Heute würde wahrscheinlich die "Gala" berichten: über ein royalen Rosenkrieg, eine Mutter, die verzweifelt um ihr Kind kämpft, um Intrigen im Hintergrund und einen handfesten politischen Konflikt. Heute vor 135 Jahren fand der "Prinzenraub von Wiesbaden" statt. Am 13. Juni 1888 standen Schutzleute, Geheimpolizisten und zahlreiche Schaulustige vor der Villa Clementine in Wiesbaden. Drinnen befanden sich Königin Natalija von Serbien und ihr elfjähriger Sohn, Kronprinz Aleksandar. Obwohl vertraglich geregelt war, dass das Kind nach der Trennung bei der Mutter aufwachsen sollte, verlangte König Milan nun die Herausgabe des Thronfolgers. Natalija, in Russland geboren und mit dem Adel Europas verwandt, sendete Hilferufe an die regierenden Königshäuser Europas. Doch niemand stand ihr bei. Kaiser Wilhelm II. bat in einem persönlichen Telegramm, sie möge ihren Widerstand aufgeben und den Kronprinzen dem Bevollmächtigten seines Vaters übergeben. Und so lässt Serbiens Kriegsminister Kosta Protic den Aleksandar unter den Augen des Wiesbadener Polizeipräsidenten in den Zug nach Belgrad setzen, begleitet und bewacht von serbischen Offizieren. Der politische Hintergrund für das Vorgehen des serbischen Königs wurde erst später deutlich, als dieser im Februar 1889 überraschend abdankte. Der Sohn wurde König – aber der Vater behielt im Hintergrund weiter die Macht.