Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Das Leben der einfachen Leute ist geprägt von Arbeit und Armut, Krankheit, Suff und Prügelei. Und Heinrich Zille fängt dieses "Milljöh" in eindringlichen Zeichnungen ein - liebevoll, schonungslos, sozialkritisch. Die Sujets des "Pinselheinrich" genannte Zeichners Heinrich Zille: Kinder drängen sich in lichtlosen Gassen, kleine und muffige Wohnungen, in die nie ein Sonnenstrahl fällt, bröckelnde Wände, schmuddelige Rinnsteine. Niemand hat dieses "Milljöh" dem Bürgertum besser nahe gebracht als ein der bärtiger Mann aus Sachsen, der selbst seine Kindheit zum Großteil in den Armenvierteln Berlins verbrachte. Gegen den Willen der Eltern beginnt er eine Ausbildung als Lithograf und studiert als Abendschüler gleichzeitig an der "Königlichen Kunstschule". 30 Jahre lang, unterbrochen nur durch die Militärzeit, arbeitet er bei der Photographischen Gesellschaft in Berlin und stellt Druckvorlagen her. Bekannt wird er als humorvoller Chronist des Proletariats, voller Lokalpatriotismus aber nie ohne Sozialkritik zeichnet er Huren und ihre Freier, kleine Ganoven, spielende Kinder zwischen Mülleimern und Brandmauern. Seine so skizzenhaft wirkenden Zeichnungen sind das Ergebnis langer Studien, sie werden vom Publikum und Künstlern geschätzt. Als freischaffender Künstler hat er ein gutes Auskommen, stellt in der Berliner Secession aus, wird sogar in die Preußische Akademie der Künste aufgenommen. Gern vergessen wird dabei, Zille war mehr als der bieder strichelnde Chronist des Milljöh, er mochte es auch drall und drastisch, zeichnet idyllischen Badestudien und erotische Eindeutigkeiten und seine Bedeutung als Fotograf wird allerdings erst lange nach seinem Tod erkannt.