgarter Bücherrunde vom 20.11.2025 auf den 75. Stuttgarter Buchwochen im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag.
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