Geld regiert die Welt. Nur, wer regiert das Geld?
Wirtschaftsjournalist Ernst Wolff erklärt jeden Freitagmittag, um 12.00 Uhr, Begriffe, Mechanismen und Gesetze aus der Finanzbranche, die uns täglich als alternativlos verkauft werden, aber nur Wenige verstehen. Das soll sich ändern! THE WOLFF OF WALL STREET erklärt uns heute: „Planwirtschaft“.
Das Wort „Planwirtschaft“ lässt die meisten Menschen sofort zurückschrecken, und das nicht ohne Grund. Die erste Planwirtschaft wurde 1917 nach der Russischen Revolution errichtet, kostete wegen der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft Millionen von Menschen das Leben und festigte die Diktatur einer mit dem Staatsapparat verschmolzenen Parteielite.
Nach der Chinesischen Revolution von 1949 wurde ebenfalls eine Planwirtschaft eingeführt – mit ähnlichen Folgen wie in Russland. Auch dort wurde sie gewaltsam und ohne Rücksicht auf menschliche Verluste durchgesetzt und lieferte die Grundlage dafür, dass sich eine Staats- und Parteibürokratie herausbilden und über das Volk erheben konnte.
Weitere Planwirtschaften wurden nach dem 2. Weltkrieg im Zuge der Aufteilung der Welt unter den Siegermächten eingeführt. Während die westlichen Alliierten in ihrem Einflussbereich die Marktwirtschaft förderten, ließ die Sowjetunion in ihrem Einflussbereich - dem sogenannten Ostblock – überall die Planwirtschaft einführen.
Allen Planwirtschaften war eines gemeinsam: Sie wurden von oben herab verordnet, gegen den Willen eines erheblichen Teils der Bevölkerung errichtet und dienten als Grundlage für totalitäre Regimes, die keine Wahlen zuließen und der Mehrheit ihrer Bürger Reisen ins Ausland verboten. Außerdem hat keine einzige Planwirtschaft überlebt. Alle sind inzwischen wieder durch die Marktwirtschaft ersetzt worden.
Das Scheitern wird häufig damit erklärt, die Marktwirtschaft sei der Planwirtschaft eben überlegen. Das verkennt aber, dass die auf kontinuierlichem Wachstum basierende Marktwirtschaft das 20. Jahrhundert nur deshalb überstanden hat, weil Kriege geführt, natürliche Ressourcen geplündert, die Umwelt zerstört und die soziale Ungleichheit in nie gekanntem Ausmaß verschärft wurde.
Es verkennt außerdem, dass die Marktwirtschaft nach dem Ende des Nachkriegsbooms, der ja in erster Linie eine Folge des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg war, nur durch die Deregulierung des Finanzsektors weiterwachsen konnte und dass sie in unserer Zeit nur durch extreme Manipulation des Finanzsektors am Leben erhalten werden kann.
Vor allem aber verkennt die Glorifizierung der Marktwirtschaft die Tatsache, dass ihr wichtigster Bereich mittlerweile selbst fast planwirtschaftlich gesteuert wird. Da die Finanzmärkte nach dem Beinahe-Zusammenbruch von 2007/08 nicht mehr von alleine auf die Beine kamen, haben die Zentralbanken nämlich deren Steuerung übernommen – und zwar in einer Weise, die einer Planwirtschaft sehr nahe kommt.
Das ist aber nicht die einzige Gemeinsamkeit zwischen beiden Systemen. Sowohl die damaligen Planwirtschaften als auch die heutige zentralbankgesteuerte Finanzmarktwirtschaft begünstigen ja nur eine Minderheit der Bevölkerung – im Fall der Planwirtschaften die Staats- und Parteibürokratie, im Fall der Finanzmärkte die Schicht mit den höchsten Vermögen.
Diese Schicht aber steht in unseren Tagen vor einem Riesenproblem: Wegen des Wachstumszwangs muss die bisherige Geldpolitik ja unter allen Umständen dauerhaft weitergeführt werden. Das heißt: Der gigantische Schuldenberg und die Blasen an den Aktien-, Anleihen- und Immobilienmärkten, die bereits historische Rekordstände erreicht haben, müssen weiter wachsen und werden das System mit absoluter Sicherheit zum Einsturz bringen.
Wir stecken also in einer historischen Sackgasse. Das bedeutet aber nichts anderes als dass wir an einem historischen Wendepunkt angekommen sind, an dem es nicht so weiter geht wie bisher,