Im Gegensatz zum gut dokumentierten Leben des heftig umstrittenen Zeitgenossen Ludwig van Beethoven ist die Biografie von Franz Schubert trotz aller blumigen Anekdoten erschreckend lückenhaft. Zentrale Fragen sind bis heute nicht beantwortet: War Schubert ein politisch engagierter Mensch, der sich mit seinen Freunden gegen Metternichs Überwachungsstaat opponierte? War er homosexuell? Wie sah es in seinem Inneren aus? Je geheimnisvoller seine Person, umso beredter erscheint Schuberts Musik: Seine 600 Lieder erhoben das Kunstlied zur Königsdisziplin, seine Streichquartette und Klaviersonaten sind hochoriginell und formulieren die Romantik in der Musik ? nur mit seinen Opern erwies er sich als Zeitgenosse des Biedermeiers. Trotz dieses erstaunlichen Schaffens blieb Schubert, als er mit 31 Jahren in Wien starb, ein Unvollendeter. Der Dichter Franz Grillparzer meißelte es trauernd auf seinen Grabstein: "Die Tonkunst begrub hier einen reichen Besitz, aber noch viel schönere Hoffnungen."