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Wie lernt eine Maschine, das Universum zu verstehen?
In dieser Episode geht es um künstliche Intelligenz. Mit diesem Wort wird derzeit überall um sich geworfen. Aber was bedeutet "künstliche Intelligenz" eigentlich wirklich? Was ist Machine Learning und was sind neuronale Netze? Und was hat das alles mit Astronomie zu tun? Wir reisen von den Anfängen der künstlichen Intelligenz bis zu ihrem Einsatz in der modernen Astronomie. Mit dabei: Elkas digitaler Zwilling.
Was ist künstliche Intelligenz eigentlich?
Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) wurde bereits 1956 von John McCarthy geprägt. Eine einheitliche Definition gibt es aber bis heute nicht. Eine häufig verwendete ist jene von Barr und Feigenbaum (1981):
„KI ist die Fähigkeit einer Maschine, kognitive Funktionen auszuüben, die dem menschlichen Verstand zugeordnet werden – etwa Lernen, Planen, Argumentieren, Problemlösen und der Erwerb von Fähigkeiten.“
Doch selbst der Begriff „Intelligenz“ ist schwammig – sowohl bei Menschen als auch bei Maschinen. Deshalb ist es hilfreich, sich die verschiedenen Teilbereiche der KI anzusehen, vor allem Machine Learning und Deep Learning.
Historische Meilensteine der KI
KI gibt es schon länger, als man denken würde. Die wichtigsten Meilensteine der KI-Geschichte, sind:
Ein weiterer Meilenstein war AlphaFold (2018) – ein KI-System, das die Faltung von Proteinen exakt vorhersagen kann. Ein riesiger Fortschritt in der Biochemie, der mit dem Nobelpreis gewürdigt wurde.
Machine oder Deep-Learning?
Machine Learning (ML) ist ein Teilgebiet der KI, das Maschinen befähigt, aus Daten zu lernen. Es gibt drei Hauptarten:
Supervised Learning (überwachtes Lernen): Die Maschine lernt anhand von beschrifteten Daten. Beispiel: Viele Bilder von Äpfeln und Erdbeeren mit der Information „Apfel“ oder „Erdbeere“. Daraus entsteht ein Modell, das später unbekannte Bilder klassifizieren kann.
Unsupervised Learning (unüberwachtes Lernen): Hier werden Daten ohne Beschriftung analysiert. Die Maschine erkennt Muster und gruppiert sie in sogenannte „Cluster“. Das ist z. B. nützlich für Anomalie-Erkennung oder Empfehlungssysteme.
Reinforcement Learning (bestärkendes Lernen): Hier lernt ein Agent durch Belohnung oder Bestrafung, z. B. bei Spielen oder autonomen Fahrzeugen. Erfolgreiche Entscheidungen werden „belohnt“ und damit wahrscheinlicher gemacht. Wie das läuft kann man hier mit Tic Tac Toe ausprobieren.
Deep Learning (DL) ist eine Unterform des Machine Learning und nutzt sogenannte neuronale Netze, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Diese bestehen aus vielen Schichten („Hidden Layers“) mit Millionen von Verbindungen, deren Gewichtungen während des Trainings angepasst werden. Die Modelle berechnen auf Basis der Eingabedaten Wahrscheinlichkeiten – nicht Wahrheiten. Das bedeutet: KI „weiß“ nichts, sie berechnet lediglich das statistisch wahrscheinlichste nächste Element.
Ein anschauliches Gedankenexperiment dazu ist das „Chinesische Zimmer“: Eine Person in einem Raum kann kein Chinesisch, beantwortet aber chinesische Fragen mithilfe eines Regelwerks korrekt. Von außen wirkt es, als ob sie die Sprache beherrsche – doch in Wahrheit versteht sie nichts. So ähnlich funktioniert auch KI: Sie simuliert Verständnis, ohne Bewusstsein oder eigene Intelligenz.
Bias, Verantwortung & ethische Fragen
Ein wichtiger Punkt: KI-Systeme übernehmen nicht nur das Wissen aus Daten – sondern auch deren Verzerrungen. Ein paar problematische Gesichtspunkte sind zum Beispiel:
die Gesichtserkennung, die bei weißen Männern viel besser funktioniert als bei schwarzen Frauen
Algorithmen des Arbeitsmarktservice in Österreich, die Frauen systematisch in klassische Rollen („Friseurin“) und Männer in Technikberufe lenken
KI im US-Justizsystem, die bei People of Color höhere Rückfallwahrscheinlichkeiten prognostiziert
Die Lehre daraus: Daten sind nie neutral – und KI kann gesellschaftliche Ungleichheiten verstärken, wenn sie unreflektiert eingesetzt wird. Umso wichtiger sind regulatorische Initiativen wie der EU-AI-Act, der je nach Risiko den KI-Einsatz einschränkt oder verbietet.
KI in der Astronomie: Wenn Big Data auf Deep Learning trifft
In der Astronomie spielen solche Vorurteile der KI kaum eine Rolle. Hier geht es nicht um Menschen, sondern um Daten und davon hat die Astronomie genug. Moderne Teleskope wie Kepler, TESS oder Gaia liefern pro Nacht Terabyte bis Petabyte an Daten. Ohne KI wäre deren Auswertung unmöglich.
Ein Beispiel ist das erste Bild eines Schwarzen Lochs (2019), das aus über 3,5 Petabyte Daten des Event Horizon Telescope erstellt. Diese Daten mussten mit Festplatten per Flugzeug transportiert werden, weil es nicht möglich war, diese Menge über klassische Datenleitungen zu übertragen. Und in den letzten Jahren wurden immer öfter KI-Techniken eingesetzt, um Daten auszuwerten und Entdeckungen zu machen:
Exoplaneten-Entdeckung (2023): Forscher:innen von NASA, USRA und dem SETI-Institut entdeckten mithilfe von Deep Learning 69 neue Exoplaneten – viele davon in verrauschten Signalen, die sonst übersehen worden wären ("Multiplicity Boost Of Transit Signal Classifiers: Validation of 69 New Exoplanets Using The Multiplicity Boost of ExoMiner").
TESS-Datenanalyse (2022): Eine KI kombinierte verschiedene Lernalgorithmen, um aus über 10.000 Lichtkurven drei neue Exoplaneten-Kandidaten zu filtern ("Automated identification of transiting exoplanet candidates in NASA Transiting Exoplanets Survey Satellite (TESS) data with machine learning methods").
Galaxienklassifikation mit „Morpheus“ (2020): Ein U-Net-Modell – ursprünglich für medizinische Bildanalyse entwickelt – wurde auf Hubble-Daten trainiert, um Galaxien pixelgenau zu klassifizieren ("Morpheus: A Deep Learning Framework For Pixel-Level Analysis of Astronomical Image Data". Elka, selbst aus der medizinischen Bildverarbeitung kommend, freut sich besonders über diesen Einsatz.
Universumssimulation mit CAMELS (2021): Über 4.000 kosmologische Simulationen mit mehr als 100 Milliarden Teilchen wurden per Deep Learning analysiert. Das Ziel: Prozesse wie dunkle Materie, Galaxienbildung und Materieverteilung besser zu verstehen.
„Multimodal Universe“ (2024/2025): Das aktuell größte offene KI-Datenset der Astronomie mit 100 TB an kombinierten Beobachtungen aus Teleskopen wie DESI, SDSS und JWST.
KI ist ein mächtiges Werkzeug – gerade in der Astronomie, wo sie die Arbeit von Forschenden enorm beschleunigen kann. Doch sie ist kein magisches Wesen, sondern ein System, das auf Mathematik, Wahrscheinlichkeiten und menschlichen Daten basiert. Ihre Chancen sind groß – aber ebenso ihre Risiken. Es liegt an uns, wie wir damit umgehen.
Asteroid Day in Baden
Am 30.06.2025 feiern wir den internationalen Asteroidentag im Cinema Paradiso in Baden mit einer Filmvorführung von Armageddon – inklusive einer Live-Einführung von Eva, Florian Freistetter und Ruth Grützbauch.
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Wie lernt eine Maschine, das Universum zu verstehen?
In dieser Episode geht es um künstliche Intelligenz. Mit diesem Wort wird derzeit überall um sich geworfen. Aber was bedeutet "künstliche Intelligenz" eigentlich wirklich? Was ist Machine Learning und was sind neuronale Netze? Und was hat das alles mit Astronomie zu tun? Wir reisen von den Anfängen der künstlichen Intelligenz bis zu ihrem Einsatz in der modernen Astronomie. Mit dabei: Elkas digitaler Zwilling.
Was ist künstliche Intelligenz eigentlich?
Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) wurde bereits 1956 von John McCarthy geprägt. Eine einheitliche Definition gibt es aber bis heute nicht. Eine häufig verwendete ist jene von Barr und Feigenbaum (1981):
„KI ist die Fähigkeit einer Maschine, kognitive Funktionen auszuüben, die dem menschlichen Verstand zugeordnet werden – etwa Lernen, Planen, Argumentieren, Problemlösen und der Erwerb von Fähigkeiten.“
Doch selbst der Begriff „Intelligenz“ ist schwammig – sowohl bei Menschen als auch bei Maschinen. Deshalb ist es hilfreich, sich die verschiedenen Teilbereiche der KI anzusehen, vor allem Machine Learning und Deep Learning.
Historische Meilensteine der KI
KI gibt es schon länger, als man denken würde. Die wichtigsten Meilensteine der KI-Geschichte, sind:
Ein weiterer Meilenstein war AlphaFold (2018) – ein KI-System, das die Faltung von Proteinen exakt vorhersagen kann. Ein riesiger Fortschritt in der Biochemie, der mit dem Nobelpreis gewürdigt wurde.
Machine oder Deep-Learning?
Machine Learning (ML) ist ein Teilgebiet der KI, das Maschinen befähigt, aus Daten zu lernen. Es gibt drei Hauptarten:
Supervised Learning (überwachtes Lernen): Die Maschine lernt anhand von beschrifteten Daten. Beispiel: Viele Bilder von Äpfeln und Erdbeeren mit der Information „Apfel“ oder „Erdbeere“. Daraus entsteht ein Modell, das später unbekannte Bilder klassifizieren kann.
Unsupervised Learning (unüberwachtes Lernen): Hier werden Daten ohne Beschriftung analysiert. Die Maschine erkennt Muster und gruppiert sie in sogenannte „Cluster“. Das ist z. B. nützlich für Anomalie-Erkennung oder Empfehlungssysteme.
Reinforcement Learning (bestärkendes Lernen): Hier lernt ein Agent durch Belohnung oder Bestrafung, z. B. bei Spielen oder autonomen Fahrzeugen. Erfolgreiche Entscheidungen werden „belohnt“ und damit wahrscheinlicher gemacht. Wie das läuft kann man hier mit Tic Tac Toe ausprobieren.
Deep Learning (DL) ist eine Unterform des Machine Learning und nutzt sogenannte neuronale Netze, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Diese bestehen aus vielen Schichten („Hidden Layers“) mit Millionen von Verbindungen, deren Gewichtungen während des Trainings angepasst werden. Die Modelle berechnen auf Basis der Eingabedaten Wahrscheinlichkeiten – nicht Wahrheiten. Das bedeutet: KI „weiß“ nichts, sie berechnet lediglich das statistisch wahrscheinlichste nächste Element.
Ein anschauliches Gedankenexperiment dazu ist das „Chinesische Zimmer“: Eine Person in einem Raum kann kein Chinesisch, beantwortet aber chinesische Fragen mithilfe eines Regelwerks korrekt. Von außen wirkt es, als ob sie die Sprache beherrsche – doch in Wahrheit versteht sie nichts. So ähnlich funktioniert auch KI: Sie simuliert Verständnis, ohne Bewusstsein oder eigene Intelligenz.
Bias, Verantwortung & ethische Fragen
Ein wichtiger Punkt: KI-Systeme übernehmen nicht nur das Wissen aus Daten – sondern auch deren Verzerrungen. Ein paar problematische Gesichtspunkte sind zum Beispiel:
die Gesichtserkennung, die bei weißen Männern viel besser funktioniert als bei schwarzen Frauen
Algorithmen des Arbeitsmarktservice in Österreich, die Frauen systematisch in klassische Rollen („Friseurin“) und Männer in Technikberufe lenken
KI im US-Justizsystem, die bei People of Color höhere Rückfallwahrscheinlichkeiten prognostiziert
Die Lehre daraus: Daten sind nie neutral – und KI kann gesellschaftliche Ungleichheiten verstärken, wenn sie unreflektiert eingesetzt wird. Umso wichtiger sind regulatorische Initiativen wie der EU-AI-Act, der je nach Risiko den KI-Einsatz einschränkt oder verbietet.
KI in der Astronomie: Wenn Big Data auf Deep Learning trifft
In der Astronomie spielen solche Vorurteile der KI kaum eine Rolle. Hier geht es nicht um Menschen, sondern um Daten und davon hat die Astronomie genug. Moderne Teleskope wie Kepler, TESS oder Gaia liefern pro Nacht Terabyte bis Petabyte an Daten. Ohne KI wäre deren Auswertung unmöglich.
Ein Beispiel ist das erste Bild eines Schwarzen Lochs (2019), das aus über 3,5 Petabyte Daten des Event Horizon Telescope erstellt. Diese Daten mussten mit Festplatten per Flugzeug transportiert werden, weil es nicht möglich war, diese Menge über klassische Datenleitungen zu übertragen. Und in den letzten Jahren wurden immer öfter KI-Techniken eingesetzt, um Daten auszuwerten und Entdeckungen zu machen:
Exoplaneten-Entdeckung (2023): Forscher:innen von NASA, USRA und dem SETI-Institut entdeckten mithilfe von Deep Learning 69 neue Exoplaneten – viele davon in verrauschten Signalen, die sonst übersehen worden wären ("Multiplicity Boost Of Transit Signal Classifiers: Validation of 69 New Exoplanets Using The Multiplicity Boost of ExoMiner").
TESS-Datenanalyse (2022): Eine KI kombinierte verschiedene Lernalgorithmen, um aus über 10.000 Lichtkurven drei neue Exoplaneten-Kandidaten zu filtern ("Automated identification of transiting exoplanet candidates in NASA Transiting Exoplanets Survey Satellite (TESS) data with machine learning methods").
Galaxienklassifikation mit „Morpheus“ (2020): Ein U-Net-Modell – ursprünglich für medizinische Bildanalyse entwickelt – wurde auf Hubble-Daten trainiert, um Galaxien pixelgenau zu klassifizieren ("Morpheus: A Deep Learning Framework For Pixel-Level Analysis of Astronomical Image Data". Elka, selbst aus der medizinischen Bildverarbeitung kommend, freut sich besonders über diesen Einsatz.
Universumssimulation mit CAMELS (2021): Über 4.000 kosmologische Simulationen mit mehr als 100 Milliarden Teilchen wurden per Deep Learning analysiert. Das Ziel: Prozesse wie dunkle Materie, Galaxienbildung und Materieverteilung besser zu verstehen.
„Multimodal Universe“ (2024/2025): Das aktuell größte offene KI-Datenset der Astronomie mit 100 TB an kombinierten Beobachtungen aus Teleskopen wie DESI, SDSS und JWST.
KI ist ein mächtiges Werkzeug – gerade in der Astronomie, wo sie die Arbeit von Forschenden enorm beschleunigen kann. Doch sie ist kein magisches Wesen, sondern ein System, das auf Mathematik, Wahrscheinlichkeiten und menschlichen Daten basiert. Ihre Chancen sind groß – aber ebenso ihre Risiken. Es liegt an uns, wie wir damit umgehen.
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